wortwechsel: Planet der Profiteure – Pflege? Who cares!
Die Alten, die Kranken sind nur ein „Sektor“ im Gesundheitswesen Sie wurden zu einem Schlachtfeld der Bürokratie degradiert. Wer kämpft noch für eine würdevolle Behandlung?
„Pflegegrad 1 soll abgeschafft werden. Dann müssen (wieder) die Frauen ran. Die Bundesregierung erwägt, den Pflegegrad 1 abzuschaffen. Damit will sie Kosten sparen. Es könnte am Ende aber teuer werden“,
taz Kommentar vom 4. 10.. 25
„Das ist sozialpolitischer Vandalismus, Herr Merz“
Pflegebedürftigkeit beginnt in der Regel mit einem Nachlassen der Kräfte. Die Betroffenen schaffen als Erstes die schwereren Arbeiten im Haushalt nicht mehr. Wird ihnen der Entlastungsbetrag des Pflegegrads 1 gestrichen, können sie im Fall von Bedürftigkeit für die entsprechenden Hilfen im Haushalt nicht mehr bezahlen, womit dann oftmals der Weg in die Unselbstständigkeit und Überforderung beginnt und in die manifeste Pflegebedürftigkeit mündet.
Die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung sollte aufgegeben werden, sodass auch Gutverdiener zur Beitragszahlung herangezogen werden.
Heute leben rund 86 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen daheim und erhalten Hilfe und Unterstützung von ihren An- und Zugehörigen. Diese Arbeit wird zu etwa 61 Prozent von Frauen geleistet, die deswegen oftmals ihre Berufstätigkeit einschränken oder aufgeben, damit auf einen Teil ihres Einkommens verzichten und somit später selbst eine deutlich geringere Rente erhalten.
Barbara Heidrich, Hannover
Guten Tag Herr Merz und Frau Warken! Ich schreibe Ihnen mit viel Zorn im Herzen und großer Erschöpfung. Mit Zorn, weil Sie das Rückgrat verlieren, wo Rückgrat am nötigsten wäre. Meine Mutter hatte 13 Jahre Alzheimer. 13 Jahre, in denen Liebe, Verantwortung und Verzweiflung täglich nebeneinander saßen. 13 Jahre, in denen Pflege nicht einfach „Arbeit“ war, sondern Leben. Und natürlich begann alles mit Pflegegrad 1, das war der schmale, rettende Faden, um meine Mutter in ihrer vertrauten Umgebung zu halten. Und jetzt wollen Sie diesen Faden kappen. Für Hunderttausende Familien. Mit einem Federstrich. Das ist sozialpolitischer Vandalismus, im Maßanzug und mit Power-Point-Präsentationen. 131 Euro im Monat, das ist Ihnen zu teuer. Während sich die Regierung im Juli die eigenen Aufwandsentschädigungen um 606 Euro erhöht. Katja Hausner
Der eigentliche Skandal ist, dass diese „Reform“ nichts verändert und auch keine nennenswerten Summen einsparen wird – es geht ausschließlich um Symbolik. Falsch ist das angenommene Szenario dass Menschen, denen der PG 1 aberkannt wird, dann in eine Pflegeeinrichtung umziehen müssen, vom Sozialamt finanziert. Das Sozialamt übernimmt keine Leistungen für Menschen ohne Pflegegrad, auch jetzt schon nicht bei PG 1 – denn Menschen mit PG 1 haben per Definition keinen Pflegebedarf, warum sollte also die nachrangige Leistungsstelle (Sozialamt) eine Leistung finanzieren, wenn die vorrangige Stelle (Pflegekasse) festgestellt hat, dass diese Leistung gar nicht nötig ist?
Name ist der Redaktion bekannt
„CDU plant Wunderheilung für 863.000 Pflegefälle Geniale Idee aus dem Gesundheitsministerium: Hunderttausende werden plötzlich wieder kerngesund – aber leider nur auf dem Papier“, taz vom 30. 9. 25
Eine Regierung, deren Name aus „christlich“ und „sozial“ besteht, produziert Ideen, die einem normal denkenden Menschen Gänsehaut bescheren. Das Kalkül ist so klar wie durchschaubar – diese Menschen haben keine Lobby, die wehren sich nicht, so wie Personen, die Grundsicherung erhalten, sich auch nicht wehren. Den Rotstift an den Schwächsten einer Gesellschaft anzusetzen, wird sich langfristig negativ auswirken. Und wozu braucht es 90 verschiedene Krankenkassen inklusive eigenem Verwaltungsapparat?!
Tanja Hiort, Seevetal
Nach Jesus und Till Eulenspiegel endlich mal wieder eine Wunderheilung! Und diesmal sogar durch eine römisch-katholische Frau! Nina Ingrid sei Dank!
Peter Janssen, Hamburg
Ich empfehle unserer Ministerin das Filmwerk „Die überleben wollen“ von Richard Fleischer aus dem Jahr 1973. Den Film gibt es bei Amazon für 7,89 Euro als CD unter dem Namen „Soylent Green“.
Ulrike Dajcman, Bad Boll
„Fragwürdige Kontrolle. Kameras in der Wohnung von Demenzkranken bedeuten einen massiven Eingriff in ihre Privatsphäre. Und sie fördern die zwischenmenschliche Distanz“,
taz Kommentar vom 29. 9. 25
Was der Artikel aus meiner Sicht völlig unterschätzt: Nur, wenn es Angehörigen gut geht, können sie für die Demenz-Erkrankten da sein. Die Betreuung eines Angehörigen bedeutet darüber hinaus ja neben der Nettozeit, die man mit ihm/ihr verbringt, noch unendlich viel Zeit an Organisation mit Ärzten, Medikamenten, Hilfsmitteln, Versicherungskontakte und oft Versicherungsärger.
Mein Mann ist demenzkrank, Pflegestufe 4, letztes Stadium, noch mobil. Und ja, er hat schon lange einen GPS-Tracker, mit dem ich es ihm ermögliche, alleine spazieren zu gehen … und ich kann ihn nach 60 bis 90 Minuten einsammeln, da er nicht mehr alleine nach Hause findet. Gerade Menschen, die Ehepartner:innen betreuen und 24/7 zuständig sind, brauchen Auszeiten. Und wenn eine Videoüberwachung dafür die nötige Ruhe bringt, dann sollte man das nicht so verurteilen, wie Sie das in Ihrem Artikel tun.
Gabriele Gummel, Haan
Ich bin Ur-Berlinerin, langjährige Altenpflegerin und Angehörigenpflegerin. Ihr Bericht sticht in mein Herz, bei all der Gewalt in der Pflege, die ich erlebt habe – Sie haben doch keine Ahnung, was alles passiert. Blaue Flecken an Klienten, Medikamente werden nur auf dem Tisch abgestellt, Anschreien, besonders bei Demenz, Fälschung von Protokollen, Patienten verdursten … aber natürlich reden die Heime sich meist raus.
Nichts ändert sich.
Kameras wünsche ich mir sehnlichst in Einrichtungen und Wohnungen, dann wären die Patienten sicherer.
Claudia Trappe, Ostseebad Dierhagen
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