„Wir haben es satt!“-Großdemo: Mit Kochtöpfen ins Regierungsviertel
Angeführt von einem Traktoren-Konvoi demonstrierten Zehntausende in Berlin für eine andere Landwirtschaft. Und für ein Glyphosat-Verbot.
Das Wirtschaftsministerium war bewusst als Zwischenstopp des Demonstrationszugs gewählt worden. Denn dort fand zum Auftakt der Landwirtschafts- und Ernährungsmesse „Grüne Woche“ eine internationale Agrarministerkonferenz statt. Schon morgens machten sich 160 mit ihren Traktoren aus ganz Deutschland angereiste LandwirtInnen auf den Weg dorthin, um den versammelten MinisterInnen eine Protestnote zu übergeben. Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, betonte: „Wir demonstrieren nicht gegen die internationale Agrarkonferenz, sondern wollen Botschaften überbringen.“ Diese lauteten zum Beispiel „Stoppt das weltweite Bauernsterben“, „Ja zur bäuerlichen Landwirtschaft“ oder „Glücklich ohne Glyphosat“ und waren auf Schildern an den Traktoren abzulesen.
Im Fokus der achten „Wir haben es satt!“-Demonstration stand der Pflanzenschutzmitteleinsatz in der Landwirtschaft. „Der Einstieg in die Agrarwende muss mit dem Ausstieg aus der Pestizid-Nutzung beginnen“, forderte Christoph Bautz, Geschäftsführer der Kampagnen-Plattform Campact, bei der Auftaktkundgebung vor dem Hauptbahnhof. Und machte auch gleich klar, wann dies geschehen solle: „2018 ist Schluss!“ Bautz und andere RednerInnen appellierten an SPD und CDU, bei den GroKo-Verhandlungen ein Glyphosat-Verbot zu beschließen. Damit liegen sie auf einer Linie mit dem Grünen-Europaparlamentarier Martin Häusling. Dieser hatte schon während der Vorstellung der Studie „Gift auf dem Acker? Innovativ geht anders!“ am Freitag in Berlin ein sofortiges Verbot von Glyphosat und den Neonikotinoiden gefordert. Und innerhalb der nächsten 20 Jahre solle ein genereller Ausstieg aus der „pestizidintensiven Landwirtschaft“ erfolgen, fügte er hinzu.
Auch wichtig war den DemonstrantInnen die Forderung nach einer Agrarpolitik, welche nicht Massentierhaltung, sondern artgerechte Haltung fördert. „Was in Ställen passiert, ist nicht mit dem Tierschutz vereinbar“, sagte der Berliner Justiz- und Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne) in seiner Rede. Das Land Berlin habe deshalb per Senatsbeschluss entschieden, die Vorschriften zur Schweinehaltung vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.
Dirk Behrendt, Justizsenator
Der Demonstrationszug, mit einem Traktoren-Konvoi an der Spitze, bewegte sich vom Hauptbahnhof durch das Regierungsviertel zum Brandenburger Tor. Und endete dort mit einer Abschlusskundgebung. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich 33.000 Menschen an der Demonstration, die Polizei spricht offiziell nur von „mehreren Zehntausend“. So oder so wurde damit die erwartete Teilnehmeranzahl von 10.000 weit übertroffen.
Auf Dialog statt Protest setzte dieses Jahr das „Wir machen euch satt“-Gegenbündnis. Und verzichtete auf eine Gegendemonstration. Stattdessen riefen die OrganisatorInnen unter dem Motto „Deutschland blüht auf“ zu einem bundesweiten Aktionstag auf.
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