zahl der woche : Schlechter Service im Zug: Lizenz weg
Au revoir, Connex
Großbritanniens Bahnprivatisierung liegt in Scherben, nachdem Connex vorige Woche die Lizenz entzogen wurde. Der französische Konzern, der als als schärfster Konkurrent der Deutschen Bahn AG gilt, war eine der größten privaten Eisenbahngesellschaften in Großbritannien. Er betrieb die Strecken zwischen London und dem Südosten Englands.
Eigentlich sollte der Vertrag noch drei Jahre laufen. Es ist das erste Mal, dass die Bahnaufsichtsbehörde einer Bahngesellschaft vorzeitig kündigt. Olivier Brousse, der Geschäftsführer von Connex, war schockiert. Erboste Passagiere hatten ihm bei einer Aussprache in London schon voriges Jahr erklärt, er sei nicht Mal in der Lage, eine Fischbude zu führen. Allein im Januar musste Connex 1,6 Millionen Pfund Strafe für unzureichenden Service zahlen.
Connex betreibt 1.800 Züge am Tag und befördert 132 Millionen Passagiere im Jahr. Für die meisten sind die Reisen ein Albtraum. Manchmal erfahren sie erst in letzter Sekunde, von welchem Gleis ihr Zug abfährt. Die Waggons sind verdreckt und im Berufsverkehr überfüllt. Ein Fünftel aller Züge ist verspätet, manche fahren gar nicht. Die Entschuldigungen werden immer bizarrer. Waren zunächst Blätter auf den Gleisen verantwortlich, so hieß es neulich, der Lokführer sei während der Fahrt von Flöhen zerbissen worden. Des Öfteren verlor Connex unterwegs Teile seiner Züge, weil die Anhängerkupplungen verrottet waren. Einmal musste der Eurostar von Brüssel nach London seine Geschwindigkeit drosseln, um bei der Suche nach vier verschwundenen Waggons zu helfen.
Die Aufsichtsbehörde für die Eisenbahnen begründete den Lizenzentzug allerdings nicht mit dem miserablen Service, da es sonst auch andere privater Bahnunternehmen treffen müsste. Man warf Connex schlechtes Finanzmanagement vor. Das Unternehmen hatte im vergangenen Dezember 58 Millionen Pfund Subventionen mit der Auflage kassiert, die Effizienz zu verbessern. Stattdessen verlangte Connex vor kurzem weitere 200 Millionen Pfund.
Auch die anderen Bahnbetreiber betteln ständig bei der Behörde. Viele sehen im Fall Connex nun einen ersten Schritt zur Renationalisierung der Bahn. Doch die Aufsichtsbehörde betont, sie werde den Betrieb nur vorübergehend übernehmen und im nächsten Jahr einen neuen Interessenten suchen, der sein Glück versuchen darf. RALF SOTSCHECK