wortwechsel: Zu spät für ein AfD-Verbot? Abgrund für Deutschland
Am 2. Mai 2025 stufte der Verfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextrem“ ein. Das Innenministerium erhielt einen unveröffentlichten Bericht, 1.000 Seiten Begründung

„AfD ist gesichert rechtsextrem. Entnormalisiert diese Partei!“, taz vom 6. 5. 25
Das Urteil ist gefallen
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD basierend auf einem 1.100-seitigen Gutachten als rechtsextremistisch eingestuft, was erhebliche politische und rechtliche Folgen hat, darunter verstärkte Überwachung und mögliche Einschränkungen der öffentlichen Finanzierung. In den USA, insbesondere in konservativen Kreisen, wird die Einstufung der AfD als Angriff auf eine legitime Oppositionspartei verstanden – ähnlich der Selbstwahrnehmung konservativer Bewegungen in den USA. Viele Beiträge auf X zeigen eine ablehnende Haltung. US-Außenminister Marco Rubio kritisierte die Entscheidung in einem X-Post als „Tyrannei in Verkleidung“ und bezeichnete die deutschen Einwanderungspolitiken als extremistisch – nicht die AfD. David Cohnen
Ich kann mich gut erinnern, dass der Verfassungsschutz gerade von Linken und Grünen wegen der Abhängigkeit von der Regierung in der Vergangenheit sehr kritisch gesehen wurde und seine Abschaffung gefordert wurde. Der Verfassungsschutz ist ein Geheimdienst und ihm ist wie allen Geheimdienste mit äußerster Vorsicht zu begegnen. Insbesondere dann, wenn keine Belege für die Behauptung veröffentlicht werden. Piet Petersen
Ich denke, für ein Verbot ist es zu spät. Nicht nur sind 1–15 Prozent der Wähler inzwischen überzeugte Rechtsextremisten, mindestens nochmals so vielen sind Demokratie, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit letztlich egal, weil sie denken, deren Abschaffung hat keinerlei Auswirkungen auf ihr Leben. Das passiert, wenn man Bürger jahrzehntelang de facto auf neoliberale Konsumenten und Arbeitsdrohnen reduziert! Hessebub auf taz.de
„Hilflos rufen: Nazis!“
Die AfD ist eine (rechtsnationale) Protestpartei – Protest gegen alles, was gerade vermeintlich schiefläuft, ist das Programm. Da stehen deren Wähler drauf. Ausgrenzung und selbst ausgegrenzt werden, das gehört zu deren Markenkern. Wenn der Verfassungsschutz ruft „Rechtsextrem!“, dann ist selbst das egal. Ich halte derlei Vorschläge für geradezu töricht. Man macht das, was man seit Jahren macht: Hilflos rufen: „Nazis!“ Das stärkt die weiter! Tom Farmer
@Tom Farmer Das ist eine Verharmlosung sondergleichen! Eine Partei, die die wesentlichen Insignien des Faschismus in sich trägt, offen unsere freiheitliche Grundordnung in Frage stellt, sich autoritären, diktatorischen Strukturen und Systemen anbiedert, alle antisemitischen und fremdenfeindlichen Ressentiments bedient, ist keine Protestpartei!
Demokratischer Segler auf taz.de
Gefahr im Verzug?
In drei Bundesländern gilt die AfD bereits als gesichert rechtsextrem – und die Partei ist nur stärker geworden.
Marcelo auf taz.de
@Marcelo: Und was machen wir, wenn sie an die Macht kommt? Was glauben Sie, wie die mit ihren Gegnern umgehen?
Captain Hornblower auf taz.de
Wie die Geschichte zeigt, sind extremistische Bewegungen erst dann „ruhig“, wenn sie entweder verboten sind oder die Macht übernommen haben. Hirtengott auf taz.de
Mir ist aufgefallen, dass viele Zeitungen mittlerweile den vor allem von Rechtspopulisten benutzten Kampfbegriff „Altparteien“ übernommen haben und ihn ohne Anführungszeichen gebrauchen. Damit verfestigen und normalisieren sie die Vorstellung, die demokratischen Parteien seien morsch, verkommen, veraltet und die AfD hätte „immerhin“ das positiv konnotierte Merkmal, jung und frisch zu sein. Suryo auf taz.de
Ein Blick nach Belgien: Nachdem der rechtsextreme Vlaams Blok bei Regionalwahlen in Flandern fast ein Viertel der Stimmen holte, vereinbarten die anderen Parteien ein Cordon sanitaire. Auch ein Großteil der Medien schloss sich dem Boykott an. Die totale Isolation und Ausgrenzung bewirkte, dass die Partei mit einem nationalistischen und ausländerfeindlichen Wahlkampf bei den Europawahlen 2024 die meisten Stimmen aller Einzelparteien holte. Mit der simplen Strategie, sich als als Außenseiter und Opfer einer politischen „Elite“ darzustellen. Ein ähnliches Muster bei den Schwedendemokraten, im Ursprung eine reine Neonazipartei. Demokratien sind schlecht mit Ausgrenzung gefahren.
Was es braucht, sind Debatten und eine Politik, die sich in die Richtung der Wähler bewegt. Die dänischen Sozialdemokraten haben gezeigt, wie es gehen könnte.
Sam Spade auf taz.de
Was tun?
Die finanzkräftigen Unterstützer der AfD müssen geoutet werden. Ein Boykott wäre eine Antwort, die wehtut. Philippe Ressing
Der Verfassungsschutz bestätigte am 2. Mai 2025, was wir schon lange wissen: Die gesamte AfD missachtet und verletzt kontinuierlich die Menschenwürde verschiedenster Bevölkerungsgruppen und ist eine konkrete Gefahr für unsere Demokratie. Sie kann und muss durch ein Parteiverbot gestoppt werden. Die Zivilgesellschaft, Verfassungsrechtler*innen und über 600 Jurist*innen pochen seit Langem darauf. Für weiteres Abwarten gibt es keinerlei Ausreden mehr. Malte Engeler, Sprecher der Kampagne „Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot Jetzt!“
Ein Verbot für eine gesichert rechtsextreme Partei, die schon mehrere Millionen Wähler hinter sich hat und bereits der größte Oppositionsblock im Deutschen Bundestag ist? Die rechtsextreme Gesinnung vieler Wähler:innen kann auch ein staatlich verordnetes Verbot nicht verhindern, wird sie höchstens noch stärken. Die Unionsparteien und die Sozialdemokraten haben meiner Meinung nach selbst ein gutes Stück zu dieser Situation beigetragen – anstatt eine echte Sozialpolitik zu machen. Ich wünsche gutes Gelingen beim Dezimieren der AfD!
K. Stöckly, Baar (Schweiz)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen