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Berichterstattung über „Flüchtlingskrise“Zu nah an der Politik

Eine Studie attestiert einseitige Berichterstattung über die „Flüchtlingskrise“. Es seien fast nur AkteurInnen aus der Politik zu Wort gekommen.

Das „Hickhack“ zwischen CSU und CDU war vielen Medien wichtiger als Stimmen von Betroffenen Foto: dpa

Was die Berichterstattung über die sogenannte Flüchtlingskrise von 2015 angeht, stehen die Nachrichtenmedien unter Verdacht. Die einen raunen, die Politik habe Anweisungen gegeben, wie zu berichten sei. Die anderen finden, viele Medien hätten zu viel Haltung, zu viel Agenda in ihre Berichte gepackt. JournalistInnen hätten ihre Aufgabe, neutral zu berichten, nicht erfüllt, sondern sich zu VolkspädagogInnen aufgeschwungen – was die Angesprochenen in der Regel zurückweisen.

Nun ist eine Studie bei der Otto-Brenner-Stiftung erschienen, die unter anderem genau zu diesem Ergebnis kommt. Es handelt sich um eine Inhaltsanalyse von Leitmedien in Print und Online vom Frühjahr 2015 bis zum Frühjahr 2016, die der Medienwissenschaftler Michael Haller durchgeführt hat – und die schon am Tag ihres Erscheinens für Unmut gesorgt hat (taz berichtete).

Haller und sein Team werteten 1.700 Texte zur „Flüchtlingskrise“ aus, die im untersuchten Zeitraum in den „Printleitmedien“ FAZ, SZ, Welt und Bild sowie auf den reichweitenstarken Onlineportalen focus.de, tagesschau.de und spiegel.de erschienen waren. In einer Nebenstudie analysierten die ForscherInnen den Umgang mit dem Begriff „Willkommenskultur“ in der Lokal- und Regionalpresse.

Den Texten wurden zunächst Zahlen- und Buchstabencodes zugewiesen, um sie zu quantifizieren: Welche Personengruppen traten sprechend oder handelnd auf, und wie oft? Welche Tonalität hatten die Texte, welche Stimmung vermittelten Bilder? Hatte die Autorenstimme eine distanzierte oder eine wertende, gar belehrende Haltung? Studentische Hilfskräfte kämpften sich durch das Textmaterial und trugen die entsprechenden Codes in Datenbanken ein.

„Bedeutungsarmes Hickhack“

Die Ergebnisse der Studie legen schwere Versäumnisse in der Berichterstattung nahe. Die Auswertung ergibt, dass die untersuchten Medien die „Flüchtlingskrise“ vor allem entlang von AkteurInnen aus der etablierten Politik besprachen, nicht aber auf der Ebene der Betroffenen. Zwei Drittel derjenigen, die in den untersuchten Texten zu Wort kamen oder als AkteurInnen erwähnt wurden, waren PolitikerInnen. Betroffene wie Geflüchtete, HelferInnen und andere BürgerInnen kamen dagegen kaum vor. Ihr Auftreten lag im einstelligen Prozentbereich.

„Das unablässige, in der Sache bedeutungsarme Hickhack zwischen CDU und CSU zu bearbeiten hat Journalisten besonders großen Spaß gemacht“, so Haller. Auch viele Kommentare hätten sich eher um diese politischen Ränkespiele gedreht als um die eigentlichen Probleme. „Bei dieser Art der Kommentierung werden die Leser zu Zuschauern degradiert.“

Betroffene wie Geflüchtete oder HelferInnen kamen in den untersuchten Berichten kaum vor

Die untersuchten Medien hätten den Themenkomplex also auf der falschen gesellschaftlichen Ebene ausgetragen, heißt es in der Studie. Dazu kommt der Vorwurf, man habe die politische Erzählung von der „Willkommenskultur“ – zumindest vor dem diskursiven Wendepunkt „Kölner Silvesternacht“ – unkritisch übernommen und sich dadurch in eine allzu große Nähe zur regierungspolitischen Linie begeben. Teile der Bevölkerung seien dadurch vom Diskurs ausgeschlossen worden.

In Diskursnischen verdrängt

In den untersuchten Lokalzeitungen sei in 83 Prozent der Berichte der Begriff „Willkommenskultur“ in einen positiven Kontext gestellt worden. Zweifelnde Stimmen seien dagegen kaum vorgekommen. So hätten sich die KritikerInnen in Diskursnischen zurückgezogen – man könnte ergänzen: „und in den Rechtspopulismus“.

Der Medienwissenschaftler Haller setzt bei seinen Untersuchungen einen bestimmten normativen Anspruch an Nachrichtenmedien voraus: dass „Journalismus ohne Vorurteile agiert und für gelingende gesellschaftliche Verständigung sorgt“. Gemessen an diesem Anspruch befindet Haller die untersuchte Berichterstattung für „dysfunktional“.

Nun sehen sich nicht alle JournalistInnen als vorurteilsfreie, neutrale BeobachterInnen oder stellen diesen Anspruch an ihre Arbeit. Gerade im Herbst 2015 distanzierten sich ReporterInnen auf Podien immer wieder von der Idee der „neutralen Berichterstattung“ und bekannten sich zu einem „Journalismus mit Haltung“.

Angesichts einer befürchteten Welle von fremdenfeindlichen und rassistischen Ressentiments und neuen Populismen wollten viele JournalistInnen mithilfe der Medien ein liberales, kosmopolitisches Gegengewicht schaffen. Folgt man den Ergebnissen der vorliegenden Studie, dann ist dieses Vorhaben nach hinten losgegangen.

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25 Kommentare

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  • "Angesichts einer befürchteten Welle von fremdenfeindlichen und rassistischen Ressentiments und neuen Populismen wollten viele JournalistInnen mithilfe der Medien ein liberales, kosmopolitisches Gegengewicht schaffen."

     

    Davon sehe ich gerade nicht mehr so viel.

     

    Viele journalistische Beiträge sind passiv aggressiv und liefern tatsächlich Steilvorlagen für die Hetze, die sich als das Gegenteil ausgeben. Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann,

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Wenn ich mir vergegenwärtige wie viel Raum die Berichterstattung über "besorgte Bürger" genannte Gartenzwergnazis von Pegida und all den anderen Gidas eingenommen hat, glaube ich nicht, dass deren Stimmen nicht genug zur Geltung kamen. Der vorbestrafte arbeitsscheue Herr Bachmann und seine ebenfalls ekelhaften Kumpane bekamen jedenfalls erheblich mehr Raum in der Presse als die hervorragende Arbeit der zahllosen ehrenamtlichen Helfer oder die Geschichten, die hinter den einzelnen Flüchtlingsschicksalen stecken.

    Von den zahllosen Talkshows die sich mit "der" Flüchtlingskrise befassten, mal ganz zu schweigen.

    Die zum Teil völlig aufgebauschte Berichterstattung über die Sylvesternacht von Köln mit völlig überzogenen rassistischen Diskursformen wäre auch eine Untersuchung wert. Da müssten viele Journalisten sich mal fragen, ob sie vorurteilsfrei und neutral blieben.

    • @60440 (Profil gelöscht):

      "Wenn ich mir vergegenwärtige wie viel Raum die Berichterstattung über "besorgte Bürger" genannte Gartenzwergnazis von Pegida und all den anderen Gidas eingenommen hat, glaube ich nicht, dass deren Stimmen nicht genug zur Geltung kamen."

       

      Nach dem, was oben über die Studie steht, geht die Kritik eher in die Richtung, dass diese Stimmen ZU VIEL zur Geltung kamen.

       

      Oder auch und vielleicht vielmehr, das Gerede ÜBER diese. (statt über die Flüchtlinge selbst)

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @Existencielle:

        Wenn Sie Pegida für etablierte Politik halten...

        Die Studie will belegen, dass es während der Flüchtlingskrise eine Diskurshoheit der etablierten Poltik gab, (bis zur Sylvesternacht in Köln), die von den (untersuchten) Medien unkritisch begleitet wurde.

  • Die Grundkritik bezieht sich auf die handwerklich mangelhafte Arbeit vieler Journalisten. Das zeigt sich nicht nur beim Thema Flüchtlinge. Jahrelang untertützten viele Journalisten - gerade der ZEIT - den CDUSPDGRÜNE Chor: "Es gibt keine Alternative" und versuchten selber zu politischen Akteuren zu werden. Und nach den Fehleinschätzungen beim Brexit und den US-Wahlen stand man mit runtergelassenen Hosen da. Wenn man sich nur in den Lobbys der Herrschenden rumtreibt, in politischen Thinktanks mitmischt, hat man als Journalist den Anspruch der 4. Gewalt aufgegeben. Die Eitelkeit obsiegt über handerkliche Fähigkeit. 'Vor Ort' recherchiert man erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das ist aber kein deutsches Phänomen, wie die groteskten Fehleinschätzungen der internationalen Medien beim Brexit und bei Trumps Sieg belegten. Bei uns machten die Medien aus der Wahl des SPD-Spitzenkandidaten die Heiligengeschichte des "Wunders von Würselen" und waren irritiert, als die Landtagswahlen das Gegenteil bewiesen. Viele Journalisten sind anscheinend nicht mehr in der Lage oder Willens, die Werkzeuge ihres Berufsstandes anzuwenden...

    • @Philippe Ressing:

      "nach den Fehleinschätzungen beim Brexit und den US-Wahlen"

       

      aha?

       

      in beiden Fällen wurde die Situation (von den meisten Medien) als Kopf-an-Kopf-Rennen bezeichnet.

       

      Und in beiden Abstimmungen wurde es dann auch sehr knapp.

       

      Darüberhinaus saugen die sich diese Einschätzungen ja auch nicht aus den Fingern, sondern kommen über (meist telefonische) Umfragen darauf. Diese haben ihre natürlichen Schwächen, welche aber üblicherweise auch nicht hinterm Berg gehalten werden...

  • Warum sollten Selbstkritik in den Medien stärker ausgebildet sein als in der Bankenindustrie oder aktuell in der Automobilindustrie?

    Es geht um die eigene Wichtigkeit, Den Einfluss, den Job.

    Hinzu kommt leider eine gewisse Arroganz da man sich ja letztlich nie justiziabel verhält und sich im besagten Thema auch moralisch erheben kann.

     

    Ja, das ging nach hinten los, AFD bei zwischenzeitlich bei 10%. Glück gehabt dass die Bundestagswahl nicht in 2016 war.

  • Ich habe in meinem ganzen Leben nur linke Parteien gewählt, lese online gerne die taz und offline am liebsten die Zeit.

     

    Das Verhalten der Medien in der Flüchtlingskrise hat mein Vertrauen in diese massiv verringert und das wird sich so schnell nicht ändern

     

    Woher soll ich als Leser denn bei der nächsten Krise wissen ob ich neutral journalistisch informiert werde oder ob es sich um "Journalismus mit Haltung" handelt?

     

    Antirassismus schön und gut. Aber eine funktionierende Demokratie braucht eine funktionierende (nicht dysfunktionale!) 4. Gewalt. Ob es die noch gibt, daran bestehen mittlerweile doch starke Zweifel.

    • @Yoven:

      Ich finde Ihren Kommentar paradox.

       

      Einerseits möchten Sie eine funktionierende Vierte Gewalt, andererseits fordern Sie eine "neutrale" Berichterstattung.

       

      Ich fürchte, Sie werden sich für eines davon entscheiden müssen...

  • Hier eine Untersuchung, die zumindest in Details und im Fazit etwas andere Schlüsse zieht: http://www.disskursiv.de/2017/02/07/neue-diss-broschuere-fluchtdiskurs-in-deutschen-medien-2015-und-2016/

  • "Folgt man den Ergebnissen der vorliegenden Studie, dann ist dieses Vorhaben nach hinten losgegangen."

    Absolut richtig. Jorunalisten sollten vor allem anderen ihren Job ernst nehmen, und der besteht darin, zu berichten, was passiert, und nicht darin, Volkserzieher zu spielen.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @yohak yohak:

      Das sehe ich auch so!

  • Ist doch im Moment genauso. Alle Leute regen sich über das Kartell der Automobilindustrie auf, aber kritische Töne zum Meinungekartell der etablierten Parteien ("die Flüchtlingskrise wird im Wahlkampf nicht erwähnt) habe ich bisher vermisst...

  • "In den untersuchten Lokalzeitungen sei in 83 Prozent der Berichte der Begriff „Willkommenskultur“ in einen positiven Kontext gestellt worden."

     

    Das überrascht mich.

     

    Ich hatte den Eindruck, der Begriff "Willkommenskultur" wäre hauptsächlich von flüchtingsfeindlichen Kreisen geprägt worden, als Fremdbezeichnung, in dieser seltsamen "proto-ironischen" Art und Weise, die man in diesen Kreisen häufiger vernimmt. (vgl. "Gutmensch" oder "politisch korrekt")

  • gerade dem letzten Satz kann man zustimmen. "Journalismus mit Haltung" ist im Kommentarbereich willkommen, wenn aber in den Berichten selbst mit Abwertung bzw. moralisierend gearbeitet wird, dann wird man den Teil der Leser verlieren, dem das auffällt und der sich nicht "erziehen" oder "indoktrinieren" lassen will. Im Kommentar darf man gern seine Haltung zeigen, Berichte sollten sich an Fakten orientieren.

     

    Viele der von "besorgen Bürgern" im Herbst 2015 genannten Argumente sind heute Mainstream. Damals wurden diese Leute als Rechtsextrem beschimpft und der Begriff "besorger Bürger" war eine Art Schimpfwort. Das ist aber nur ein Beispiel.

  • Die Studie bestätigt meine Wahrnehmung und mein subjektives Empfinden zur damaligen Zeit. Insbesondere die angeblich einreisenden syrischen Fachärzte und Facharbeiter gepaart mit einem höchstinstanzlichen "wir schaffen das" haben dazu geführt, dass die Gesellschaft diesbezüglich tief gespalten ist.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Eine kleine rassistische Minderheit gibt den gesellschaftlichen Diskurs vor, die Hardliner von CDU-CSU konkurrieren mit der AfD und überbieten sich gegenseitig mit neuen Ausgrenzungs- und Abendlanduntergangsfantasien.

      Die Mehrheit denkt, fühlt und handelt anders (zum Glück).

      Vor allem auch die älteren Mitbürger von denen viele Flucht und Elend am eigenen Leib erfahren haben und die wissen, was es heisst, die Heimat verlassen zu müssen, gerade auch als Kind.

      Über sie wird zu wenig berichtet. Selbst bei in Vertriebenorganisationen organisierten älteren Menschen gab es sehr viel Verständnis. Zu Wort kam überproportional die angebräunte Steinbach.

      Die Kirchen haben sich auch erheblich klarer positioniert als bei der letzten Weltuntergangsflüchtlingskrise - Anfang, Mitte der 90er Jahre als Asylbewerberheime und Menschen brannten in Deutschland.

      Die Kirchen haben jetzt klar erklärt: Die Vorstellungen und das Menschenbild der AfD (und teilweise der CSU) ist unchristlich.

      Berichtet wird auch darüber zu wenig.

      Dagegen ohne Ende nautische und maritime Bilder, die von Wellen, Fluten, vollen Booten handeln.

      Und natürlich das stete Klagelied von der Systempresse, dem Meinungskartell der Unterdrückung der Meinungsfreiheit: Von "man wird ja wohl noch sagen dürfen" bis zu "ich habe nichts gegen Ausländer, aber ...."

       

      Nach meiner Wahrnehmung und meinem subjektiven Empfinden.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Das Erstarken der AFD ist zum großen Teil nur die Folge der Handlungslosigkeit der Politik und der Kritiklosigkeit der Presse zur Zeit vor Köln.

         

        Fast schon symptomatisch waren die viel zu späten Korrekturen der Prognosen der Migranten. Realistische Zahlen hätten die Bevölkerung ja nur verunsichert.

         

        In dem Artikel und der Studie geht es um die kritikwürdige Berichteerstattung. Bilder von Schlauchbooten finden wir in der taz doch bereits mehr als genug.

         

        Halbsätze, die mit "aber" beginnen habe ich mir komplett abgewöhnt. Das Wesentliche steht eh nur dahinter, nie davor.

        • 6G
          60440 (Profil gelöscht)
          @DiMa:

          Die Flüchtlingszahlen wurden nach unter korrigiert, das ist Ihnen schon klar ? Es waren nämlich keineswegs 1 Million oder mehr.

          Debatten wie über die Flüchtlingskrise sind stets alarmistisch und hysterisch, es geht schliesslich um den Untergang von Deutschland / Europa / Abendland.

          Man sollte immer daran denken, was das ausgebombte, zerstörte, moralisch, sozial und wirtschaftlich völlig desolate Restdeutschland nach dem 2. Weltkrieg bewältigte.

          Es gibt nicht einmal gemnaue Zahlen über diese Flüchtlinge. Mindestens 12 Millionen waren es aber.

          Das wurde übrigens geschafft. Mit Erfolg.

          • @60440 (Profil gelöscht):

            Im Übrigen geht es mir nicht um den Untergang des Abendlandes sondern um die Frage der richtigen Einschätzung der Situation, der jeweiligen Rechtslage, der aktuellen Berichterstattung und der zu erwartenden langfristigen und finanziellen Folgen. All dies wurde im Herbst 2015 vollkommen versäumt.

             

            Für die Aufnahme der Binnenflüchtlinge nach 1945 war die Bundesrepublik verantwortlich. Für alle anderen nicht. Das Recht auf Asyl bedeutet nicht gleichzeitig ein Recht auf Einreise (siehe BVerfG).

            • 6G
              60440 (Profil gelöscht)
              @DiMa:

              Sie haben sich über das "wir schaffen das" mokiert. Ich habe Ihnen anhand eines historischen Beispiels zu erläutern versucht welch viel größere Aufgaben mit erheblich weniger Mitteln geschafft wurden.

              (Übrigens zunächst nicht von der Bundesrepublik, die gabs da nämlich noch nicht. Und nach 1949 waren beide deutsche Staaten beteiligt).

              Wir würden heute die Aufnahme von 5 meinethalben 10 Millionen oder noch mehr Flüchtlingen schaffen, reich wie wir sind, Platz, den wir haben, und gewinnen würden wir auch, wie stets bei Einwanderung jeglicher Art.

              Frau Merkel hat das einzig richtige gemacht 2015 im Herbst. Sollte sie die frierenden und hungernden Menschen verrecken lassen ?

              Dafür hat sie und vor allem ihr Innenminster Hans Peter Friedrich vorher alles falsch gemacht, vor allem indem sie Griechenland und Italien im Stich liessen und so taten, als seien nur die Schengen-Außenstaaten für die Flüchtlinge zuständig. Später haben beide die gleiche Entsolidierung erfahren, wen wunderts ?

              Und hinterher wurde das Asylrecht so verschärft wie nie, mit all den bekannten schlimmen Folgen.

              Und ich finde, es ist bislang gut geglückt, auch wenn die finanziellen und sonstigen Folgen im Herbst 2015 en detail bekannt waren. Wie auch ?

              Im Augenblick streiten die Parteien ja darüber wie all das viele Geld zu verwenden ist, das überschüssig vorhanden ist. Das sind Fakten, oder ?

              Das einzig unschöne an "der" Flüchtlingskrise waren Heidenau, Freital, Bautzen, Dresden und natürlich die Gidas und die AfD. Ein zum Teil enthemmter hasserrfüllter Nazi-Mob, nebst publizistischer und parteipolitischer Begleitung, die eine wahre Schande sind für zivilisierte und/oder sich christlich dünkende Menschen. Aber das hatten auch die Menschen zu erdulden, die Sie Binnenflüchtlinge nennen. Menschen, die das Pech hatten im Osten oder Südosten zu leben und die den Kopf hinhalten mussten für die Untaten, die alle begangen hatten. Sie wurden abgelehnt, mit Hass und Vorurteilen überzogen. Wie immer.

              • @60440 (Profil gelöscht):

                Zum "wir schaffen das": Ich denke nicht, dass uns "das" bisher ganz gut geglückt ist. Im Jahr 2015 sind ca. 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, davon ca. 80.000 nach Berlin, mithin ca. 10 Prozent. Laut Königsteiner Schlüssel hatte Berlin lediglich ca. 5,xx Prozent zu übernehmen. Es sind keine Anstrengungen des Landes ersichtlich, hier eine Umverteilung oder zumindst einen finanziellen Ausgleich vorzunehmen. Es wurde einfach alles aufgenommen, was aus Regensburg in Schönefeld angekommen ist und dann vor den Ämtern Schlange stand. Journalistische Berichterstattung zur ungleichen Binnenverteilung: null.

                 

                Anstelle dessen harren die Menschen weiterhin in Tempelhof aus und Heime werden gebaut. Das Heim in Neukölln hätte längst eingestellt sein sollen und wird nun anstelle dessen erweitert. Die noch unter Wowereit vor 2015 versprochenen neuen 5.000 Wohnplätze für Studenten sind noch immer in sehr weiter Ferne. Eine Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt ebenfalls. Die Überschüsse hätten für Steuersenkungen besser verwendet werden können. Mein bisheriges Fazit: "Wir haben es bisher nicht geschafft und schaffen das auch nicht".

                 

                Nach 1945 war wenigstens absehbar, dass die Zahl der aufzunehmenden Binnenflüchlinge (auf hohem Level) begrenzt ist. Dies ist bei den heute Ankommenden nicht der Fall.

          • @60440 (Profil gelöscht):

            Jupp. Das alles ist mir bewusst. Aber die Tatsache, dass es unter 1 Mio blieb ist alleine dem Zufall bzw dem beherzten Eingreifen Ungarns und Österreich geschuldet. Die Prognosen wurden im Herbst 2015 dennoch immer erst dann angepasst, wenn bereits klar war, dass die prognostizierte Zahl bereits längst überschritten war.

            • 6G
              60440 (Profil gelöscht)
              @DiMa:

              Also kritiiseren Sie, dass man die Folgen der Flüchtlingskrise nicht richtig eingeschätzt hat, weil die genannten Zahlen (es gab übrigens auch viel höhere Schätzungen) sich hinterher als zu hoch herausstellten ?

              Ist das nicht ein wenig schizophren ?

              Das ist was ich mit alarmistischer und hysterischer Berichterstattung und Politik meinte.

              Sie kennen sicherlich Sprüche wie: "Wir können doch nicht jeden aufnehmen. Es gibt 60 Millionen Flüchtlinge auf der Welt. Wenn die alle zu uns kommen ?"

              Ja wenn. Hauptsache worst case Szenarien.

              Hier ein paar Fakten:

               

              "84 Prozent der Flüchtlinge weltweit lebten Ende 2016 in Staaten mit niedrigen oder mittleren Einkommen. Einer von drei Flüchtlingen (insgesamt 4,9 Millionen) wurde von den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt aufgenommen."

               

              "Die sechs größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen

              Türkei - 2,9 Millionen

              Pakistan - 1,4 Millionen

              Libanon - 1 Million

              Iran - 979.400

              Uganda - 940.800

              Äthiopien - 791.600"

               

              Zahlen bis Ende 2016.

              https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten.html

               

              Wo ist da bloß Deutschland ?

               

              Ungarn ist kein Rechtsstaat. Sie vergessen im übrigen den Deal mit Erdogan. Und Österreichs Politik hat mit beherztem Eingreifen nichts zu tun, eher mit menschenrechtswidriger Politik. All das hat zur Folge, daß täglich Menschen sterben.

              Aber was soll man erwarten von einem Land, das es bis heute nicht richtig schafft, sich zu den mitzuverantwortenden Nazigreueln zu bekennen, sich in weiten Teilen als Opfer stilisiert (Mozart ist Östereicher und Hitler Deutscher) und zu fast 50% einen faschistoiden Bundespräsidentenkandidaten (übrigens ein Deutschnationaler dazu) wählte.

              • @60440 (Profil gelöscht):

                Der Deal mit Erdogan war erst Folge der Grenzsschließung durch Ungarn und des darauf folgenden Rückstaus in Idomeni. Die Schließung wurde von Österreich aktiv unterstützt. Die Absicherung von Außengrenzen ist übrigens ausdrücklich die Aufgabe eines jeden EU-Staates mit Außengrenze (siehe Schengenabkommen). Ungeachtet der übrigen Politik hat Ungarn in diese Frage alles richtig gemacht (wenn auch etwas spät).

                 

                Vor der Grenzsschließung gab es keinerlei ernsthafte Bemühungen der Kanzlerin in irgeneine Richtung (Appelle an die EU bzw deren Mitgliedsstaaten sind nunmahl bedauerlicherweise alles andere als ernsthaft.)

                 

                Wo ist da bloß Deutschland? Das ist mir ehrlich gesagt relativ egal. Ich sehe keine Pflicht der Bundesrepublik für Nicht-Staatsangehörige außerhalb der Bundesrepublik. Der Einfluß der Bundesrepublik endet an der Grenze. Diese ist gegebenenfalls zu schließen. Ferner gibt es keine grundsätzliche Pflicht zur Erteilung eines (humanen?) Visums (siehe EuGH bzw. BVerfG).