zahl der woche: Wie die Inflationsrate schöngerechnet wird
Diätsorgen
Wer schon mal eine Diät gemacht hat, der weiß, dass man sich am besten morgens vor dem Duschen nackt auf die Waage stellt: Das bringt Erfolgserlebnisse. Ebenso wie Luft anhalten oder sich leicht am Waschbeckenrand aufstützen. Wer dann noch zu viel wiegt, kaufe sich eine neue Wage.
Ähnlich wie die Hüftkurve lässt sich auch die Inflationsrate schlankrechnen. Man vergleiche nur einmal Euro-Land mit den USA: 2,5 Prozent beträgt derzeit die Inflation in Deutschland, so viel wie seit 1994 nicht mehr. In der gesamten Euro-Zone liegt die Rate noch etwas höher. Für die Europäische Zentralbank Anlass, die Zinsen zu erhöhen.
In den USA liegt die Inflation bei fast 3,5 Prozent – kein Grund zur Zinserhöhung, befanden die Ökonomen der amerikanischen Zentralbank (Fed) erst Anfang Oktober. Denn nicht eine zu lasche Geldpolitik ist schuld an der Preissteigerung, sondern die falsche Messweise, meint Fed-Chef Greenspan. Bislang hat die Fed, wie die EZB auch, die Inflation mit einem Verbraucherpreisindex gemessen. Dazu stellt sie einen Warenkorb für eine Durchschnittsfamilie zusammen, den sie jeden Monat neu berechnet.
Weil dreieinhalb Prozent Inflation nun aber doch zu viel des Guten sind, stellten die Amerikaner ihre Inflationsberechnung kurzerhand auf einen persönlichen Konsumausgaben-Index um. Der basiert auf der Annahme, dass Verbraucher teurere durch billigere Ware ersetzen: Wenn etwa der Preis für Schweinefleisch steigt, wird mehr Rind gegessen. Folglich steigen die Lebenshaltungskosten langsamer. Schon sinkt die US-Inflationsrate ganz von selbst auf 1,8 Prozent ...
Was derzeit allerdings den Währungshütern besonderes Kopfzerbrechen bereitet, sind die hohen Ölpreise. Kein Problem: Als diese nach der Krise 1974 enorm stiegen, schmiss die Fed sie kurzerhand aus dem Index.
Unser Tip: Ist der Hintern zu dick, sollten Sie sich vielleicht mal mit dem Bauch auf die Waage legen. KATHARINA KOUFEN
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