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zahl der wocheDas Bevölkerungswachstum trägt dazu bei, dass immer mehr Arten vom Aussterben bedroht sind

Immer mehr immer größere Fußabdrücke

„Kondome retten Regenwald“ – eine eigentümliche Nachricht verbreiteten die Naturschutzstiftung WWF und die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) gestern in Berlin. Die Aufklärung: „Das Artensterben ist heute etwa 1.000-mal schneller als in Zeiten, in denen der Mensch nicht in die Natur eingegriffen hat“, sagte DSW-Geschäftsführer Hans Fleisch. Eine der Hauptursachen für die Zerstörung von Lebensräumen sei das rapide Bevölkerungswachstum. Verhütung und Familienplanung könnten Abhilfe schaffen. Die Nachweise dafür liefert eine gestern von den beiden Organisationen gemeinsam vorgestellte Studie über den Zusammenhang zwischen Artensterben und Bevölkerungswachstum.

In vielen artenreichen Gebieten ist das Wachstum besonders hoch. „Selbst im Vergleich zu anderen Entwicklungsregionen“, sagt Fleisch. Familienplanung ist ein Fremdwort, Kondome gibt es schon gar nicht. Die Folgen: Mehr Menschen brauchen mehr Feuerholz, größere Felder – so dreht sich die Spirale. Dass dabei oft Regenwald vernichtet wird, sei den hungrigen Menschen zu Recht erst einmal egal, sagt Fleisch: „Die möchten am nächsten Tag satt werden. Ob in 100 Jahren eine Art ausstirbt, spielt da keine Rolle.“

Das Wachstum geht rapide weiter: 77 Millionen Menschen kommen jährlich hinzu. Davon 99 Prozent in Entwicklungsländern. Säuglingssterblichkeit, Aids und andere Seuchen schon eingerechnet.

Gleichzeitig werde der „ökologische Fußabdruck“ immer größer, sagte Georg Schwede, Artenschutzexperte des WWF. Das ist die Fläche, die notwendig ist, um den Ressourcenverbrauch eines Menschen zu decken. Immer mehr Menschen nehmen also auch noch überproportional mehr Natur in Anspruch.

Dabei ist gegen das Wachstum der Bevölkerung einfacher vorzugehen, so DSW-Geschäftsführer Fleisch: „Da reicht ein vergleichsweise geringer finanzieller Aufwand. Es muss nur ein politischer Wille da sein.“ Und der fehle häufig. Die betroffenen Menschen seien dagegen meistens willig: „Unsere Mitarbeiter müssen Kondome und Infomaterial von Dächern aus verteilen. Aus Sicherheitsgründen, so groß ist der Andrang“, so Fleisch.

Die Umweltschützer und Bevölkerungsexperten erwarten sich nun für die Zukunft eine gehaltvollere Zusammenarbeit. „Wir haben hier einen neuen, integrativen Ansatz zwischen Umweltschutz und Entwicklungspolitik“, erklärte WWF-Experte Schwede. Eine nachhaltige Entwicklung sei nur möglich, wenn man beides in Zukunft verbinde. Der WWF möchte dafür neue Partner gewinnen. Ein Projekt hat die Naturschutzstiftung bereits mit der Weltbank begonnen: Gemeinsam mit den Bankern wollen die Naturschützer den Regenwald retten.

CONSTANTIN VOGT

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