Demokratiebewegung in Hongkong: Polizei räumt Barrikaden
Nach 75 Tagen ist Schluss: Mit Gerichtsverfügungen räumt die Polizei in Hongkong die Straßensperren der Demonstranten weg. Doch die Bewegung ist nicht am Ende.
HONGKONG dpa | Nach mehr als zwei Monaten mit Demonstrationen für mehr Demokratie in Hongkong hat die Polizei am Donnerstag mit der Räumung der Barrikaden begonnen. Beschützt von Sicherheitskräften machten sich Arbeiter daran, die Blockaden und Zelte zu beseitigen, um wichtige Hauptverkehrsadern der asiatischen Hafenmetropole wieder freizugeben. Die Polizeiaktion, die voraussichtlich bis zum Abend dauern soll, begann ohne Zwischenfälle.
Die Demonstranten wollten sich der gerichtlich angeordneten Räumung nicht mit Gewalt widersetzen, sondern mit Sitzblockaden zivilen Ungehorsam üben und sich notfalls festnehmen lassen. Am Vorabend hatten sich noch einmal Tausende auf den Straßen in den Stadtvierteln Admiralty und Central versammelt. Viele harrten über Nacht aus.
Die Demonstranten fordern echte Demokratie in der früheren britischen Kronkolonie, die seit 1997 wieder zu China gehört und seither als eigenes Territorium nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ autonom verwaltet wird. Es ist die größte Krise in der asiatischen Wirtschaftsmetropole seit dem Souveränitätswechsel.
Auslöser der Proteste waren die Pläne der chinesischen Führung in Peking, den Hongkongern 2017 zwar erstmals direkte Wahlen erlauben zu wollen, ihnen aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern. Nach Polizeiangaben sind bei den zehnwöchigen Demonstrationen mehr als 600 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Hunderte wurden verletzt, darunter über hundert Polizisten.
7.000 Polizisten im Einsatz
„Wir werden in Zukunft noch größere Aktionen organisieren, um zu zeigen, dass wir nicht einfach eine Niederlage eingestehen“, sagte Studentenführer Nathan Law. Auf Bannern zur Räumung hieß es: „Wir werden zurückkommen“ oder „Es ist erst der Anfang“.
Rund 7.000 Polizisten sind mobilisiert worden, um die Gerichtsbeschlüsse zur Beseitigung „illegaler Blockaden“ durchzusetzen. Die Polizei warnte vor radikalen Kräften in der Bewegung und einer „unnötigen Konfrontation“. Es werde notfalls auch Gewalt eingesetzt, hieß es.
Wegen der anhaltenden Behinderungen des Verkehrs und Geschäftslebens hatten die Proteste am Ende zunehmend an Unterstützung unter den sieben Millionen Hongkongern verloren. Die Regierung von Hongkong und die kommunistische Führung in Peking hatten klar gemacht, keine Konzessionen eingehen zu wollen.
Für die Räumung nach 75 Tagen mit Protesten hatten sich noch einmal Tausende versammelt, darunter auch prodemokratische Abgeordnete oder andere Prominente wie etwa der Canto-Pop-Star Denise Ho, die sich an den Sitzblockaden beteiligten. „Ich warte hier, bis ich festgenommen werde“, sagte die Sängerin laut South China Morning Post. Ziviler Ungehorsam „ist Teil meiner Verantwortung als berühmte Persönlichkeit“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!