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Neue Asylregeln für BalkanländerGrüne erleichtern Abschiebungen

Der Bundesrat hat der Asylrechtsreform zugestimmt. Das grün-rot-regierte Baden-Württemberg trug den Kompromiss mit. Die Grünen sind gespalten.

Flüchtlinge vom Balkan können künftig schneller in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden: Asylunterkunft in München Bild: dpa

BERLIN taz/afp/dpa | Der Bundesrat hat am Freitag der Änderung des Asylrechts zugestimmt. Umstritten war bis zuletzt vor allem die Erweiterung der Liste der so genannten sicheren Herkunftsländer um drei Staaten des westlichen Balkans. Möglich wurde die Zustimmung durch das Ja auch des grün-rot-regierten Baden-Württembergs, nachdem die Bundesregierung Erleichterungen in anderen Bereichen des Asylrechts zugesichert hatte, besonders bei der sogenannten Residenzpflicht und der Möglichkeit der Arbeitsaufnahme.

Nach Informationen der taz war im Parteirat der Grünen bis spät in den Abend „lautstark“ gestritten worden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll der grünen Verhandlungsführung mit der Bundesregierung mit seiner Position in den Rücken gefallen sein, hieß es aus Parteikreisen.

Auf Bundesebene hatten Vorstand und Parteirat der Grünen den Asylkompromiss am Donnerstagabend noch zurückgewiesen. In einem Beschluss heißt es: „Eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten löst keines der Probleme der deutschen Flüchtlingspolitik.“ Und weiter: „Es ist zynisch, wenn Union und SPD die Asylsuchenden aus dem westlichen Balkan für die Situation in den Kommunen verantwortlich machen.“ Der Beschluss sei einstimmig gefallen, twitterte Parteichefin Simone Peter am Abend.

Der Beschluss gesteht den Ländern allerdings eine abweichende Meinung zu. Es heißt: „Unabhängig von dieser Position respektieren wir, wenn grün-mitregierte Länder in ihren Kabinetten zu einer anderen Abwägung kommen sollten.“

Den Worten folgen andere Taten

Baden-Württemberg habe sich mit der Entscheidung nicht leicht getan. „Wir sind aber der Meinung, dass wir aufgrund der tatsächlich erreichten Verbesserungen für die Lage der Flüchtlinge einen Kompromiss mittragen können“, hieß es.

Bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung seien substanzielle Verbesserungen für die Situation der Flüchtlinge rausgeholt worden, verlautete aus Parteikreisen. So werde die Residenzpflicht für Flüchtlinge abgeschafft. Asylbewerber sind dann nicht mehr gezwungen, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Auch könnten Flüchtlinge künftig einfacher und schneller Arbeit aufnehmen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte seine Entscheidung am Freitag in einem sechsseitigen Schreiben. Darin heißt es: „Wir wissen um die Diskriminierung und Ausgrenzung von Roma in den Staaten des westlichen Balkans. Wir wissen um die Drangsalierungen, denen homosexuellen Menschen dort ausgesetzt sind.“ Eine „relevante Entlastung der Aufnahmestellen und der Kommunen“ durch die erleichterte Abschiebung in die Balkanstaaten „muss bezweifelt werden“. Dass er dem Kompromiss dennoch zustimme, begründete Kretschmann mit der Zusage der Bundesregierung, die Lage für Flüchtlinge zu verbessern. Dafür hätten die Grünen „teilweise seit Jahren“ gekämpft.

Gegen diese Aufweichung des Asylrechts hatten sich prominente Grüne beider Parteiflügel öffentlich positioniert. Der ehemalige Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin, warnte im taz-Interview: „Es darf keinen Kompromiss geben, der den Gemeinden nicht die Erleichterung bringt, die sie eigentlich brauchen, und der eine nicht akzeptable Menschenrechtssituation für nicht existent erklärt.“

Auch die aktuelle Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mahnte, es dürfte keinen „Deal“ auf Kosten des Asylrechts geben: „Mit dem Konzept der sicheren Herkunftsländer erweckt die Bundesregierung bewusst den falschen Eindruck, sie könnte die Zuwanderung aus dem Westbalkan stoppen und Engpässe bei der Unterbringung in den Ländern und Kommunen auflösen.“ Nun stehen weite Teile der Partei düpiert da.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 12.04 Uhr.

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49 Kommentare

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  • Kretschmann war ein Griff ins Klo, ganz von Anfang an. Bsp.: auch im Fall von Stuttgart21 ist er eingeknickt, hat sich unglaubwürdig gemacht und nichts hat sich verändert - da hätte Mappus auch ruhig bleiben können, böse gesagt. Kretschmann ist nichts anderes als ein grün verkleideter Schwarzer.

    • @MOTZARELLA:

      Sie haben aber schon mal davon gehört, dass es über Stuttgart 21 eine Volksabstimmung mit klarem Ergebnis gegeben hat, die auch ein grüner Ministerpräsident nicht ignorieren kann?

  • An der Sozialisierung der Roma sind bereits die damals noch sozialistischen Herkunftsländer gescheitert, noch jede Infrastrukturmassnahme wurde dort damals binnen kurzer Zeit in die Grütze gefahren, Schulmobiliar zum Heizen verwendet usw. usf.

    Und wir wollen es der Welt mal wieder exemplarisch vormachen, wie das geht, mit dem Neuen Menschen in der idealen Gesellschaft? Am deutschen Wesen soll die Welt genesen?

    Ich kann eben nicht nachvollziehen, warum man sich hier noch zusätzlich ohne Not einen Sack Probleme aufhalsen möchte, den man, wenn überhaupt, nur über viele Generationen lösen kann.

     

    Als kleine atmosphärische Schilderung, als kurzer Kontakt mit der Wirklichkeit vielleicht folgender Link:

    http://www.welt.de/kultur/article12158567/So-sind-sie-halt-die-Zigeuner.html

    • @Camaxtli:

      Auch, wenn ich es normalerweise ablehne, unverlangt gepostete Links zu lesen, habe ich es diesmal gemacht und habe etwas anderes finden können wie Sie behaupten. Denn dort steht:

      "Unstrittig ist, dass die Roma nach dem Untergang des Sozialismus von den Gesetzen des freien Marktes entwurzelt und ins soziale Elend katapultiert wurden. Bulgarische Schmiede und Verzinner haben keine Chance gegen billige Blechtöpfe aus China."

       

      D.h., solange es in den Ostblockstaaten noch Planwirtschaft mit Protektionismus gab, war da wohl mehr möglich gewesen zur Integration.

      Mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU haben sich auch die Wähler in der Bundesrepublik immer wieder für eine Wirtschaftsform ausgesprochen, die Wanderarbeit bzw. nomadische Lebenskultur bei Arbeitnehmern fördern soll.

       

      Entweder müssen wir uns den Problemen mit nomadischem Leben stellen, weil wir selber bald so leben müssen, wenn wir Arbeit bekommen wollen oder wir müssen uns auf eine andere Form des Wirtschaftens einstellen, in dem Seßhaftigkeit eine Möglichkeit darstellt.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Camaxtli:

      Hier geht´s aber einzig und allein um die Frage, was sichere Herkunftsländer sind und nicht darum, ob jemand im Winter einen alten Tisch verfeuert hat.

       

      Im Übrigen läßt sich der im Welt-Artikel beklagte Habitus vor allem bei unseren Landsleuten in der ehemaligen DDR beobachten: Keiner ist selbst schuld an seiner Misere, jeder ist nur Opfer, vorhandene Infrastruktur wird runtergewirtschaftet, Schnaps und Bier als Trost und Betäubung - und die werden nicht mal diskriminiert in der ehemaligen DDR, im Gegenteil, die veranstalten noch Pogrome gegen Flüchtlinge wie damals in Lichtenhagen.

       

      Also immer erst mal schön vor der eigenen - deutschen - Haustür fegen.

    • @Camaxtli:

      Vielen Dank für den Link. Ein sehr lesenswerter und ausgesprochen objektiver Artikel, der die Probleme wirklich mal von verschiedenen Warten aus beleuchtet und sich nicht auf einfache Schlagworte beschränkt.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Camaxtli:

      Lieber 1000 Roma im Land als 1 Neonazi.

  • ...klar hat der Kretschmann einen scharfen Verstand, aber er ist Grüner mit 1 schwarzen Auge und auf dem andern ist er blind !!! Die Grünen werden solange mit Merkel gehn...wie die Lemminge - bis alle über die AfD Klippe springen, ab 20% und dann im politischen Meer ersaufen !!!

  • Ich bin froh, dass Herr Kretschmann mit klugem Blick und scharfem Verstand tut, was schon lange überfällig war: Richtig Politik machen und zupacken, wo es nötig war - schon lange nötig war. Seit Monaten schwelt die Debatte, seit Montagen weiß jedes Kind, dass das Thema auf der Agenda stehen wird und seit Monaten fällt der Partei nix ein - außer: Wir sind dagegen. Weder wird realistisch diskutiert, noch verantwortlich gehandelt. Und Leute - mal ganz ehrlich: Was soll dieser Mist mit den Roma? Das Problem dieser Ethnie ist auf diesem Politikfeld nicht zu lösen. Das weiß jede/r, der sich ein ganz winziges bisschen mit der Thematik auskennt. Die öffentliche Diskussion ist weder offen, noch ehrlich geführt worden. Ich jedenfalls fühle mich schon schwer vereimert ... Noch einmal: Vielen Dank an Herrn Kretschmann, der sich keinesfalls zum Büttel der Regierungskoalition gemacht hat!

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @cocainrausch:

      Ähem... eigentlich hat der Kretschmann ja genau die Linie der Regierungskoalition unterstützt....

       

      Aber is ja egal, der rechte Rand braucht Heldenfiguren, und wenn es grade mal ein Grüner ist.

    • @cocainrausch:

      Nomen est Omen.

       

      "Noch einmal: Vielen Dank an Herrn Kretschmann, der sich keinesfalls zum Büttel der Regierungskoalition gemacht hat!"

       

      Ach, und wessen Büttel denn sonst?

       

      Des braunen Pöbels vielleicht?

       

      Noch schlimmer.

  • Respekt für das verantwortungsbewusste Handeln von Herrn Kretschmann! Er hat sicher auch die letzten LT-Wahlen verfolgt und gesehen, dass die Grünen dort ganz knapp über der 5% gelandet sind. Eine Verweigerung hätte sicher dazu beigetragen, dass die Grünen der FDP ins Nirwana folgen. Denn der FDP hat die Sturheit bei der Eurorettung die Existenz gekostet.

  • Hypermoraldiskurse im luftleeren Raum - immer wieder schön zu beobachten.

  • Was soll jetzt diese Empörung über Kretschmann bringen?

    Hätte er es nicht gemacht, wären andere grüne Landesregierungen umgefallen.

     

    Interessanter ist doch, dass Antiziganismus bei den Grünen eine lange Tradition hat schon seit den Ausfällen von Cohn-Bendit damals als Frankfurter Dezernent gegenüber den Roma.

    Angebracht wäre mal eine genauere Analyse, warum gerade dieser Bevölkerungsgruppe von Seiten der Grünen immer schon weniger Solidarität gegenüber gebracht wurde wie anderen Migranten. Sofern sie nicht muslimisch waren, traf dieser grüne Rassismus ganze Bevölkerungen aus dem Balkan bis hin zu einem Krieg gegen diese.

    Wenn man das nicht weiter verfolgt, sondern weiter meint, Grüne hätten mit Rassismus nix am Hut, kann man sich die ganze Debatte sparen.

    • @Age Krüger:

      Das fand ich wichtig zu erwähnen: "Angebracht wäre mal eine genauere Analyse, warum gerade dieser Bevölkerungsgruppe seitens der GRÜNEN schon immer weniger Solidarität entgegengebracht wurde (...),

      traf dieser grüne Rassismus ganze Bevölkerungen aus dem Balkan - bis hin zum Krieg gegen diese."

      STIMMT!

      Es stimmt aber genauso, daß es bei Nicht-GRÜNEN anders sei (an LINKSNORMAL).

      Nur daß die GRÜNEN einmal für ganz andere Ideale angetreten sind. Inzwischen sind sie etabliert, haben längst ihre Seele verkauft.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      "Angebracht wäre mal eine genauere Analyse, warum gerade dieser Bevölkerungsgruppe von Seiten der Grünen immer schon weniger Solidarität gegenüber gebracht wurde wie anderen Migranten."

       

      Hm. Ist das bei Nicht-Grünen anders?

      • @90191 (Profil gelöscht):

        Nee, aber bei anderen Migrantengruppen oder auch anderen Minderheiten tritt das haben Nicht-Grüne viel mehr Ressentiments wie die Grünen, nur eben bei Romas und der Bevölkerung vom Balkan (wenn eben nicht muslimisch) sind die Grünen schon mehr als wie in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

         

        Das wundert mich eben.

        • 9G
          90191 (Profil gelöscht)
          @Age Krüger:

          Ach so, Sie wollen also gerne, daß die Grünen so antimuslimisch werden wie alle Anderen. Sagen Sie´s doch gleich.

  • Das Schreiben von Kretschmann ist ein Witz und setzt dem ganzen noch die Krone auf. "Nach einer der heftigsten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in Deutschland

    wurde 1993 das Grundrecht auf Asyl

    – unter anderem durch die Einführung des Instituts der Sicheren Herkunftsstaaten - beschränkt. Ich hielt und halte diese Einschränkung für falsch."

     

    Und warum genau, lieber Herr Kretschmann, stimmen Sie jetzt genau FÜR die sicheren herkunftsstaaten. Etwas ähnlich unlogisches habe ich selten erlebt, das ist nicht nur politischer Verrat, es ist auch noch völlig bescheuert.

    • @Dubiosos:

      Hallo? Du erwartest von einem Politiker ne kompetente Entscheidung?

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Dubiosos:

      Ja, gell, der Herr Kretschmann hat viel gelernt von seinem großen, weiblichen politischen Vorbild - nein, nicht Hannah Arendt, sondern Angela Merkel. LGNPCK!

  • 8G
    8545 (Profil gelöscht)

    Ein Gesetz, erlassen um Sinti und Roma noch weiter auszugrenzen als bisher und zu kriminalisieren.

    Kein Wunder, dass kaum Grünen-Wähler zur AFD wechseln.

     

    AFD auf Fahrrädern!

  • Das kommt dem Ja zum Krieg gegen Serbien gleich! Die Grünen zerlegen sich mal wieder ohne Not selbst.

     

    Nie wieder Grün!

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Dhimitry:

      "Nie wieder Grün!"

       

      Gab genug Leute, die Ende 2010 eindringlichst davor gewarnt haben, die Eigeninititative der Stuttgarter Protestbewegung gegen grüne Wahllügen zu verhökern. Aber es hat sich gezeigt, daß die Protetsbewegung eben zu großen Teilen vom spießig-konservativen Bürgertum geprägt und dementsprechend naiv und leicht einzulullen war. Die dachten ernsthaft, die Grünen würden ihnen die Widerstandsarbeit abnehmen, sobald sie regieren.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Aha, über die Sicherheit der Herkunftsländer entscheidet also nicht länger die Realität vor Ort, sondern das, was der grünroten Machtgeilheit im Ländle entgegenkommt.

     

    Widerlich, diese erneute schamlose Anbiederung der Schwabengrünen an den sehr breiten rechten Rand der CDU.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    S21-Befürworter und Atomkraftlobbyist Kretschmann und seine Schwabengrünen: Es darf in Baden-Württemberg rechts von den Grünen nichts geben!

     

    Und die rote Integrationsministerin? Fühlt sich offenbar nur für die Belange ihrer türkischen Landsleute zuständig, der Rest kann wohl zur Hölle fahren.

     

    Grün-Rote in Baden-Württemberg stärken den braunen Stammtisch und überholen die AfD rechts.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      War das jetzt ernstgemeint oder doch nur eine Wortmeldung vom linken Stammtisch?

  • Pfui Deibel..... manchmal wird mir bei den Aktionen der neuen MöchtegernFDP einfach nur sauübel. Wählbar sind sie leider schon länger nicht mehr.... die allerletzten Krümmel grünen Geistes haben sich schon ne Weile verzogen. Ekelhaft.

  • Das wird sich rächen, weil es hier nur um eine Etappe geht. Langfristig will die gesamte EU keine Armutswanderungsbewegungen und keine echte Freizügogkeit. Schon gar keine Asylbewerber aus Europa aufnehmen, die viel Geld kosten, aber wenig bringen, jedenfalls kurzfristig. Damit wird an einem humanitären, hohen Wert gesägt. Die SPD hat das Spiel auch schon mal mitgemacht und das hat sich nicht ausgezahlt. Dabei hat es immer Alternativen gegeben. Hier ja auch. Nur über die wurde nicht mal gesprochen, kaum geschrieben.

    • D
      D.J.
      @Andreas_2020:

      Jezt mal unter uns: Meinen Sie tatsächlich, die Macher des Grundgesetzes hätten 1949 mit dem Satz "politisch Verfolgte genießen Asyl" an ganze europäische Volksgruppen gedacht, die aufgrund diverser beruflicher Benachteiligungen hierher kommen? Glauben Sie das?

      • @D.J.:

        Darum geht es überhaupt nicht, wenn man die Balkanstaaten zu sicheren Drittstaaten erklärt. Damit will man sich die Mühe ersparen, überhaupt prüfen zu müssen, ob jemand, der von dort bzw. über diese Staaten kommt, einer politischen Verfolgung unterliegt.

        • @Max Mutzke:

          Als das Asylrecht 1949 ins Grundgesetz aufgenommen worden ist, geschah das auch vor dem Hintergrund der persönlichen Erfahrung einiger Abgeordneter. An Armutsmigration ausgerechnet nach Deutschland hat damals niemand gedacht.

          Ich habe den Eindruck, dass viele hier zwischen Diskriminierung und Verfolgung nicht unterscheiden möchten. Natürlich gibt gerade in Süd- und Osteuropa vielfältige Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung oder aus ethnischen Gründen. Aber das ist eben noch keine Verfolgung. Akzeptiert man aber die bloße Diskriminierung als Fluchtgrund, wird das Ganze allein schon deshalb uferlos, weil es sich in der Regel nicht mehr vernünftig überprüfen lässt.

          Bei der jetzt getroffenen Regelung geht es vor allem um die Frage, wie man mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen umgeht, die ganz offensichtlich nicht aus politischen Gründen nach Deutschland kommen. Unter der Dauer der Asylverfahren leiden nämlich alle Beteiligten. Diejenigen, die sich jetzt lauthals empören, sollten vielleicht ehrlicherweise zugeben, dass es ihnen um ein Bleiberecht für alle geht, egal aus welchen Gründen.

          • @Schalamow:

            Wer zwischen Diskriminierung und Verfolgung "unterscheiden" will, unterscheidet letztendlich zwischen Pest und Cholera.

             

            Bei einer Vergangenheit, in der 6 Millionen fabrikmäßig ermordet wurden, sind solche pseudo-akademischen Erbsenzählereien einfach nur abstoßend.

             

            "Von den erfassten rund 40.000 deutschen und österreichischen Sinti und Roma wurden über 25.000 ermordet. Insgesamt fielen geschätzte 220.000 bis 500.000 Sinti und Roma dem Rassenwahn der Nationalsozialisten und dem an ihnen systematisch geplanten Völkermord zum Opfer."

             

            https://www.dhm.de/lemo/kapitel/zweiter-weltkrieg/holocaust/sintiroma/

          • 8G
            8545 (Profil gelöscht)
            @Schalamow:

            Roma sind ab jetzt Illegale in Deutschland.

            Immerhin werden Sie nicht mehr vergast, wie früher...

             

            Da werden Einige im Grab rotieren "vor dem Hintergrund der persönlichen Erfahrung einiger Abgeordneter"

            • @8545 (Profil gelöscht):

              Roma sind ab jetzt Illegale??

              Wie kommen Sie denn darauf? Falscher Film?

            • @8545 (Profil gelöscht):

              Wiese begründet die Verfolgung von Roma im "Dritten Reich" die freie Einreise heute, wenn keine politische Verfolgung vorliegt?

          • 3G
            3784 (Profil gelöscht)
            @Schalamow:

            @Schalamow

            Höchst interessant, Ihre Interpretation über die Motive der Verfassungsväter. Na, da können die Ungarn, die dem jüdischen Glauben angehören, so diese überhaupt sich dort heute noch aufhalten, ja von Glück reden, dass Ungarn Mitglied der EU ist, und damit nicht als sogenannte „Armutsmigranten“ (gemäß Ihrer Behauptung) in ein sicheres Drittland abgeschoben werden können.

            Folge ich Ihren Behauptungen, die sich als Argumente zu tarnen wissen, dann brauchen sich die Verfassungsväter nicht im Grab umzudrehen, denn Sie übergaben damals ihre Gedanken Ihnen, und sie konnten sie daher für diese konsequent weiterspinnen. Wie hier zu lesen ist. Masel tov, Herr Schalamow.

            • @3784 (Profil gelöscht):

              Ist mir da irgenein Gegenargument entgangen oder haben Sie gar keines?

              Dass man 1949 Armutswanderungen im Sinn hatte, ist mir nämlich tatsächlich neu. Aber ich bin ja gar nicht so, Sie können gerne Argumente nachreichen, wenn Sie denn welche haben. Vielleicht kennen Sie sogar Literatur, die uns über die Motive der Verfassungsväter aufklärt?

               

              Der Antisemitismus in Ungarn ist mir keineswegs entgangen und ich neige auch nicht dazu, ihn zu verharmlosen. Ungarische Juden, die um ihr Leben oder ihre Gesundheit fürchten, haben selbstverständlich Anspruch auf Asyl, aber noch kann ich einen bevorstehenden Genozid nicht erkennen.

               

              Aber in dieser Debatte geht es um Armutsflüchtlinge, die ein Recht für sich in Anspruch nehmen möchten, das für politisch Verfolgte gedacht ist. Und einen konstruktiven Beitrag dazu kann ich Ihren Ausführungen nicht entnehmen. Aber ich nehme mal an, Sie gehören ohnehin zu jener Gruppe, auf die der letzte Satz meines Beitrags gemünzt war, möchten das dann aber doch lieber nicht so deutlich sagen.

              • @Schalamow:

                zu den motiven der gründungseltern lese man http://www.zeit.de/1989/08/politisch-verfolgte-geniessen-asylrecht/komplettansicht

                armutsflüchtlinge - eine wortschöpfung, auf die man 1949 eher nicht gekommen wäre - waren da noch bei den politisch verfolgten inbegriffen.

                • 3G
                  3784 (Profil gelöscht)
                  @christine rölke-sommer:

                  Vielen Dank für die Recherche und den Link auf diesen ausgesprochen informativen Artikel!

  • 8G
    88862 (Profil gelöscht)

    Abschaffung der Residenzpflicht und erleichterter und schnellerer Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge - das haben wir nun doch offensichtlich den Grünen zu verdanken, oder?

  • Gott sei Dank bin ich aus diesem Verein schon vor 12 Jahren ausgetreten. Ich hoffe, dass viele Noch-Mitglieder der grünen Partei nun zu vielen Ex-Mitgliedern werden.

  • Die Grünen machen es sich eigentlich immer "unheimlich schwer", bevor sie einknicken. Ob Krieg, Sozialabbau oder Asylrechtsverschärfung, am Ende wird man den (angeblichen) eigenen Ansprüchen nie gerecht, nachdem man aber wenigstens zuvor "hart mit sich gerungen" hat.

    • @Max Mutzke:

      Schön wäre es, wenn - aunahmsweise mal - die Grünen es sich unheimlich schwer machen, bevor sie NICHT einknicken. Aber das ist - das zeigt die Erfahrung - zu viel verlangt. Einknicken ist inzwischen das Alleinstellungsmerkmal der Grünen.

  • Wundert sich noch jemand darüber nach völkerrechtswidrigem Angriffskrieg und einem landläufig nach einem verurteilten Straftäter benannten Sozialgesetz?

  • Schulterzuck ... Die Grünen. Alles wie immer.

  • Der Gesetzentwurf von CDU/SPD ist ein Witz. Er verhindert in keiner Weise, dass jeder einreisen und behaupten kann, er sei ein Asylbewerber. Man muß den tatsächlich Verfolgten helfen und zwar besser. Dazu gehört auch - dieses ist eine berechtigte Forderung der AfD - dass Asylbewerber zeitnah eine Arbeit aufnehmen dürfen