Flüchtlingskrise am Eurotunnel: Gemeinsames Kommando in Calais

Französische und britische Regierung errichten am Ärmelkanal ein Kontrollzentrum. Die Bürgermeisterin von Calais verlangt derweil eine Entschädigung.

Zwei Flüchtlinge stehen am Zaun in Calais

Seit vermehrten Fluchtversuchen sind neue Zäune um das Gelände am Eurotunnel errichtet worden Foto: reuters

LONDON AFP | Angesichts des Flüchtlingsandrangs am Ärmelkanal richten die britische und die französische Polizei ein gemeinsames Kommando- und Kontrollzentrum im nordfranzösischen Calais ein. Die Zentrale diene der Verfolgung „organisierter Krimineller“, die versuchten, Migranten illegal nach Nordfrankreich und durch den Ärmelkanal nach Großbritannien zu schmuggeln, teilte das britische Innenministerium in London mit.

Das gemeinsame Kommandozentrum soll demnach die Zusammenarbeit der Polizeieinheiten beider Länder intensivieren und gleichberechtigt von einem britischen und einem französischen Chef geleitet werden. Zur Zahl der dortigen Beamten wurden keine Angaben gemacht.

Die gemeinsame Kommandozentrale ist eine der Maßnahmen, die die britische Innenministerin Theresa May und ihr französischer Kollege Bernard Cazeneuve am Donnerstag bei einem Treffen in Calais in einem Abkommen vereinbaren wollen. Vorgesehen sind auch die Stationierung weiterer französischer Polizeieinheiten am Ärmelkanal, zusätzliche Fracht-Durchsuchungen, die Installation von Überwachungskameras und Flutlichtanlagen und der Einsatz von Infrarot-Technik. Neben der Sicherheitszusammenarbeit und dem Kampf gegen Schleuserbanden geht es darin auch um humanitäre Hilfe.

In Calais sind tausende Flüchtlinge gestrandet, die auf ein besseres Leben in Großbritannien hoffen. Die meisten von ihnen leben unter miserablen Bedingungen in einem selbst errichteten Zeltlager, das als „Neuer Dschungel“ bekannt ist. Hilfsgruppen erwarten, dass die Zahl der Bewohner des Lagers bis Monatsende auf 4.000 anwächst.

Bürgermeisterin fordert Entschädigung

Täglich versuchen Flüchtlinge, in Calais auf die Züge durch den Eurotunnel oder auf die Fähren über den Ärmelkanal zu kommen, um so nach Großbritannien zu gelangen. Ende Juli eskalierte die Situation mit mehr als 2.000 Versuchen pro Nacht, auf das Gelände des Eurotunnels zu gelangen. Seitdem neue Zäune um das Gelände am Eurotunnel-Eingang errichtet wurden, ging die Zahl der Fluchtversuche allerdings auf etwa 150 pro Nacht zurück.

Angesichts der vielen Flüchtlinge in der Stadt hat die Bürgermeisterin des nordfranzösischen Calais eine Entschädigung in Höhe von 50 Millionen Euro von Frankreich und Großbritannien gefordert. „Es ist unerlässlich, von ihnen ab morgen finanzielle Entschädigungen zu fordern, um die wirtschaftlichen Nachteile abzumildern“, sagte Bürgermeisterin Natacha Bouchart bei einer Pressekonferenz mit Blick auf das Treffen der Innenminister der beiden Länder, Bernard Cazeneuve und Theresa May, in Calais.

„Ich fordere 50 Millionen, weil es schwierig ist, den wirtschaftlichen Schaden, den wir seit 15 Jahren erleiden, zu beziffern“, führte Bouchart aus. Wenn Geld für Sicherheit und humanitäre Hilfe bereitgestellt werde, müsse auch Geld für die Wirtschaft übrig sein. Falls die Regierungen in Paris und London nicht auf ihre Forderung eingingen, sähe sie sich „in der Pflicht anzugreifen, Klage einzureichen gegen die Regierung, gegen die französisch-britischen Staatsbehörden, um Entschädigungsurteile herbeizuführen“, drohte die Kommunalpolitikerin.

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