Gewalt in der Ukraine: Rechtsradikale wollen kämpfen
Die Eskalation in der Ukraine geht vor allem von rechten Gruppierungen und Extremisten aus. Viele haben sich in Wehrsportgruppen auf den Kampf vorbereitet.
KIEW taz | Nach den ersten Toten auf dem Maidan steckt das Land entweder in einer Sackgasse oder steht vor einem Bürgerkrieg. Präsident Wiktor Janukowitsch hat mit der Verabschiedung seiner jüngsten Gesetze zur Einschränkung der Demonstrationsfreiheit den Rubikon überschritten.
Auf den ersten Blick scheinen Janukowitschs Gesetze von europäischen Gesetzen gar nicht so weit entfernt zu sein, wäre da nicht der kleine Unterschied, dass es in der Ukraine keine unabhängige Rechtsprechung gibt. Auf dieser Grundlage kann jeder unbequeme Bürger für Jahre hinter Gitter wandern, können unliebsame Medien geschlossen werden.
Dass es so schnell zu Blutvergießen auf dem Maidan kommen werde, damit hatte man im traditionellen und eher gemäßigten Flügel der Opposition nicht gerechnet. Doch der „rechte Sektor“ wird immer stärker und immer radikaler. In diesem Bündnis finden sich zahlreiche rechte Gruppierungen, auch Rechtsextremisten, die sich seit Langem auf gewaltsame Auseinandersetzungen vorbereitet, diese geradezu einstudiert haben.
Den zunehmend gewalttätig agierenden Polizisten stehen mit dem „rechten Sektor“ Personen gegenüber, die sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich Dampf abzulassen. Einen bekannten Anführer hat diese Gruppierung nicht, man mobilisiert über das Internet.
Hatte die Gruppe noch vor kurzer Zeit im russischen (!) sozialen Netzwerk „VKontakte“ 10.000 Follower, wuchs diese Zahl in wenigen Tagen auf 20.000 an. Sie wollen gar nicht in die Europäische Union. Ihr Herzensanliegen ist die nationale Revolution. Verhandlungen mit der Regierung werden abgelehnt.
Im Kampf vereinigt
Seit Jahren bereiten sie sich in Wehrsportgruppen auf den gewalttätigen Kampf vor. Und sie wissen, dass sie nichts mehr zu verlieren haben. Gemeinsam agieren sie mit „Ultras“ der Fußballfanszene. Fans der konkurrierenden Fußballmannschaften Dynamo Kiew, Metallist Charkow und der Mannschaft Dnepr aus Dnjepropetrowsk und anderer ukrainischer Fußballklubs sind auf einmal ein Herz und eine Seele.
Dem immer aggressiveren Auftreten von Angehörigen des „rechten Sektors“ steht ein Vertrauensschwund der traditionellen Opposition mit ihren Anführern Klitschko, Jazenjuk und Tjagnibok gegenüber, denen man immer lauter eine heimliche Zusammenarbeit mit den Machthabern vorwirft. Vielfach wird auch gemutmaßt, dass diese Oppositionellen mit Geldern westlicher Regierungen, vor allem der US-amerikanischen und deutschen, finanziert würden. Wie der „rechte Sektor“ seine Aktivitäten finanziert, wird wenig thematisiert.
Aus dem Russischen von Bernhard Clasen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“