wortwechsel: Staatsfonds, Zukunft der Rente, Beamtenpensionen
Das Rentenpaket ist durch, die Diskussionen davor waren nötig – das nennt man Demokratie. Aber vieles aus der Debatte ist noch ungeklärt
„Auf die falschen Fragen in der Debatte um die Rente folgen falsche Antworten“, „Rente mit Schmerzen“, „Die Rente ist durch“, „Kommentar zum Gerangel um das Rentenpaket: Reißt euch zusammen!“
taz seit Ende November
Lohnersatzleistung
Den Sozialstaat können wir uns nicht mehr leisten. Doch die Rente wurde eingeführt als „Lohnersatzleistung“, also die Rente soll das letzte bezogen Monatsgehalt ungekürzt ersetzen, damit es für ein Leben in Würde bis zum Ende reicht. Die Haltelinie von 48 Prozent der gesetzlichen Rente liegt damit weiter unter der Mindestpension eines Beamten von 70 Prozent. Gibt es im Alter Menschen von erster und zweiter Klasse? Das ist der Kampf von den jungen CDUlern gegen den Rest der Rentenbezieher, die im Rentensystem jetzt und in Zukunft gleich behandelt werden. Dieser Art der innerparteilichen Profilierung, bei einer Abstimmung im Bundestag mit den Schlagzeilen in der Presse glänzen zu wollen, ist völlig daneben gegriffen.
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
Staatsfonds
Kanzler Merz und die CDU fördern im Sinne wohlhabender Interessengruppen die Finanzwirtschaft. Ihr Ziel ist es, auch weniger vermögende Bürger dem Kapitalmarkt „zuzuführen“ und aus berechtigter Angst vor Altersarmut zum Kauf teurer Finanzprodukte zur sogenannten Altersvorsorge zu bewegen. Der Finanzmarkt explodiert bereits in diesem lukrativen Bereich. Der vorgeschlagene Staatsfonds ist nicht mit den nordischen staatsfinanzierten Kapitalanlagen als Bestandteil der Rente vergleichbar. Der Vorschlag ist geradezu „Blackrock-konform“ maßgeschneidert und wird genutzt, um der Finanzwirtschaft zu dienen. Tatsächlich profitieren nur wenige, versierte oder professionelle Anleger und vor allem institutionelle Investoren von den hohen Finanzierungskosten, die die weniger versierten Anleger leisten. Ohne grundlegende Reformen steigt die durchschnittliche Rente in Deutschland kaum. Die Einführung eines flexiblen, kapitalgedeckten Systems nach schwedischem Vorbild könnte die Rentenhöhe deutlich verbessern und gleichzeitig die Nachhaltigkeit sichern. Eine solche Reform erfordert jedoch Mut zur Komplexität, präzise Anpassungsmechanismen und eine gesellschaftliche Debatte, die über einfache Demagogie hinausgeht. Die aktuelle politische Zurückhaltung und die einseitige Förderung kapitalmarktorientierter Modelle wie des „Blackrock-konformen“ Staatsfonds gefährden die soziale Sicherheit zukünftiger Generationen.
M. L., Berlin
Das ist Demokratie
Ist die Rente sicher? Norbert Blüm hatte das mal von sich gegeben. Nun steht ein neues Rentengesetz vor der Verabschiedung. Glaubt man den Medien, steht dadurch die schwarz-rote Koalition vor dem Aus. Und alles, weil sich 18 Abgeordnete der Jungen Union gegen diesen Entwurf stellen. Sie erwägen, der Mutterpartei nicht zu folgen. Es gab eine Probeabstimmung, um Reihen zu schließen und Vertrauen zu schöpfen. Der Blätterwald rauscht mächtig, Hinz und Kunz werden interviewt, Teufel werden an die Wand gemalt. Dabei ist das, was da parteiintern geschieht, nichts anderes als politischer Alltag. Und man nennt es DEMOKRATIE! Diese Regierungsform zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass man konstruktiv streitet, dass man abwägt, nach Kompromissen sucht und am Ende eine Entscheidung fällt, die von allen getragen wird. Wir sollten froh sein, dass so etwas in unserem Land möglich ist und alle gehört werden. In anderen Staaten werden Leute, die nicht linientreu sind oder eigene Aspekte berücksichtigt haben wollen (…), mit Fahrzeugen ohne Scheiben abgeholt und in Gefängnisse gesteckt.
Achim Bothmann, Hannover
Woher kommt das Geld?
Frau Walter ignoriert das Demografieproblem, wenn sie denkt, dass auch ein junger Mensch sich über eine hohe Rente im Alter freut. Sie übersieht die Finanzierungsseite. Woher soll das Geld kommen, wenn ein Arbeitnehmer 2 oder 3 Rentner im Umlageverfahren mit nur ca. 20 Prozent seines Einkommens finanzieren soll oder aus dem Bundeshaushalt, der jetzt schon kaum Spielräume hat? Warum erklären fast alle Ökonomen und Rentenfachleute, dass das System ohne Handlungen zu platzen droht, wenn nicht gehandelt wird? Kurt Klaus
Beamtenpensionen
Ich halte das für eine Nebelkerze, die von der nötigen Umverteilung von oben nach unten ablenkt. Ein paar Fakten, die bei dieser Diskussion oft übersehen werden: Bei den Gehältern von Beamten gibt es keinen Rentenanteil, d. h. der*die Beamte muss keinen Beitrag zur Rentenversicherung zahlen und der Arbeitgeber auch nicht, denn statt der Rente gibt es ja die Pension. Wäre dem nicht so, müsste der Staat jeden Monat 18,6 Prozent mehr Gehalt an Beamte auszahlen. Das bedeutet, dass das Geld für die Pensionen nicht komplett gespart würde, sondern es würde als Teil der laufenden Gehälter berechnet und dann in die Rentensysteme eingezahlt. Diese Einwürfe spielen auch immer mit dem Klischee von viel verdienenden und faul rumsitzenden Beamten. Man sollte dabei aber auch bedenken, dass Polizist*innen und Feuerwehrmenschen ebenfalls Beamte sind und dass diese unterbezahlt sind, wie jüngst ein Gericht für Berlin feststellte. Die Besoldungspakete für Lehrer*innen und Professor*innen sind natürlich über dem Durchschnitt dessen, was man in Deutschland verdient, aber bei Professor*innen, in Abhängigkeit vom Fachgebiet und Verhandlungsgeschick, auch immer noch unterhalb dessen, was man in der Industrie in entsprechender Position verdient. Was man eigentlich tun müsste, ist, hohe Einkommen und Vermögen und Erbschaften zu versteuern. Dann würden hohe Beamte auch einen entsprechen höheren Teil am Gesamtaufkommen leisten und Polizist*innen und Feuerwehrbeamte wäre davon nicht betroffen. Aus diesen Steuern könnten dann Renten und Gesundheitsleistungen bezahlt werden.
Stefan Müller, Berlin
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