Rassismus nach Art der CSU: Mentale Mauern
Joachim Herrmann beweist im Fernsehen, wie rassistisch viele Bayern ticken. Ausbürgerung wäre eine Lösung. Doch damit ist es nicht getan.
Die Sachsen haben wir durch. Dass dort besonders viel Pack unterwegs ist, nun ja, man hat sich beinahe daran gewöhnt. Es ist eben dunkel da drüben. Die Sachsen sind halt anders. Ansonsten ist ja alles prima und hell in Deutschland. Halt, nein, die Bayern, die gehören auch nicht zum hellen Deutschland. Beinahe im Wochentakt sondert ein Vertreter der bayerischen Staatspartei CSU irgendeine Abscheulichkeit zum Thema Flüchtlinge ab. Finstere Reden sind das, die da geschwungen werden.
CSU-General Dr. prag Andreas Scheuer sieht 60 Millionen Menschen auf dem Weg nach Deutschland, für Bayerns Heimatminister Markus Söder befindet sich das schöne Bayern längst im „Katastrophenmodus“, und wie oft Staats- und Parteichef Seehofer schon gesagt hat, das Deutschland nicht das Sozialamt der Welt ist, möchte man am liebsten nicht nachzählen. Den Vogel der Woche hat Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister, am Montagabend in Frank Plasbergs Radautalkshow „Hart aber fair“ abgeschossen, indem er den Schlagerheini als „wunderbaren Neger“ bezeichnet hat.
Wo werden sie nur gezüchtet, mag man sich fragen, jene Bayern, für die viele Flüchtlinge nur Sozialschmarotzer sind, die sich in Bayern mit dem viel zu hohen Taschengeld für Asylsuchende (143 Euro im Monat) eine goldene Nase verdienen wollen? Wo ist das Bergwerk, in dem dieses merkwürdige Genmaterial gewonnen wird, das die Hirne bayerischer CSUler so nachhaltig verknotet? Unter dem Schutt der abgetragenen Nibelungenhalle von Passau? Unter den Bierkellern der bayerischen Großbrauereien? In der Gruft von Rott am Inn, in der sich das Grab von Franz Josef Strauß befindet? Wie sind die Herren Herrmann, Seehofer, Scheuer und Söder zu dem geworden, was sie sind – zu launigen Hetzern?
In ihrer ewigen Mia-san-mia-Besoffenheit träumen sie von einem abgeschotteten Bayern. Sie ziehen mentale Mauern hoch, die kein Flüchtling so schnell wird überwinden können. Und das ist es, was Joachim Herrmanns Äußerung über Roberto Blanco, neben der rassistischen Entgleisung, die sie zweifelsohne darstellt, so geschmacklos macht. Das ist es auch, was die Politik der CSU bisweilen beinahe unappetitlich macht. Für die ist schnell ein Motto gefunden: Das Mia entscheidet. Und wie schwer es ist, von der CSU zum Mia dazugezählt zu werden, das wurde bei Herrmanns Auftritt bei „Hart aber fair“ nur allzu deutlich.
Caramba-Hits mit Bierzelttauglichkeit
Wenn einer der Flüchtlinge dereinst Caramba-Hits mit Bierzelttauglichkeit am besten noch in Tracht und natürlich in deutscher Sprache trällert, ja, dann kann es schon sein, dass er akzeptiert wird. Oder wenn es einer von anderswo in den Kader des FC Bayern schafft, ja, dann darf er auch „wunderbar“ genannt werden. Auch dieses irrwitzige Beispiel hat Herrmann am Montag angeführt. Ein „farbiger“ (Herrmann) Bayernprofi kann es also schaffen, die Mauer zum Mia zu überwinden. Beinahe jeder Grenzzaun der Welt ist durchlässiger als der Heimatwall, den die CSU aufgeschüttet hat.
Schon lange wundert sich niemand mehr, dass die CSU ein Einwanderungsgesetz mit aller Kraft zu verhindern versucht. Man hat sich an die Menschensortierer aus München gewöhnt. Sie bestimmen das Bild, das man sich im Rest Deutschlands von den Bajuwaren macht. Und schon sind wir wieder beim Pegida-Land Sachsen. „Weg damit!“, hat ein Witzbold vor Kurzem gefordert und hunderttausendfache Zustimmung geerntet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass demnächst jemand lautstark den Bayxit fordert, weil er nicht mehr behelligt werden will von den gedanklichen Niederungen der bayerischen Regierungspolitiker. Doch ganz so einfach sollte man es sich nicht machen.
Genauso wie es in Sachsen ein ganz spezielles Problem mit Rassismus gibt, gibt es ein solches in Bayern, weshalb gewiss nicht alle Sachsen und Bayern Rassisten sind. Doch nur wer das Problem als solches erkennt, kann sich an eine Lösung machen. Ein Wegsortieren aus einem angeblichen Helldeutschland in ein Dunkeldeutschland, das am besten gar nicht zu Deutschland gehören sollte, hilft da nicht weiter.
Und für das Problem Joachim Herrmann gibt es ohnehin nur eine Lösung: Rücktritt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch