Dortmunds Rückrundenstart: Perfekt abgestimmter Organismus

Während der Auftritt der Bremer beim 0:5 gegen Dortmund sowohl taktisch als auch kämpferisch unzulänglich ist, spielen die Borussen wie aus einem Guss.

Auch in der Haltungsnote ist Dortmunds Sven Bender Bremens Aleksandar Ignjovski voraus Bild: reuters

BREMEN taz | Über eine Stunde nach Spielschluss durfte dann doch noch gelacht werden. „Wo bin ich denn überhaupt mal nicht dabei gewesen?“, fragte Werder-Trainer Thomas Schaaf mit einem Anflug von Galgenhumor zurück, als jemand wissen wollte, ob er denn im März 1987 beim 1:7 gegen Borussia Mönchengladbach auf dem Platz gestanden habe. Damals hatte Werder das letzte Mal noch höher im eigenen Stadion verloren als an diesem frostigen Samstagabend.

Und nun muss Schaaf auch noch dabei sein, wenn sich die heimischen Journalisten nach Beendigung der Pressekonferenz noch einmal alles genau erklären lassen. Darf noch nicht nach Hause, sondern muss ein Ritual fortführen, das ihm Klaus Allofs hinterlassen hat.

Doch er nimmt die Rolle an, bekämpft seinen latenten Hang, hinter jeder Frage einen Angriff zu sehen, und formuliert am Ende sogar eine Analyse dieses gewaltigen 0:5, das die Werder-Welt in Schockstarre versetzt hat. „Wir haben etwas ganz Elementares heute vermissen lassen. Wir haben uns zurückgezogen, den Gegner gewähren lassen. Es war keine Entschlossenheit da. Da war uns der BVB voraus. Ohne diese positive Aggressivität läuft unser Spiel nicht.“

Aber das war nur die halbe Wahrheit, die andere hob er sich für die interne Analyse auf. Ganz so unbedeutend war es nämlich nicht, dass Werder das erste Mal in dieser Saison von seinem klaren System mit zwei offensiven Flügelspielern und einer Spitze abwich. Da ihm für den gesperrten Marko Arnautovic auf Rechtsaußen eine gleichwertige Alternative fehlte, entschied sich Schaaf sich für ein System mit einem kompakten, beweglichen Mittelfeld ohne echte Spitze.

Nach vorn wirkungslos

Das „Modell Spanien“ funktionierte neun Minuten lang gut, da hatten die Dortmunder alle Hände voll zu tun, sich auf das flexible Kombinationsspiel der Bremer einzustellen. Doch nach dem frühen Dämpfer durch ein Freistoß-Tor von Marco Reus hatten die Bremer Spieler zunehmend damit zu tun, ihren Platz zu finden. Besonders Nils Petersen fand sich – anscheinend zu seiner eigenen Überraschung – mehrfach auf der Position des rechten Verteidigers wieder und blieb nach vorn wie seine Kollegen wirkungslos.

Dass Entschlossenheit etwas mit der Überzeugung zu tun hat, das Richtige zu tun, zeigten die Dortmunder in beeindruckender Manier. Da war keine Suchbewegung spürbar, sondern ein perfekt abgestimmter Organismus, der Ball und Gegner jederzeit beherrschte. Die Dortmunder hatten nur 44 Prozent Ballbesitz, dafür standen den Spielern aber meist mehrere Optionen offen. Von Treffer zu Treffer (Mario Götze, 19., Felipe Santana, 48., Robert Lewandowski, 81., Jakub Blaszykowski, 85.) waren mehr Akteure in den Abschluss involviert.

Im Gegensatz zu seinem Bremer Kollegen befindet sich Jürgen Klopp in der komfortablen Situation, jede Position nahezu gleichwertig ersetzen zu können. Nach Blaszykowski und Bender brachte er in der 84. Minute endlich auch den vom Dortmunder Anhang geforderten Nuri Sahin. „Ich wüsste nicht viele Spieler auf der Welt, die in unserer Mannschaft sofort zum Einsatz kommen würden“, sagte Klopp auf die Frage, warum er den Heimkehrer noch von Anfang an gebracht hatte. Vor der Partie hatte er die gleiche Frage noch etwas drastischer beantwortet: „Wie kann man so bescheuert sein und danach fragen“, raunzte er einen TV-Reporter an.

„Jetzt muss ich aufpassen“, erklärte Klopp, als er daran erinnert wurde, dass sein Team die vergangene Rückrunde auch mit fünf Toren beim HSV begonnen hatte – und noch Meister geworden war. „Aber wenn wir in dieser Saison noch etwas erreichen können, war dies sicher das beste Ergebnis dafür.“

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