Zulassung von Glyphosat: Amt schreibt bei Monsanto ab
Im Zulassungsverfahren für das Pestizid Glyphosat hat eine Behörde wichtige Passagen ohne Quellenangabe aus dem Antrag der Hersteller kopiert.
Die industrialisierte Landwirtschaft kommt ohne den etwa vom US-Konzern Monsanto produzierten Wirkstoff kaum aus. Das Pestizid wird auf rund 40 Prozent der deutschen Ackerfläche und in Gärten oder Grünanlagen gespritzt. Das zerstört die Nahrung von Lebewesen, was zum Aussterben von Tier- und Pflanzenarten beiträgt. Zudem finden sich Rückstände in Lebensmitteln.
Glyphosat ist auch ein Schlüssel zur Gentechnik. In Nord-und Südamerika etwa hat der Verbrauch stark zugenommen, weil die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen beliebig oft mit dem Stoff behandelt werden können. Die aktuelle EU-Zulassung läuft aber Ende des Jahres aus, wenn sie nicht wie von der EU-Kommission gewünscht um zehn Jahre verlängert wird.
Die Kommission stützt sich auf die Analysen ihrer Fachbehörden und damit indirekt auf die des deutschen BfR. Doch das hat zum Beispiel im Kapitel über das krebserzeugende Potenzial von Glyphosat ganze Abschnitte Wort für Wort aus dem Zulassungsantrag von Monsanto und anderen Herstellern übernommen. Dabei handelt es sich nicht nur um Zusammenfassungen von Studien, sondern ebenso um Bewertungen von kritischen Untersuchungen als „nicht zuverlässig“ – und auch die Einschätzung, dass nur „wenige haltbare Verbindungen zu einem spezifischen Krebsergebnis ziehen“. Mit keinem Wort erwähnt das BfR, dass es sich hier in Wirklichkeit um ein Zitat der Hersteller handelt.
Zweifel an Glaubwürdigkeit
Bereits bekannt war, dass das BfR die Beschreibungen und Bewertungen der Untersuchungen kopiert hat, die die Hersteller selbst in Auftrag gegeben haben. Allerdings gibt es hier Quellenangaben und als solche gekennzeichnete eigene Kommentare des BfR.
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und Grüne bezweifeln nun die Glaubwürdigkeit des gesamten Gutachtens. „Eine Glyphosat-Neuzulassung kann es auf Basis dieser Plagiats-Risikobewertung jetzt nicht mehr geben“, erklären Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, und ihr Gentechnik-Sprecher Harald Ebner. „Es kann nicht sein, dass eine Zulassungsbehörde einseitig aus Gutachten einer Seite abschreibt und dies nicht einmal kennzeichnet.“
Wenn das BfR nur kopiere, komme es seiner Aufgabe einer unabhängigen Risikobewertung nicht nach, teilte der Verein Umweltinstitut München mit: „Wir fordern jetzt personelle Konsequenzen an der Spitze der Bundesbehörde. BfR-Präsident Andreas Hensel sollte seinen Hut nehmen.“ Nur durch einen Neuanfang könne das Amt wieder Vertrauen gewinnen.
Das BfR beharrte in einer Stellungnahme darauf, dass es alle Studien „sorgfältig und detailliert in eigener Verantwortung geprüft und bewertet“ habe. „Das gesetzlich vorgegebene Verfahren zur Wirkstoffgenehmigung auf EU-Ebene sieht explizit vor, dass von den Antragstellern Studienzusammenfassungen vorzulegen sind.“ Die Inhaltsangaben der von der Industrie beauftragten Analysen habe das BfR „berichtet“ und in kursiver Schrift kommentiert. Darauf, dass Quellenangaben und eigene Kommentare zu den unabhängigen Studien fehlen, ging die Behörde nicht ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus