Merkel trifft geflüchtetes Mädchen: Heult doch!
Ein freundliches Mädchen fordert Angela Merkel heraus. Die Botschaft der Kanzlerin: Wir schieben Dich ab. Selten ist Politik so ehrlich.
Streicheln, das wird ja gemeinhin unterschätzt. Angela Merkel hat ein Mädchen gestreichelt. Allerdings: Es war nun wahrlich kein Akt der Liebe, es war nur ein Akt der Verzweiflung. Was die deutsche Bundeskanzlerin dem Mädchen mit anderen Worten zuvor gesagt hat, war: „Wir schieben dich ab.“
So hart kann Politik sein und eines muss der Kanzlerin hoch angerechnet werden: Dass sie dies erstens selbst gesagt hat – und dass sie, zweitens, direkt im Anschluss veranschaulicht hat, wie hart diese Politik auch wirklich ist. Ein Schulmädchen hatte Merkel im Rahmen einer sogenannten Dialog-Offensive der Bundeskanzlerin (Motto: “Gut leben in Deutschland“) zuvor auf ihre eigene Situation hingewiesen.
In perfektem Deutsch hatte das Mädchen, das offenbar von der Abschiebung bedroht ist, von ihren Zielen und Träumen erzählt und dass sie so gern später studieren würde. „Es ist unangenehm zuzusehen, wie andere das Leben genießen können und man es selber nicht mitgenießen kann“, sagte sie. Es war zum Dahinschmelzen.
Angela Merkel antwortete – bis das Mädchen weinte. Denn die Botschaft der Kanzlerin lautete: „Was wäre denn, wenn plötzlich alle kämen? Wir haben hier keinen Platz für Euch.“
Empfohlener externer Inhalt
Das hat sie so nicht gesagt, aber sie hat es, für jeden nachvollziehbar, so gemeint. Dieser Ausdruckstanz, der für ein Deutschland steht, für das wir uns schämen sollten, war ebenso ehrlich wie abscheulich. „Gut leben in Deutschland? Nur Du nicht.“
Angela Merkel sagte dann noch einen bemerkenswerten Satz: „Deshalb möchte ich sie trotzdem einmal streicheln.“ Das ließe sich natürlich kommentieren, aber wahr ist: Es steht so sehr für sich, dass es traurig macht. Mehr hat dieses schäbige Land nicht zu bieten. Danke dafür!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei