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zahl der wocheKampf gegen den Hunger im Schneckentempo

Vielleicht in 60 Jahren

Viele Menschen hecheln ihren Zielen hinterher, und viele Menschen erreichen ihre Ziele nie. Trotzdem ist es sinnvoll, die Latte ruhig etwas höher zu legen. Regierungschefs tun das auch, vielleicht weil sie glauben, ihre Worte würden dadurch verbindlicher. Peinlich wird es, wenn die Latte außer Sichtweite gerät, wie beim UN-Milleniumsgipfel in New York: Die Staatengemeinschaft nahm sich vor, bis 2015 die Zahl der Hungernden zu halbieren. Seitdem sind noch nicht ganz zwei Jahre vergangen – und schon jetzt ist klar: Es dauert nicht 13, sondern 60 Jahre, bis das Ziel erreicht ist, wenn das eingeschlagene Tempo beibehalten wird.

Rund 815 Millionen Menschen leiden dauerhaft an Hunger. Zwei Drittel von ihnen leben auf dem Land und hängen von der Landwirtschaft ab. Hartwig de Haen von der UN-Nahrungsmittelorganisation FAO meint deshalb, die reichen Länder müssten mehr Geld aus ihren Entwicklungsbudgets in die Landwirtschaft der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas stecken. „Die Entwicklungshilfe für die Landwirtschaft ist in den Neunzigerjahren um 49 Prozent gesunken“, kritisiert Hartwig de Haen.

Rund 30 Milliarden Dollar mehr müssten pro Jahr in den Agrarsektor der Entwicklungsländer investiert werden, um das 2015-Ziel zu erreichen. „Die Hälfte könnte von der internationalen Gemeinschaft kommen, die andere Hälfte sollten die Länder selbst aufbringen“, so de Haen.

Der volkswirtschaftliche Nutzen wäre um ein Vielfaches höher als die Investition selbst, rechnet de Haen vor: Gut ernährte Menschen arbeiten besser, satte Kinder lernen konzentrierter und werden nicht so häufig krank. Pro Jahr, so hat die FAO errechnet, entstünde aus den gesparten Gesundheits- und Bildungskosten sowie durch die höhere Produktivität ein Nutzen von 120 Milliarden Dollar.

Entwicklungsverbände wie FIAN (Food First Information and Action Network) unterstützen die Forderung nach mehr Geld für die Landwirtschaft. FIAN kritisiert jedoch, dass sich die Hilfe „zu wenig an kleinbäuerlichen Strukturen orientiert“, so FIAN-Mitarbieter Paul Buntzel gestern zur taz. Denn: „Eines der Hauptprobleme ist die ungerechte Landverteilung.“

KATHARINA KOUFEN

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