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Hungerstreik für KlimaschutzDen Erpressungsvorwurf entkräften

Die Protestierenden in Berlin setzen diese Woche doch nicht auf die ultimative Eskalationsstufe und gehen noch nicht in den Durststreik.

Das Zelt der Hungerstreikenden im Invalidenpark in Berlin Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin taz | Im Camp der vier Hungerstreikenden im Invalidenpark in Berlin ist ein Aufatmen zu spüren. Wolfgang Metzeler-Kick, der seit 92 Tagen nichts mehr isst, und Adrian Lack, der seit 31 Tagen keine Nahrung zu sich nimmt, gehen doch nicht wie angekündigt an diesem Donnerstag auch in den Durststreik. Sie wollen eine Woche Aufschub.

Sie tun es, wie sie sagen, um Bundeskanzler Olaf Scholz die Möglichkeit einzuräumen, sich in dieser Woche mit ihnen in Verbindung zu setzen. Es gehe ihnen insbesondere darum, dem vom Kanzler an sie herangetragenen Vorwurf der Erpressung zu begegnen. Zu Recht wollen sie nicht, dass der totale Hungerstreik, den sie bereit sind einzugehen und der innerhalb weniger Tage zum Tode von einem oder beiden geführt hätte, nur als weitere erpressende Eskalationsstufe beschrieben wird.

Reflexartig wird dieses Erpressungsmoment auch in den Medien diskutiert. Juristisch aber ist, was die Hungerstreikenden tun, keine Erpressung, denn sie schaden dem Bundeskanzler nicht und drohen ihm auch keinen Schaden an. Wenn jemand zu Schaden kommt, dann sie selbst. Sie wollen einzig, dass Scholz die wissenschaftlich belegten Fakten offen ausspricht und den Deutschen die Wahrheit sagt: dass die Erderwärmung in die Klimakatastrophe führt, dass es kein Restbudget an CO2 mehr gibt, das noch verbraucht werden kann, sondern dass jetzt radikal umgesteuert werden muss.

In der Regierungserklärung von Donnerstag hat Scholz diesbezüglich die Chance nicht genutzt. Er berichtete nur, dass er in diesem Jahr bereits viermal in Überschwemmungsgebiete gefahren sei. Er nimmt das Wort „Klimawandel“ in den Mund, dem er aber ausschließlich mit Anpassungsmaßnahmen begegnen will und nicht mit einer radikalen Einschränkung des CO2-Ausstoßes.

Adrian Lack, der zuletzt wie Wolfgang Metzeler-Kick schon seit Tagen auch keine Säfte mehr trank, wird zusammen mit den beiden anderen Hungerstreikenden weiter hungern. Jetzt aber wieder mit Säften. Metzeler-Kick macht eine Pause und „geht ins Refeeding“, wie die Wiedergewöhnung des Körpers an Nahrung genannt wird.

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46 Kommentare

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  • Wenn sich jetzt einer der reichen Schnösel aus Sylt entschuldigen würde, wäre das genauso glaubhaft.

  • Nich jede moralische Nötigung ist auch eine im juristischen Sinn. Ich brauche keine sich aufopfernde, quasi religiösen "Märtyrer", sondern Menschen, die an meiner Seite versuchen Leute zu überzeugen, bereit sind , lange Wege zu gehen und Mehrheiten zu organisieren.

    • @Hans aus Jena:

      Manchmal kann besonderer Einsatz auch motivieren oder Glaubwürdigkeit ausstrahlen. Es ist schwierig zu entscheiden, wann und wieviel hilfreich und legitim ist. Deshalb wirken diese Dinge im Nachhinein auch immer anders als vorher.



      .



      Vielleicht ist es ja so, dass wir alle noch viel zu entspannt sind bei der Klimafrage. Und in 5 Jahren können wir unser Handeln von 2024 nicht mehr rechtfertigen. Es ist immernoch sehr sehr leicht, das ganze Problem restlos zu ignorieren.



      .



      Es gibt Handlungen, die können ein Koordinatensystem verschieben und Menschen inspirieren, mehr zu tun/beizutragen. Es fehlte doch etwas am Menschen, wenn man das ganz ablehne. In der Vergangenheit gehörte Hungerstreik manchmal dazu, manchmal nicht.

    • @Hans aus Jena:

      Genau so. Danke!

  • Erstaunlich wie viele Unterdeckadvokaten es in der Leserschaft gibt!

  • Scholz hat Klimaaktivisten beim letzten Hungerstreik bereits getroffen ( www.zeit.de/politi...reffen-klimawandel )

    Was daraus geworden ist, kann anhand der Bilanz der Letzten Generation betrachtet werden: der Rückhalt der Klimabewegung in der Bevölkerung ist gegen null gesunken.

    Die "Moral hinter der Geschicht" wird nicht mehr gesehen. Es werden nur noch Aktivisten gesehen, die nötigen. Das funktioniert schon seit langem nicht mehr und wird auch jetzt nicht funktionieren.

    Was schade ist für die Gesundheit der Hungerstreikenden und das Klima. Die Klimabewegung muss die Bevölkerung wieder mit nehmen!

  • Ich muss an die vielen Menschen denken, überall auf der Welt, auch hier in Deutschland, die nicht FREIWILLIG hungern.

    • @Patricia Winter:

      Was wollen Sie damit sagen?

  • Selbstverständlich schädigen sie den Kanzler; durch drohende negative Publicity. Im Ergebnis kommt es auf eine juristische Definition der Erpressung auch nicht an (siehe auch Emotionale Erpressung). Wenn eine juristische Erpressung vorläge wäre unlängst der Staatsanwalt eingeschnitten.

    Durch den jetzt angekündigten Aufschub kommen auch Bedenken hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des Vorhabens insgesamt auf.

    • @DiMa:

      Warum sollte es eine negative Publicity geben? Etwa weil die Menschen durchschauen, welch verlogene Politik Herr Scholz vertritt? Dass der angebliche Klimakanzler sich von der Fossilindustrie schon seit langem erpressen lässt? Dass er nicht in der Lage ist, Mehrheiten für Selbstverständlichkeiten zu organisieren (Tempolimit, ein Ende der fossilen Subventionen). Wie kraft-, farb- und ideenlos er auftritt? Es auffällt, wie arrogant und herablassend er sich zu den jüngeren und künftigen Generatioen verhält?

      • @Uwe Schmitt:

        Nein, einfach weil es Leute geben wird, die dem Kanzler die Verantwortung für das frühzeitige Ableben des Hungestreikenden zuschreiben werden wollen. Frei nach dem Motto "Er hätte ja ohne weiteres auf die Forderung eingehen können".

  • Es ist richtig, dass wir kein absolutes CO2-Restbudget mehr haben, sondern nur noch ein relatives, in Bezug auf eine zusätzlich "tolerierte" Erderwärmung.

    Es ist darum auch richtig, dass wir versuchen, die Erderwärmung zu begrenzen,



    durch den Ausbau von Photovoltaik, thermischen Sonnenkollektoren und Windkraft,



    durch die Erzeugung von CO2-neutralen Kraftstoffen aus Biomasse,



    durch die Produktion von grünem Wasserstoff mit überschüssigem Ökostrom,



    durch Energieeinsparungen (Gebäudeisolation),



    durch die Errichtung von Stromspeichern,



    durch Elektromobilität



    usw..

    Aber wir sind organisatorisch, technisch und finanziell überhaupt nicht in der Lage, auf diese Weise schon in absehbarer Zeit klimaneutral zu werden. Das ist die Wahrheit, die eigentlich verkündet werden müsste.

    Das, was die Hungerstreikenden wollen, ist nur erreichbar, wenn wir die CO2-Emissionen unverzüglich einstellen. Dann allerdings wäre eine kontinuierliche Energieversorgung nicht mehr möglich. Fossile Energieträger dürften nicht mehr genutzt werden, Strom gäbe es nur noch stundenweise. Die Folge davon wäre der Zusammenbruch unserer Zivilisation.

    Nicht besser, als die Klimakatastrophe, aber schneller realisierbar.

    • @Al Dente:

      "Das, was die Hungerstreikenden wollen, ist nur erreichbar, wenn wir die CO2-Emissionen unverzüglich einstellen."



      Wo sagen die Hungerstreikenden das? (ehrlich gemeinte Frage)



      In der Lage wären wir schon, nur mit Konsequenzen, die in die Richtung gehen KÖNNEN, die Sie beschreiben.



      Zur Verkündung der Wahrheit gehörte auch, dass Deutschland sein Einspar- und Transfonationspotenzial nicht ausschöpft. Dh. die Regierung fassen nicht die notwendigen Beschlüsse und viele Menschen handeln nicht nach ihren Möglichkeiten. Bspw. kann mensch innerhalb kürzester Zeit, sich über gesunde vegane Ernährung belesen und die eigene Ernährung entsprechend umstellen. Grundlegend macht die Regierung & auch viele Menschen sich etwas vor, indem sie meinen, sie können die gigantische Warenproduktion und Lebensweise so weiter laufen lassen - bspw. die Verkürzung der Verkehrswende auf eine Abtriebswende, dass der Ersatz von Millionen von Verbrennern durch neue (schwere) E-Autos umweltfreundlich sei. Das ist auch der nächste Punkt: neben Klimakrise gibt es das 6. größte Massenaussterben von Spezies. Zweiteres wird kaum mitbedacht - noch weniger beim Handeln. Zum Lebensgrundlagenerhalt gehört das aber dazu.

      • @Uranus:

        "Wo sagen die Hungerstreikenden das?"

        Wie soll es denn sonst gehen, da wir kein "Restbudget " mehr haben, uns somit keine Emissionen mehr erlauben dürfen?

        Das ist aber allenfalls in Diktaturen durchsetzbar. In einer Demokratie wird sich dafür keine Mehrheit finden.

    • @Al Dente:

      Zwischen den löblichen Beispielen, die sie nennen und dem Zusammenbruch unserer Zivilisation durch Totalverzicht liegt aber schon noch eine breiter Spielraum. Beispielsweise muss Klima schädliches Verhalten einfach teurer werden. Das würde dazu beitragen, dass die Autos wieder kleiner, die Flüge seltener, die Kreuzfahrten ebenfalls seltener (oder kürzer) würden. Dies mal als eine von vielen Möglichkeiten. Es ist also deutlich mehr möglich als derzeit getan wird..

      Und nun die Frage an Sie: glauben sie dass unsere Zivilastion darunter zusammen brechen würde.?

      • @Wunderwelt:

        Wenn Kreuzfahrten teurer werden oder Fernflüge, dann ist das vermutlich kein Problem, wird aber wohl wenig bewirken.

        Wenn Benzin, Diesel, Gas, Heizöl, das Wohnen insgesamt, evtl. auch der Strom immer teurer werden, dann ist das ein sehr großes Problem für die ärmere Mehrheit der Gesellschaft. Es trägt schon jetzt zur Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen bei.

        • @Al Dente:

          Der ärmere Teil der Bevölkerung leidet bereits jetzt an akutem Geldmangel.

          Was wie ein Argument wirkt ist nur eine Ausrede.

          Ein wirksamer CO2 Preis kann als Klimageld umverteilt werden, davon würden Haushalte mit geringem Einkommen profitieren.

          Wer sein Verhalten ändert hat am Ende mehr frei verfügbares Einkommen.

          Ich sehe auch keine Anstrengung in Deutschland den öffentlichen Raum für den Klimawandel vorzubereiten.

          Keine öffentlichen kostenfreien Kühlräume, mehr Schatten, Wasserspender usw.

          Auf die folgen des Klilawandels bereitet sich jede:r ganz privat vor... Und wen trifft das wohl am meisten?

          Es wird einfach zu wenig getan und dann immer wieder von den armen Menschen gesprochen, die man nicht überfordern will, aber nur als Ablenkung.

          • @sociajizzm:

            Wenn wir etwas erreichen sollen, dann brauchen wir pragmatische Ansätze.

            Das Klimageld ist so ein Ansatz. Aber, wann kommt es? Kommt es überhaupt? Wie groß wäre dann der Anteil der Mehrkosten durch den CO2-Preis, der auf diese Weise zurückgezahlt wird?

            Anpassungsmaßnahmen sind auch ein Ansatz. Nur werden diese von vielen Aktivisten weitgehend abgelehnt, weil sie vom (teilweise ideolisch erwünschten) Verzicht "ablenken".

            So kommen wir nicht weiter. Die Richtung, in die wir gehen müssen, ist den meisten Menschen längst klar. Einen eindeutigen und ausgebauten Weg gibt es allerdings nicht. Also können wir auch nicht sagen, wie schnell wir wie weit kommen werden, und schon gar nicht fordern, in einer vorgegebenen Zeit eine vorgegebene Strecke zurückzulegen.

  • "Sie wollen eine Woche Aufschub.



    Sie tun es, wie sie sagen, um Bundeskanzler Olaf Scholz die Möglichkeit einzuräumen, sich in dieser Woche mit ihnen in Verbindung zu setzen. Es gehe ihnen insbesondere darum, dem vom Kanzler an sie herangetragenen Vorwurf der Erpressung zu begegnen."



    So würde ich das natürlich auch verkaufen - mir scheint jedoch viel wahrscheinlicher, dass sie kalt erwischt wurden, dass selbst von linken Medien Kritik an ihrer geplanten Eskalation kam und auch gesellschaftlich fast ausschließlich Kopfschütteln statt Bewunderung oder Zustimmung das Echo war und weder ein medialer und schon gar nicht gesellschaftlicher Druck auf Olaf Scholz erzeugt wurde, sich zu ihrer Forderung öffentlich zu äußern.



    Der Fall Wynn Alan Bruce dient zudem noch als recht aktuelles Beispiel, dass selbst die äußerte aller Protestaktionen auch in freien Demokratien wenig bis null Echo hinterlässt - Klima ist gesamtgesellschaftlich einfach (sehr) weit nach hinten gerutscht, ungeachtet der tatsächlichen Entwicklung - es bleibt spannend ob jemals wieder ein Momentum wie 2019 erzeugt werden kann.

  • Beim Durststreik (also keinerlei Flüssigkeit aufnehmen) wären sie nach drei bis vier Tagen tot. Das wollen sie anscheinend nicht riskieren.

  • Durchaus spitzfindig, zumal ja niemand vorhat juristisch gegen die Hungernden vorzugehen: Zur Erpressung im Sinne des Strafgesetzbuches fehlt lediglich der Vermögensschaden, alle anderen Tatbestandsmerkmale sind erfüllt. Und im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs ist das was dort stattfindet genau das, was der Nichtjurist als Erpressung auffasst.

    • @Samvim:

      Naja, seltsame Rechtsauffassung haben Sie da. Es fehlt überhaupt ein Schaden oder die Androhung eines Schadens für eine andere Person (neben der Bereicherungsabsicht). Der Kanzler ist völlig frei darin, den Forderungen ganz oder gar nicht nachzugeben oder den Protest zu ignorieren. Andere Menschen wiederum sind frei darin, moralisch zu bewerten, inwieweit der Kanzler für den möglichen selbst gewählten Tod der Streikenden oder die künftigen Opfer der Klimakrise verantwortlich sein soll. (Ich selbst denke, er ist moralisch aufgrund seiner Macht und Handlungsmöglichkeiten hochverantwortlich. Deshalb ist er auch der symbolische Adressat des Protestes.) Das Gesprächsangebot an ihn ist ausdrücklich als Einladung formuliert und überhaupt ist das Machtgefälle so groß, dass gar nicht erkennbar ist, wie diese rein symbolische Protestaktion im juristischen Sinn unzulässig sein sollte.

      • @Uwe Schmitt:

        "Andere Menschen wiederum sind frei darin, moralisch zu bewerten, inwieweit der Kanzler für den möglichen selbst gewählten Tod der Streikenden oder die künftigen Opfer der Klimakrise verantwortlich sein soll. "

        ...schreiben Sie. Und meinen wirklich, diese Frage so dramatisch dem Kanzler wie besagten "anderen Menschen" zu stellen, die aus Scholz' Sicht nunmal Bürger, Wähler und damit seine Brötchengeber sind, sei kein Versuch, massiven moralischen und politischen Druck auf ihn auszuüben?? Wenn dem so wäre, warum dann überhaupt die Forderung nach der Wahrheit mit dem Versprechen verbinden. den Hungerstreik zu beenden?

        Man kann sich wohl auf den Standpunkt stellen, dass Politiker nunmal die selbstgewählte A...-Karte haben, Entscheidungen treffen zu müsseen, die halt auch nüchtern den Tod von Menschen in Kauf nehmen. Also hätten sie gefälligst entsprechend dickfellig zu sein und den ihnen zu Füßen gelegten Tod von Menschen mit gebührender Betroffenheit zur Kenntnis zu nehmen, innerlich aber nicht mit der Wimper zu zucken und zur Tagsordnung überzugehen. Dann wäre es kein "empfindliches" Übel - und es GIBT sicher auch genügend solcher Soziopathen in hohen Ämtern. Aber als Leitbild??

        • @Normalo:

          Es ist keine Erpressung; warum wird hier endlos auf den anderen Tatbestandsmerkmalen herumgeritten? Ist es so wichtig, in die Nähe irgendeiner Straftat zu kommen?



          .



          Es heißt doch "empfindliches Übel", nicht jedwedes Übel. Wann hatte die BRD zum letzten mal einen Kanzler, der zu nah am Wasser gebaut war? Ja, ein Kanzler sollte das aushalten. Wenngleich ich ein Gespräch zwischen den beiden nicht für falsch halten würde. Olaf Scholz ist da offenbar anderer Auffassung, und kann offenbar noch schlafen. Ich habe den Eindruck, er scheut einen Machtkampf in dieser Situation nicht.



          .



          Warum sind denn jetzt neg. Publicity und womöglich schlechtere Wahlaussichten schon Vermögensschäden? Ich nehme an, sie kennen die Diskussion um grundrechtlich (nicht) geschützte Gewinnaussichten.



          .



          Die Debatte wird immer ungenauer und unproduktiver.

          • @THu:

            Überschrift und Inhalt des hier kommentierten Artikels mögen etwas damit zu tun haben, dass hier und da in der Diskussion das Wort "Erpressung" fällt und dann auch mal mehr, mal weniger "untechnisch" verwendet wird.



            Ich erwarte selbst von einem Juristen eigentlich, dass er in der Lage ist, auch auf einer Ebene außerhalb der juristischen Nomenklatur Sprache zu gebrauchen und anderer Leute Sprachgebrauch zu entschlüsseln. Freilich werden Sie den terminus technicus "Erpressung" ausgerechnet in meinem Post, über den Sie sich hier echauffieren, vergeblich suchen. Finden Sie also bitte einen anderen Vorwurf aus, den Sie mir so grundsätzlich um die Ohren knallen können.

            Das "empfindliche" Übel benutze ich nur als Wortspiel. Das lag an der Unterstellung extremer UN-"Empfindlichkeit", die Herr Schmitt offenbar bei Spitzenpolitikern für angebracht hält. Ich gebe zu bedenken, dass auch ein Olaf Scholz ein Mensch ist und kein Regierroboter. Sein Job mag verlangen, dass er sich von der Emotionalität einer Konfliktlage nicht überwältigen lässt, aber das löscht die Emotionen nicht aus oder verringert den Druck, den sie ausüben. Der zählt hier.

            • @Normalo:

              Tatsächlich ging es mir um die beiden Beiträge auf die Sie antworteten. Beide arbeiten sich streng an den Tatbestandsmerkmalen ab. Und auch Sie griffen eines heraus – das Übel – und verblieben unglücklicherweise in der Struktur. Aber ich will fragen, welchen Sinn habe das, wenn die Nichterfüllung kaum mehr ernsthaft bezweifelt wird? Wenn man es damit jedoch ernst meint, und den Ernst Ihres humanistischen Arguments teile ich, müsste es doch dafür einen Anknüpfungspunkt geben, der der politischen Dimension gerechter wird. So erschien es, als wäre er nur eine Beteiligung an einem toten Topos.



              So erschien womöglich auch, dass ich Ihnen etwas um die Ohren knallte – ich versichere, das war eine Erscheinung, sonst nichts.



              .



              Es ist ja gerade die pol. Tragik, dass O. Scholz diesen Eindruck des Roboters mit seinem Stil immer wieder nährt. In Gesprächen wirkt er unresonant und selbstgenügsam. Bei ihm scheint mir Ihre Mahnung schon Realität geworden zu sein. Auf persönlicher Ebene ist es schwierig, solche Selbstverstärkungen zu unterbrechen. Aber bei Olaf Scholz erscheint mir das unterdessen brotlos. Andererseits würde ich zugestehen, dass Angela Merkel mich 2015 überrascht hat.

  • Die Bundesregierung darf sich nicht erpressen lassen..!

    ..jedenfalls nicht mit friedlichen Mitteln..

    .. mit dem Traktor klappt das aber schon viel besser..oder man macht einen Motorradkorso um Bundesratsinitiativen zu sabotieren..

    ..sonst noch irgendwelche guten Ideen..?

  • Der Mann könnte seinem Sohn Wegweiser sein, statt ihm eine solche Bürde aufzuladen.



    Das ist verantwortungslos und beschämend, was er tut.



    Völlig verirrt auch diejenigen, die das unterstützen.

    Was soll getan werden nach seinem Tod? D wird klimaneutral und alle folgen, weil ein Mann sich tot gehungert hat.



    Das wäre schön ist aber völlig unrealistisch.



    Und mit Erpressung geht das eh nicht!

  • Es ist also keine Erpressung, wenn da einer sagt, Du musst dies und das öffentlich sagen, ansonsten werde ich mich töten.

    Was ist es dann?

    • @Jim Hawkins:

      Paragraph 253 StGB Erpressung:



      „(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.„

      Noch Fragen?

      • @Birgit Deter:

        "eines anderen Nachteil zufügt"

        Moralische Schuld, Reputationsverlust und schlechtere Aussichten auf Wählergunst in bestimmten Milieus sind also keine Nachteile für einen Berufspolitiker?

        • @Chris McZott:

          Und? Was nehmen Sie an, wird als mögliche Folge eintreten, bei Ihnen, bei denen, die hier die Einordnung als Erpressung vertreten, sowie bei wievieken Wähler*innen?

          • @Uranus:

            Keine Ahnung. Ich persönlich messe diesem Vorgang keine große Bedeutung bei. Einzelne Spinner und Fanatiker gibt es immer.

            Bedeutender finde ich, wenn Medien und Aktivisten, die sonst sehr kleinlich das Verhalten des politischen Gegners moralisch bewerten, sehr großzügig sind, wenn es um "eigene Leute" geht.

            Dass ist ein Indiz das dafür dass deren (angeliche) moralische Überzeugungen pure Heuchelei und reine Taktik sind.

            Sowas verachte ich zutiefst.

        • @Chris McZott:

          Die Milieus, die der Selbstmord eines Klimaaktivisten in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen würde, wählen nicht Ampel.

          Gibt Scholz nach, verliert er in seinem Wählerpott.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Wenn ich mich recht entsinne, hat es z. B. Schmidt 1977 nicht nur Sympathien in der SPD und auch ihrer Wählerschaft eingetragen, dass er vor den Drohungen der RAF-Terroristen nicht einknickte und den Arbeitgeber(!)präsidenten der Staatsräson "opferte". Das wurde auch ohne irgendwelche Sympathien für Schleyer ODER die Ziele seiner Entführer teils übel genommen. Gerade Menschen, die selbst nicht solche harten Entscheidungen über Andere zu treffen haben, gehen häufig irrig davon aus, wer es kann, sei zwangsläufig ein harter, herzloser Hund, von dem man nicht regiert werden will. Ich würde sagen, ohne den "deutschen Herbst" hätte Schmidt in der SPD den Nato-Doppelbeschluss weit besser verkaufen können und 1982 nicht gehen müssen: Er hatte die als unempathisch empfundene "harte" Linie einmal zu oft gefahren.

            Das hat rein gar nichts damit zu tun, welche Ziele jetzt gerade die Leute verfolgen, die das jeweilige moralische Dilemma gezielt aufstellen. Genau deshalb machen solche "Druckaktivisten" das ja: Sie wollen einen alternativen, möglichst "zwingenden" Grund NEBEN Ihren - offenbar allein nicht verfangenden - Sachanliegen schaffen, ihre Forderungen durchzusetzen.

            • @Normalo:

              1977 war 1977 und heute ist heute.

              Außerdem kann man die Klimaaktivisten wohl kaum mit der RAF vergleichen.

    • @Jim Hawkins:

      Es ist keine Erpressung, weil die "Erpresser" nicht begriffen haben, wie Erpressung funktioniert.

      Erpressung funktioniert, wenn man sagt: "Ich tu Dir etwas an!" Bei "Ich tu Mir etwas an!" kann der Andere einfach lächelnd weitergehen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Lächelnd - soso. Schuld auf sich zu laden, wird von Menschen - zumindest solchen mit einem Gewissen - durchaus als empfindliches Übel empfunden. Ich weiß nicht, wie Sie da gestrickt sind, aber wenn meinetwegen jemand stürbe, würde mir das schuldunabhängig das Herz rausreißen. "Lächeln" wäre jedenfalls das letzte, wozu ich in der Lage wäre.

        Indem die Hungerstreikenden ihr weiteres Hungern an die Entscheidungsfindung des Kanzlers binden, versuchen sie doch ganz klar, genau diese Kausalität zwischen seinem Handeln und ihrem möglichen Tod zu konstruieren. Man MUSS sich dieses Konstrukt nicht zu eigen machen, aber "aliquid haeret", selbst wenn man einigermaßen nüchtern dazu steht - umso mehr für einen auf ein demokratisches Mandat angewiesenen Politiker, dessen Amtsführung nicht nur von seiner eigenen moralischen Bewertung abhängt.

        • @Normalo:

          Wenn man jemanden überfährt, hat man ein schlechtes Gewissen. Auch wenn ein Gericht feststellt, dass man nicht schuld ist.

          Wenn jemand absichtlich verhungert, hat man kein schlechtes Gewissen. Er braucht ja einfach nur zu essen.

          Mit der Drohung "Ich bring mich um." könnte ja jeder kommen. Es ist absurd, darauf einzugehen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Okay, wenn ein Mann also seiner Partnerin sagt: "Wenn du mich verlässt, dann bring ich mich um!", ist das Ihrer Logik nach keine Erpressung. Das ist definitiv eine Sichtweise. Ich halte sie allerdings für nicht sehr sinnvoll.

        • @Agarack:

          Natürlich ist da ein gewisser moralischer Druck. Aber sie kann natürlich sagen: "Dann bring Dich halt um. Habe ich wenigstens keinen weiteren Ärger mit dem Ex."

          Leider ist es in der Praxis so, dass Männer Erpressung beherrschen und lieber damit drohen, sie umzubringen. Und viel zu viele setzen es um.

    • @Jim Hawkins:

      Juristisch gesehen vermutlich Nötigung. Praktisch gesehen apokalyptisches Märtyrertum ohne jede Aussicht auf Erfolg.



      Aber das sind Spitzfindigkeiten. Selbst wenn Scholz sich auf die Forderungen einlassen würde, hätte es keinerlei Effekt auf den Klimawandel. Aber es hätte wohl enorme Auswirkungen für den demokratischen Rechtsstaat. Eine kleine radikale Gruppe, die mit so einer Aktion den Kanzler zu etwas drängen kann, würde ihn gegenüber der Opposition und vor Allem den Rechten komplett enteiern. Er wäre nicht mehr haltbar, es wäre das Ende der Ampel.



      Ob den Leuten die Konsequenzen überhaupt klar oder völlig wurscht sind, da bin ich mir nicht sicher.

      • @Deep South:

        "Enteiern"? Was wollten Sie eigentlich schreiben?

        • @Uranus:

          Ich vermute mal, es handelt sich um vulgo für "emaskulieren".

        • @Uranus:

          Ja, die Komplexitäten blumiger Sprache. Man muss wohl einfach so ein (zur Not ein paar politische Unkorrektheiten ausbügelndes) Gefühl dafür haben...

          ...aber "wurscht" verstehen Sie schon? ;-)