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Kommentar CCS-Beschluss der EUUnterirdischer Lobbyismus

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Über das Papier zur Speicherung von Kohlendioxid im Boden freut sich die Kohlelobby. Eine klimafreundliche Wirtschaft sieht anders aus.

Die Kohlelobby weiß, dass sie sich vom Makel des Klimakillers befreien muss Bild: dpa

S chon wieder dieses CCS-Gespenst – die Europäische Union kann es offenbar nicht lassen. Bereits 2007 hatten die Staats- und Regierungschefs den Plan aufgestellt, im Jahr 2015 bis zu zwölf Demonstrationsanlagen zur Verpressung von Abgasen in den Untergrund in Betrieb zu haben. Aber weil die Länder und die betroffenen Regionen sich sträubten, passierte erst einmal wenig.

Jetzt soll ein neuer Anlauf das Prinzip CCS etablieren. Weil aber die Vorbehalte nach wie vor riesig sind, suggeriert der am Dienstag vom Parlament verabschiedete Bericht einerseits Verständnis für die Betroffenen – um dann doch nach Wegen zu suchen, die Kohlendioxiddeponien durchzudrücken. So räumt das Papier einerseits zwar ein, dass es „noch besser wäre, wenn die Mitgliedstaaten ihre Klimaschutzziele“ ohne die Anwendung von CCS erreichen könnten.

Andererseits bezeichnet die EU die CO2-Endlagerung als „vielversprechende Technologie“ und ruft ihre Mitgliedstaaten dazu auf, die skeptische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass von der CO2-Speicherung weniger Risiken ausgehen als von vielen anderen industriellen Tätigkeiten. Um die Technik zu etablieren, sollen die Mitgliedstaaten „einen Teil der finanziellen Haftung“ übernehmen für den Fall, dass an einer „genehmigten Speicherstätte Schwierigkeiten“ auftreten.

Das Papier trägt eindeutig die Handschrift der Kohlelobby. Die weiß sehr genau, dass ihr Energieträger langfristig nur eine Chance hat, wenn es gelingt, ihn vom Makel des Klimakillers zu befreien. Die Frage nach Sinn oder Unsinn der unterirdischen CO2-Deponien wird nicht ernsthaft diskutiert.

Rein physikalisch gesehen ist CCS nämlich ein Unding, weil die Kohlekraftwerke enorm an Effizienz verlieren. Von den heute mit Braunkohlekraftwerken erzielbaren 43 Prozent Wirkungsgrad blieben nur noch rund 34 Prozent übrig. Folglich würde der Bedarf an Kohle um ein Viertel steigen. Zudem würde jede Kilowattstunde Strom nach heutiger Schätzung um zwei bis vier Cent teurer.

Nein, der Weg in eine klimafreundliche Wirtschaft muss ein anderer sein, nämlich der über die erneuerbaren Energien, die im Laufe der Jahre der Wirtschaftlichkeit immer näher kamen und sie heute mitunter schon erreichen. Und er muss über die effizientere Nutzung von Energie gehen. CCS ist dagegen reine Show, zumal die Technik mit alten Kohlekraftwerken oft nicht kombinierbar ist.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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6 Kommentare

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  • K
    Kaboom

    Das spannende Experiment zur Klärung der Frage, wie homo sapiens auf eine Temperaturerhöhung reagiert, wird fortgesetzt. Angestrebt werden +5° bis zum Ende des Jahrhunderts. Was der selbe Unterschied ist, wie jener zwischen heute und der letzten Eiszeit. Und es wird für unsere Kinder und Enkel äusserst spannend sein, zu erleben was sich die Natur so an "Seiteneffekten" einfallen lässt. Nuja. Ich bin dann tot. Also sch**** drauf.

  • R
    realist

    Die Frage ist doch gar nicht "CCS oder Erneuerbare"! Die Antwort lautet doch, wir brauchen auf längere Zeit noch flexible fossile Kraftwerke, um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen, da die Speicher noch nicht da sind. Wie schaffen wir es dann, diese möglichst klimafreundlich laufen zu lassen? Richtig, CCS wäre eine Möglichkeit, die man intensiv prüfen sollte. Wir sollten nicht immer schon die Türen zumachen, bevor die Technik erforscht ist. Im Vergleich zu anderen, von vielen Menschen akzeptierten industriellen Methoden wird aus meiner Sicht CCS keine unvertretbar großen Risiken bedeuten. Und zur Kostenfrage: da kann in der Tat der CO2-Emissionshandel die Richtschnur sein. Wenn's sich am Ende alles nicht rechnet, wird man es auch nicht machen.

    • @realist:

      Zur Zeit werden auch die Kosten der erneuerbaren Energien maximiert, da hohe Kosten -> viele Profiteure -> viele Lobbyisten -> hohe Subventionen.

  • Lasst doch einfach den Emissionshandel wirken. Die dadurch festgelegten Emissionsgrenzen werden definitiv eingehalten, und die gesamtwirtschaftlichen Kosten werden minimiert, weil automatisch die am meisten CO2 emittierenden Technologien am stärksten verteuert werden. Die (angeblich) CO2-vermeidenden Technologien zu fördern, maximiert dagegen die Kosten. Denn je höher die Kosten einer Technologie sind, desto mehr Profiteure gibt es, die wiederum Lobbyisten bezahlen können, die für Subventionen für diese Technologie werben können, wie dieser Vorstoß zeigt.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Ach was. Das ist keine Show, das ist kühl kalkuliert. Wer wird das am Ende bezahlen? Richtig, die Verbraucher und da auch nur die nicht-industriellen. Das hat man bei der EE-Umlage ja schon bestens trainiert. Die Profite gehen aber in Gänze an die --richtig-- Konzerne. So läuft das und wir sind allesamt zu bequem und zu blöd um gegen solche Machenschaften vorzugehen. Und weder Mutti noch die Sozis werden oder wollen das ändern.

  • Das ist tatsächlich nicht nur geologisch und thermodynamisch absoluter Unfug, es wird durch die Verflüssigung auch noch erhebliche Abwärme zusätzlich frei...

     

    Eigentlich kriminell!

     

    Glück auf!

     

    Karl