zahl der woche: Tiefstand beim Kakaopreis
Schokolade ins Feuer
Die afrikanischen Kakaobauern packt die Panik: Der Weltmarktpreis für Kakabohnen ist auf einen Tiefstand gefallen. Pro Tonne bekommen sie nur noch rund 800 Dollar, das ist nicht mehr als vor 27 Jahren. Das Höchste, was vor mehreren Jahren mal als Preis erzielt wurde, waren 1.794 Dollar pro Tonne. Die afrikanischen Kakaoproduzenten – zu ihnen zählen zwei der größten Anbauländer, die Elfenbeinküste und Ghana – wollen deshalb das Angebot künstlich verknappen. Auf einer Tagung in der ghanaischen Hauptstadt Accra diese Woche diskutierten sie, ob man 250.000 Tonnen der Ernte dafür lagern oder verbrennen soll.
Der Kakaopreis war, wie der Kaffeepreis, nie besonders hoch und nie stabil, aber der Preisverfall des vergangenen Jahres ist ungewöhnlich. Selbst Entwicklungshilfemininisterin Heidemarie Wieczorek-Zeul äußerte Sorge. Gründe für den Preisverfall gibt es viele. So haben die Elfenbeinküste, Ghana und Indonesien, nachdem der Preis zu Beginn der 90er-Jahre stark gestiegen war, neue Plantagen angelegt, wo die Pflanzen nun im wahrsten Sinne des Wortes Früchte tragen. 1999 kam es dadurch zu einer Rekordernte. Gute Witterungsbedingungen trugen ebenfalls dazu bei. Mit der Angebotssteigerung gingen allerdings, für die Produzenten unvorhersehbar, die Finanzkrisen in den Abnehmerländern einher. Wer nichts hat, wird am schnellsten auf Luxus wie Schokolade verzichten: In Russland und Asien sank die Nachfrage in Folge der Krisen dramatisch, Verarbeiter des Rohkakaos mussten aufgeben. So steht dem gestiegenen Angebot eine sinkende Nachfrage gegenüber.
Seit Frühjahr gibt es zudem einen weiteren Grund für eine sinkende Nachfrage. Damals beschloss die Europäische Kommission, die europaweiten Regelungen zu Schokoladeningredenzien zu harmonisieren. Seitdem dürfen alle Produzenten der Süßigkeit das Kakaofett teilweise durch andere Fette ersetzen, darunter Palmöl, Mangokernöl und Borneo-Talg. Das führte zu einem Aufschrei bei den Kakaobauern, die um ihren Absatz fürchten.
Eine Möglichkeit, den Absatz der Schokolade – wovon die Deutschen pro Person im Durchschnitt immerhin knapp acht Kilo pro Jahr verputzen – zu erhalten und Gewinn zu machen, wäre die eigene Herstellung, aber dem ist durch die Zolltarife ein Riegel vorgeschoben. Auf dem Import von Schokolade nach Europa liegt ein Zoll, auf dem von Rohkakao nicht. So baut die Elfenbeinküste, weltweit größter Produzent, rund 1,1 Millionen Tonnen Kakao an, verarbeitet aber nur ein Fünftel davon. Ob die Länder mit einer eigenen Schokolade neben Konzernen wie Nestlé, die Millionen in das Marketing stecken, auf dem europäischen oder dem US-Markt überhaupt konkurrenzfähig wären, ist eine andere Frage. Nestlé jedenfalls profitiert von dem sinkenden Preis mit höheren Gewinnen.
Einen kleinen Prozentsatz der Bauern interessiert die Diskussion um Weltmarktpreise weniger: Wer unter dem Dach einer Organisation des fairen Handels anbaut, kann nicht nur mit besseren, sondern vor allem mit stabilen Preisen rechnen. MAIKE RADEMAKER
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