Britische Ausfälle gegen Flüchtlinge: Gegen „marodierende Migranten“

Die konservative Regierung in London hetzt gegen Menschen auf der Flucht. Diese bedrohten den Lebensstandard.

Protestmarsch „marodierender Migranten“ in Calais gegen die unmenschlichen Zustände. Foto: reuters

DUBLIN taz | Die britische Regierung ist in Panik. In Anbetracht der Flüchtlingskrise rund um den Kanaltunnel zwischen Calais und Folkestone will man die ohnehin harte Linie gegen Flüchtlinge weiter verschärfen. „Solange eine große Anzahl verzweifelter Migranten in dem Gebiet marodieren, besteht immer die Gefahr für die Tunnelsicherheit“, sagte Außenminister Philip Hammond am Sonntag. „Wir müssen dieses Problem endgültig lösen, indem wir diejenigen, die kein Asyl beantragen dürfen, in ihre Ursprungsländer zurückschicken können.“

Der Unterschied zwischen den Lebensstandards in Europa und Afrika bedeute, dass Millionen Afrikaner aus wirtschaftlichen Motiven nach Europa gelangen wollen, sagte Hammond. Wegen der EU-Gesetze können die Migranten „ziemlich sicher“ sein, dass sie nicht in ihr Heimatland zurückgeschickt werden, sobald sie einen Fuß auf EU-Boden gesetzt haben.

„Das ist keine tragbare Situation“, sagte er, „denn Europa kann sich weder schützen, noch den Lebensstandard oder die soziale Infrastruktur erhalten, wenn es Millionen Migranten aus Afrika absorbieren muss.“

Hammonds eigener Lebensstil ist jedoch nicht in Gefahr. Der New Statesman schätzt, dass er neun Millionen Pfund auf der hohen Kante hat. Dennoch hielt er es für nötig zu betrügen: 2009 beantragte er einen hohen Zuschuss für eine Zweitwohnung in London, obwohl er im Vorort Woking lebt. Als die Sache herauskam, versprach er, einen möglichen Profit beim künftigen Verkauf der Immobilie in die Staatskasse zu zahlen.

618.000 Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung

Hammond, der in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft studierte, gehört dem rechten Tory-Flügel an. Falls die EU nicht grundlegend reformiert werde, will er beim Referendum im übernächsten Jahr für den britischen Austritt stimmen.

Der 59-Jährige ist nicht der einzige, der eine harte Gangart gegen Flüchtlinge befürwortet. Gestern legte der Staatssekretär für Immigration, James Brokenshire, nach. Britische Arbeitgeber, die „illegale Immigranten“ beschäftigen, sollen die „volle Kraft“ des Gesetzes zu spüren bekommen. Die Regierung sei fest entschlossen, gegen Unternehmen vorzugehen, die britischen Bürgern Arbeitsplätze verwehren und die Löhne drücken, sagte er und kündigte Razzien bei Reinigungsfirmen, auf Baustellen und in Pflegeeinrichtungen an.

Einer Studie der London School of Economics zufolge leben in Großbritannien 618.000 Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Arbeitgebern, die diese Personen wissentlich beschäftigen, droht bis zu zwei Jahren Haft. Vermieter müssen ebenfalls mit Gefängnisstrafen rechnen, wenn sie Mieter, die ihr Aufenthaltsrecht verloren haben, nicht auf die Straße setzen.

Alles voll auf Abwehr

Premierminister David Cameron monierte bereits im Juli, dass „ein Menschenschwarm über das Mittelmeer“ auf der Suche nach einem besseren Leben nach Großbritannien komme. In Wirklichkeit nimmt Großbritannien im Verhältnis zur Einwohnerzahl weniger Flüchtlinge als andere EU-Länder auf. Andy Burnham, der für den Posten als Labour-Chef kandidiert, bezeichnete Camerons Wortwahl als „Schande“.

Vorige Woche überwies Cameron der französischen Regierung sieben Millionen Pfund. Mit dem Geld sollen 100 zusätzliche französische Grenzschützer eingestellt werden, um den Eingang zum Kanaltunnel in Calais zu bewachen. Außerdem soll ein anderthalb Kilometer langer Zaun errichtet werden, der den Flüchtlinge den Weg zum Tunneleingang versperrt. Dort hatten sich in diesem Sommer rund 5.000 Migranten angesammelt, Hunderte von ihnen versuchten, auf Lastwagen oder Personenzügen durch den Tunnel nach Folkestone zu gelangen. Mindestens zehn Menschen kamen dabei ums Leben.

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