Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Merkel hat wieder einmal gut überlegt, Friedrich Merz ist zwar Designer- aber nicht Wunschkandidat und über Russland wird laut geschwiegen.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bayern dementiert Pläne, die Bundesliga zu verlassen.
Und was wird besser in dieser?
SC Freiburg verstößt 1:1 gegen die Menschenwürde, Bayern denkt noch mal nach.
Angela Merkel hat angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren. Was werden Sie an ihr vermissen?
Sie wird auch die Kanzlerschaft ablegen, sobald der oder die neue Parteivorsitzende für sich oder andere den Kanzlerbonus bei der Bundestagswahl reklamiert. Genau diese gut überlegten, im Voraus berechneten Züge wird man vermissen. Also das Gegenteil von Trump, Erdoğan, Orban, Kaczyński, Strache, Salvini, Johnson.
Und jetzt: die Neuen! Friedrich Merz ist zurück. Wer war das noch mal?
Merkelmärtyrer, er saß wie Barbarossa, also Friedrich I., 15 Jahre im Kyffhäuser und ließ seinen Bart durch den Tisch wachsen, bis Deutschland ihn riefe. Das gibt eine schöne Anti-Establishment-Legende, die besonders gern vorgetanzt wird von Leuten, die maximal etabliert sind. Ansonsten grault er den Grünen mehr Unionswähler zu, als er von FDP und AfD holen würde. Dazu Chefheuschrecke und Cum-Ex-Perte: ein Designerkandidat für die Linke.
Oder skandiert Pegida in Zukunft vielleicht doch „Kramp-Karrenbauer muss weg“?
AKK darf sich nicht anmerkeln lassen, dass sie Wunschkandidatin der Chefin ist. Merz wird ebenso verwischen wollen, dass er beim Stichwort „Sozialpolitik“ hilflos zum Dolmetscher guckt. Jedenfalls: Merz würde als Parteivorsitzender Merkels „Alles in einer Hand“ zitieren und die Kanzlerkandidatur fordern. AKK könnte Laschet proklamieren. Beides wird die Union weiter schrumpfen; zur Mitte oder nach rechts.
Hacker haben in Frankreich Baupläne für Atomanlagen und Überwachungspläne eines Hochsicherheitsgefängnisses gestohlen. Was macht man denn mit so was?
Sich bewerben, als Datensicherheitsbeauftragter bei Atomanlagen und Gefängnissen. Oder, das wird gern genommen – man schiebt es hinterher Russen, Chinesen oder linken Aktivisten in die Schuhe. Der aktuelle Fall ergab sich bereits im Juli in Dortmund, als Innenministers Eingreiftruppe „Cybercrime NRW“ das Kulturzentrum „Langer August“ heimsuchte und behutsam demolierte. Dort können nichtkommerzielle Nutzer – Umweltverbände, Gewerkschaften, Antifa – Serverplätze mieten. Irgendjemand hat die Beute aus dem Ingérop-Hack dort gelagert. Offenbar nicht nur dort, denn diese Woche veröffentlichen SZ, NDR und Le Monde ihre Lesefrüchte. Im „Langen August“ nahm die Polizei auch Handys und Festplatten mit, die mit der Causa nix zu tun hatten. Und Plakate und Kartons von „Nazi-Watch“. Feiner Humor der Staatsgewalt: Der „Lange August“ heißt nach dem Aliasnamen des Dortmunder Widerstandskämpfers Kurt Schmidt.
In Großbritannien ermittelt die Polizei jetzt wegen Hassverbrechen gegen Mitglieder der Labour-Partei. In den letzten Monaten waren immer wieder antisemitische Äußerungen gemacht worden. Der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn als linker Posterboy – passt das noch?
Trampelplump verstolperte er früher als linker Spinner am Rand von Labour propalästinensische und antiisraelische Positionen. Inzwischen hat seine Partei die „Antisemitismus-Definition“ übernommen, die auch Deutschland teilt. Zum Konflikt gehört auch, dass man von Labour als traditionellem Hort der Minderheitenrechte besonders enttäuscht sein darf.
Die Nato veranstaltete diese Woche in Norwegen das größte Manöver seit dem Kalten Krieg – und Russland fühlt sich provoziert. Zu Recht?
Die Adresse „Russland“ wird im Manöverszenario mit maximaler Gefechtslautstärke verschwiegen. Es gehe vielmehr darum, zu zeigen, dass man einen Angriff auf ein Mitgliedsland sofort erfolgreich beantworten könne. „Trident Junction“ wurde seit Monaten vorbereitet, da kann der Russe ruhig schlafen. Vergleichsweise schnell ging es, Erwägungen zu beenden, Russland mit der Nato zu verbünden. Das war um 2010. Nun sind sie wieder unaussprechlich.
Am Montag eröffnete der türkische Präsident den vermutlich bald größten Flughafen der Welt. Er soll „Flughafen Istanbul“ heißen. Wäre Ihnen ein spannender Name eingefallen?
Der größte Flughafen der Türkei ist damit nicht mehr „Istanbul Atatürk“. Das ist für Erdoğan Namensspaß genug.
Und was machen die Borussen?
„Gast“ in Bayerns „Super-League“ ist wie Schmiere stehen beim Banküberfall.
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