zuwanderung: Wahlkampf macht munter
Das ist selten: Menschen, die öffentliche Ämter anstreben oder innehaben, sagen laut, deutlich und verständlich, was sie meinen. So selten, dass wir hier gerne zweimal Klartext zum Entwurf von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) für ein Einwanderungsgesetz wiederholen:
„Lieber kein Gesetz als dieses“ (Wolfgang Wieland, grüner Justizsenator).
„Eine Partei, die nur einen Funken Humanität hat und einigermaßen bei Sinnen ist, kann so einen Entwurf nicht akzeptieren“ (Hartwig Berger, grüner Abgeordneter).
Kommentar von ROBIN ALEXANDER
Warum ziehen ausgerechnet die Berliner Grünen mit solcher Verve gegen Otto Schily, wo es doch nicht um eine landespolitische Frage geht? Die Antwort: In der Hauptstadt wird bald gewählt. Und den wahlkämpfenden Grünen scheint eher als anderswo aufzufallen, dass der Schily-Entwurf niemanden zur Stimmabgabe für die Grünen motiviert.
Und wenn schon die Zuständigen in der grünen Bundestagsfraktion keine Drohkulisse aufbauen wollen, dann muss eben Wolfgang Wieland die Partei republikweit wachrütteln.
Das Einwanderungsgesetz, mit dem die Grünen einmal eine eigene Programmatik verwirklichen und Punkte sammeln wollten, ist zum Problem für die Grünen geworden. Das hat nicht nur der traditionell eher linke Landesverband in Berlin registriert, sondern auch die GAL in Hamburg. Da wird auch bald gewählt.
In Berlin gesellt sich ein weiteres Problem für die Grünen hinzu. Ein Problem mit drei Buchstaben: PDS. Eine Partei, der das Neinsagen als Außenseiter besonders leicht fällt. Beim Einwanderungsgesetz können die Grünen nun zeigen, dass sich Regierungsverantwortung mit Klartext verträgt.
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