wortwechsel: Verschiedene Ansichten über Franziskus
Der Papst ist tot und die Meinungen über sein Lebenswerk geteilt. Das Zölibat existiert noch, Frauen haben immer noch keine höheren Kirchenämter
„Ein Papst für alle“, „Papst-Abschied beginnt“ „Was heißt hier christlich?“, „Schmeichenlaus“
taz vom 23. 4. 25, taz vom 28. 4. 25, wochentaz vom 26. 4. 25, taz vom 24. 4. 25
Unerschütterliches Engagement für Frieden
Es gibt ganz viele Menschen, die ich mag. Es gibt etliche Menschen, die ich für ihr unbeirrbares Engagement für unsere Zukunft bewundere. Aber es gibt leider nur wenige Menschen, die ihr menschliches Engagement beibehalten haben, nachdem sie selbst in Positionen der Macht gewählt waren.
Nelson Mandela gehört sicher dazu, Michael Gorbatschow …. und auch Papst Franziskus. Sie alle waren nicht ohne Fehler, standen zeitlebens unter massiver Kritik von vergangenen Machtstrukturen, wurden bestenfalls nur belächelt oder missachtet, oft aber auch massiv angefeindet und diffamiert.
Aber bis zuletzt blieb ihr unerschütterliches Engagement für Frieden, Verstehen-Wollen, Deeskalation, Verständigung, Versöhnung und Mitmenschlichkeit.
Gelingt es dem Nachfolger von Franziskus ebenfalls, den Verkrustungen von Kurie und Vatikanstaat eine hoffnungsvollere Friedensfähigkeit und mutmachende Ideen für die Zukunft eines menschlichen Planeten ähnlich uneigennützig entgegenzusetzen? Es ist zu hoffen in dieser immer weiter eskalierenden Welt.
Kurt Lennartz, Aachen
Nicht reformierbar
Papst Franziskus war vermutlich der beste aller Päpste aus neuweltlicher Sicht, doch gut war auch er nicht. Er hat das Zöllibat nicht abgeschafft, er verweigerte den Frauen die Emanzipation in den Kirchenämtern, er hat das Problem Kindesmisshandlung nur halbherzig geregelt. Ich kann das überschwängliche Lob nicht verstehen, das gerade verbreitet wird. Die r.k. Kirche ist so nicht reformierbar, sondern völlig außer der Zeit.
Leser*in Hans Dampf auf taz.de
Du sollst nicht lügen
Über Tote werde nicht schlecht geredet sagt der Volksmund. Die Grabreden halten sich weitgehend daran. Der Papst ist nun aber nicht irgendein Verstorbener und Toter. Als Stellvertreter Gottes auf Erden geht seine Bedeutung weit über den Tod hinaus.
Politiker und Persönlichkeiten, Medien melden sich unverzüglich nach Ableben des Papstes würdigend zu Wort. Du sollst nicht lügen, heißt eines der Gebote. Wie viel Mahnendes haben die jetzt zu vernehmenden Stimmen über Jahre ignoriert was dieser Papst ihnen nahegelegt hat?
Noch vor dem Tod des Papstes mahnte Julia Klöckner die Kirchen, sich aus der Politik herauszuhalten. Weiß sie nicht, wie oft und gern das politische Wirken und Wort der Päpste der Politik sehr helfend zur Seite stand bei der Machtausübung?
Wenn der verstorbene Papst jedoch von einer Wirtschaft, die tötet, sprach, dann war das Verständnis christlicher Politik zu Ende. Wenn er das Flüchtlingsthema als Thema der Menschenrechte ansprach, interessierte sie das Wort des Papstes nicht. Wenn er Frieden forderte und nicht Frieden durch Krieg meinte hörten sie es nicht. Einen solchen Papst wollen die Herrschenden eben nicht. Die Päpste, die ihre Herrschaft absegneten und ihre Feindbilder mittragen, die sind immer die besten gewesen.
Roland Winkler, Aue
Nonsens-Gedicht zu Papst
Oh, ihr tazler, wenn ihr doch nur geschwiegen hättet! Ich bin sehr erstaunt ob eurer Despektierlichkeit gegenüber anders denkenden Menschen, die ihre religiöse Überzeugung leben. Und darüber, dass ihr einen Fotoausschnitt des Verstorbenen mit einem „Nonsens-Gedicht“ von Rainer Umbach präsentiert.
Eigentlich schätze ich ja euer Stilmittel der Karikatur, aber das ist des Guten eindeutig zu viel!
Marieluise Heller, Menden
Ärgerliche Bildunterschrift
Eine Bildunterschrift lautet am Anfang ihres Textes: „Über den Tod des Papstes sind viele traurig, anderen ist er egal“. Sie steht neben dem Foto mit den gefalteten Händen des toten Papstes. Sie wirkt wie eine läppische Distanzierung von dem Abgebildeten. Sie ist direkt ärgerlich. Es ist ein Binse, dass Menschen sterben, deren Tod einem nicht nahegeht. Das ist etwas anderes, als „egal sein“ und eine überflüssige Äußerung.
Wenn ich zudem weiß, was der Tote anderen bedeutet, mit welchen Bemühungen er verbunden ist, empfinde ich schon allein deshalb Achtung und beim Anblick dieser Hände eine Ahnung vom endgültigen Tod. Es ist ein eindrucksvolles Foto.
Der Glaube, dass die Religion ein Popanz sei, ist bei manchen Redakteuren der taz ein sehr heftiger Glaube. Früher gingen Spießbürger in die Kirche und betrachteten die scheel, die es nicht taten. Heute ist es umgekehrt. Der Spießbürger geht natürlich nicht in die Kirche und betrachtet die mit Unverständnis, die es noch tun.
Albrecht Thielmann, Dillenburg
Der nächste Papst
Auch für den Papst gelten kirchenrechtliche Grundlagen und -regeln, die er alleine, quasi per Dektret, nicht außer Kraft setzen kann. Dafür bräuchte es eine Mehrheit in den Räten und Gremien. Und die ist derzeit schlicht nicht vorhanden.
Die progressive Strömung in der katholischen Kirche beruht allenfalls in Westeuropa, den USA (auch nur teilweise) und Australien auf Konsens, weltweit hat sie nicht ansatzweise eine Mehrheit. Der im Artikel genannte Kardinal Turkson ist zum Beispiel ein erklärter Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe, Homosexualität ist Teufelswerk und die kirchliche Macht absolut, da von Gott gegeben. Ein solcher Papst wäre ein Grauen für die westliche Welt.
Leser*in CERBERUS auf taz.de
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