NATO-Einsatz in Osteuropa: Militärbündnis auf Rambokurs
Mehrere Mitgliedstaaten der Allianz fordern die Kündigung der Gründungsakte. Es sollen fünf neue Stützpunkte im Baltikum entstehen. Deutschland schickt mehr Truppen.
BERLIN/FRANKFURT/MAIN afp/dpa | Vor dem Nato-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Wales fordern mehrere Mitgliedstaaten laut Spiegel, wegen der russischen Militärintervention in der Ostukraine die Nato-Russland-Gründungsakte zu kündigen. Das Nachrichtenmagazin berief sich dabei am Sonntag auf Berliner Regierungs- und Brüsseler Nato-Kreise.
Die Gründungsakte legt der Nato Beschränkungen bei der Stationierung von Truppen auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks auf. Zu den Befürwortern eines harten Kurses zählen dem Bericht zufolge Polen, die baltischen Staaten und Kanada. Die Bundesregierung wehrt sich laut Spiegel dagegen, den Kontrakt zu kündigen.
Einem Zeitungsbericht zufolge will die Nato angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine fünf neue Stützpunkte im Baltikum und in Polen aufbauen. Sie sollen jeweils 300 bis 600 Soldaten aus den Bündnisstaaten aufnehmen, wobei die Truppen dauerhaft in den Ländern stationiert bleiben sollen, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf einen hohen Nato-Vertreter berichtete. In den Stützpunkten sollen demnach Logistiker, Aufklärer und Einsatzplaner militärische Übungen vorbereiten und im Ernstfall auch Einsätze in den Ländern führen.
Die Details des Plans sollen den Angaben zufolge nach dem Nato-Gipfeltreffen in Wales ausgearbeitet werden. Laut FAS einigten sich die Botschafter der 28 Mitgliedstaaten in Brüssel auf einen 20 Seiten langen, als geheim eingestuften Aktionsplan.
Schnelle Eingreiftruppe geplant
In dem Dokument wird Russland demnach als „Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit“ eingestuft. Die Allianz verpflichte sich außerdem, „die Fähigkeit der östlichen Alliierten zu erhöhen, Truppenverstärkungen aufzunehmen“. Dies solle unter anderem durch die neuen Stützpunkte in Polen, Estland, Lettland und Litauen geschehen, hieß es.
Außerdem will die Nato nach FAS-Informationen eine schnelle Eingreiftruppe mit etwa 4000 Mann aufbauen. Sie soll demnach innerhalb von zwei bis sieben Tagen in Krisengebiete verlegt werden können und damit deutlich schneller einsatzbereit sein als die bisherige sogenannte Nato Response Force.
Der FAS zufolge will Deutschland im Rahmen der Nato weitere Truppen nach Osteuropa schicken. Die Zeitung berichtete, die Bundeswehr wolle Anfang kommenden Jahres eine Kompanie mit etwa 150 Soldaten im Zuge der Rotation von Nato-Kampftruppen in das Baltikum oder nach Polen verlegen. Die Kompanie solle eine US-Einheit ablösen, der Ort sei jedoch noch nicht bekannt. Das Verteidigungsministerium wollte die Angaben laut FAS nicht bestätigen.
Deutschland überwacht Luftraum
Washington hatte im Mai als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland in jedes der baltischen Länder und nach Polen eine Fallschirmjägerkompanie entsandt. Sie sollen der FAS zufolge in Kürze abgelöst werden. Die nächste Rotation stehe im Januar an. Laut dem Zeitungsbericht wurde die deutsche Entscheidung der Nato intern angekündigt, soll aber erst beim Nato-Gipfel in Wales Ende der Woche verkündet werden.
Bereits ab Montag beteiligt sich die Bundeswehr erstmals seit dem Beginn der Krise in der Ukraine an der Überwachung des Luftraums über den baltischen Nato-Mitgliedstaaten. Mehr als 150 Soldaten und vier Flugzeuge vom Typ Eurofighter wurden hierfür in der zurückliegenden Woche zum Nato-Flugplatz Ämari in Estland entsandt. Zwei weitere Eurofighter sollen in Deutschland in Bereitschaft sein.
Estland, Lettland und Litauen gehören seit dem Jahr 2004 der Nato an, sind aber nicht in der Lage, ihren Luftraum selbst zu sichern, weshalb Nato-Partner das sogenannte Air Policing von Beginn an übernahmen. Die Bundeswehr beteiligte sich seither bereits fünf Mal daran, zuletzt im Jahr 2009. Der neue deutsche Einsatz soll vier Monate dauern. Er ist ein zusätzlicher Beitrag über die übliche Luftraumüberwachung hinaus.
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