wortwechsel: Weniger Glitzer, mehr Verantwortung bitte
Der Kommentar zum Kölner CSD mit seiner Kritik an den hypersexualisierten cis Gays hat in der queeren Community viel Zuspruch bekommen.

Halbnackte Partyvögel
wochentaz vom 31. 5.–6. 6. 25
Als lesbische Frau, die gern als ganz normale Bürgerin wahrgenommen werden will, bin ich dem Verfasser dieses Artikels sehr dankbar. Ein ernsthafterer Demo-Charakter hätte der Kölner CSD-Parade angesichts der weltweiten Verfolgung queerer Menschen sowieso schon immer gut angestanden. Und inzwischen bestärken wir mit dem Stereotyp vom halbnackten Partyvogel auch noch die Feindbilder und Argumente der AfD.
Das erste Mal, dass ich als Teenagerin unfreiwillig männliche Genitalien zu Gesicht bekam, habe ich einem mutmaßlich schwulen Paradeteilnehmer zu verdanken, der es lustig fand, im Schottenkostüm Rad zu schlagen. Auch angesichts der mitfeiernden Familien mit Kindern war ich darüber schockiert. Solche Szenen machen es schwierig, den Vorwurf der „Frühsexualisierung“ aus dem rechtsextremen Lager einfach als Repressalie abzutun. Etwas mehr Verantwortungsbewusstsein in der Community wäre prima.
Anna Damert, Eitorf-Merten
Zuschauer provozieren
wochentaz vom 31. 5.–6. 6. 25
Hallo Dennis, besser als mit deinen Worten hätte ich den Zustand in der Szene, was die CSDs betrifft, nicht beschreiben können!
Ich war bei den ersten CSDs Anfang der 80er in Köln dabei, beim ersten Mal waren es gut 40 Leute an einem sogenannten langen Samstag. Wir wurden alle von der Polizei aus Mannschaftswagen heimlich fotografiert :-) Seit gut 10 Jahren mache ich nicht mehr mit; die Teilnehmer lassen oftmals nix aus, um die Zuschauer zu provozieren. Die Rechnung zahlt dann später ein Mitglied der queeren Community, das alleine an der Bahnhaltestelle krankenhausreif oder totgeschlagen wird. Ich bin es leid, die Teilnehmer darauf hinzuweisen, dass ihr Verhalten nicht okay ist. Danke dir für den hervorragenden Beitrag! Grüße aus Köln
Johann Hans, Köln
Bestätigung von Vorurteilen
wochentaz vom 31. 5.–6. 6. 25
Liebe Redaktion, wir finden die Titelblätter der taz ganz oft sehr gut und manchmal auch richtig genial.
Das Titelbild dieser Wochentaz schockiert uns allerdings: Wir verstehen die Absicht, die zur unpolitischen Glitzerparade verkommenen Großstadt-CSDs scharf zu kritisieren. Der Artikel von Dennis Chiponda trifft es ganz genau und löst hoffentlich eine Debatte aus.
Der Titel überschreitet Schamgrenzen und führt bei vielen, vor allem Älteren, zu einer Abwehr oder Bestätigung vorhandener Vorurteile gegen queere Menschen. Hätte das Titelbild nicht besser den kleinen politischen CSD mit einer wirklich vielfältigen Palette von Menschen und Statements gezeigt?
Alice und Regina Meyer
Nie wieder so ein Titelbild!
wochentaz vom 31. 5.–6. 6. 25
Der Artikel von Dennis Chiponda war längst überfällig, danke dafür! Ich fühle mich als Frau schon lange von dieser dominanten männlichen, vor allem sexualisierten Selbstdarstellung der CSD-queeren Teilnehmer abgestoßen. Dem CSD bleibe ich deshalb seit Jahren fern. Und ja, eigentlich war es zu Beginn ein Aufatmen, sich öffentlich zeigen zu können–zeigen, dass wir eben NICHT ANDERS sind.
Doch auch hier haben dominante Männer das (ihr) Ruder in die Hand genommen, haben eine Partyszene entwickelt und sich immer weiter zur Schau gestellt.
Ich mag es nicht, fühle mich verdrängt (wie so oft) und habe große Sorge beziehungsweise schon Gewissheit, dass diese „Verwechslung“ mit schwul-lesbischem und sonstigem queeren Leben bei den BetrachterInnen genau ins Gegenteil umschlägt: in Abscheu und die Bestätigung, dass man damit nichts zu tun haben möchte in der Gesellschaft.
Und bitte, nie wieder so ein furchtbares Titelbild! Denkt ihr auch an die Frauen, für die so eine männlich dominante sexualisierte Pose ein echtes Problem sein könnte? a woman (anonym)
Schreien vor Wut
„Raumfahrt sollte für alle da sein“,
wochentaz vom 24. 5.–30. 5. 25
Da fliegt ein Mensch in den Weltraum: Kosten: Mehrere Hundert Millionen US-Dollar. Der CO2-Ausstoß wird –in Tonnen – ähnlich sein. Auf der Erde: Menschen hungern; Energiewende kommt nicht voran; es muss gespart werden; man möge bitte den Bus nehmen oder das Fahrrad, um zur Arbeit zu kommen! Erkenntnisgewinn: Die Astronautin hatte „mega Spaß“, außerdem wissen wir jetzt, wie sich der weibliche Zyklus im Weltall verhält (weil ja sooo viele Frauen im Weltall unterwegs sind!) Die taz: zwei Seiten Interview mit der in jeder Hinsicht abgehobenen „Heldin“, die findet, dass noch viel mehr Menschen ins All fliegen sollten.
Ich könnte schreien vor Wut!
Norbert Maldener, Markt Indersdorf
Pflegearbeit bezahlen
„So bleibt es wieder an den Frauen hängen“, wochentaz vom 24. 5.–30. 5. 25
Schon heute ist es so, dass weit über 80 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause von Angehörigen gepflegt werden. Es droht also nicht, wie Sie vermuten, dass „Familienangehörige zu Pflegekräften mutieren“ sollen, sondern das sind sie längst. Neu ist die Idee, dass sie dafür Geld bekommen sollen.
Je nach der Schwere der Pflegebedürftigkeit werden von den pflegenden Angehörigen dafür täglich zwischen einer und mehr als sieben Stunden aufgewendet. Um das leisten zu können, wird oftmals die eigene Berufstätigkeit eingeschränkt oder ganz aufgegeben mit den entsprechenden ökonomischen Folgen, die Sie zutreffend beschreiben: Aufgabe der finanziellen Unabhängigkeit und Einbußen bei der späteren Rente.
Die professionelle Pflege leidet unter erheblichen Personalproblemen und muss immer öfter Heimplätze unbesetzt lassen und Nachfragen nach ambulanter Pflege abschlägig beantworten, weil nicht ausreichend Personal zur Verfügung steht. Das wird sich auch absehbar nicht wirklich bessern, denn die Boomer gehen in Rente und Nachwuchs steht im erforderlichen Ausmaß nicht zur Verfügung.
Insofern läuft auch Ihr Vorschlag für ein frei verfügbares Pflegegeld, mit dem man sich professionelle Pflege kaufen kann, ins Leere. Daher hat der Vorschlag, diejenigen, die eh die Pflegearbeit leisten, wenigstens dafür zu bezahlen, durchaus seine Berechtigung.
Barbara Heidrich, Hannover
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen