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wortwechselTödliche Einbahnstraße

Die mörderischen Grenzmanöver verweigerter Seenotrettung von Geflüchteten entsetzt viele taz-LeserInnen. Aber mit vereinzelten „HeldInnen-Taten“ ist es eben nicht getan

Fahrlässige Trägheit

„Alltag in Europa“, taz vom 8. 7. 19

Wo stehen wir, die sogenannte europäische Gemeinschaft, wenn die Menschenrechte von Flüchtlingen bei Inanspruchnahme dieser universalen Wertsetzungen nicht eingehalten werden „können“? Wenn Lebensretter nach geltendem Recht kriminalisiert werden dürfen? Steht die menschliche Selbstbehauptung nur jenen zu, die ohnehin das Glück hatten, in ein relativ sicheres, wohlhabendes Leben hineingeboren worden zu sein? Nein, natürlich nicht.

Seenotretter wie etwa Carola Rackete sind nicht allein deshalb Helden, weil wir als Gesellschaft durch Egoismus, fahrlässige Trägheit und Uneinigkeit scheitern und den Menschen in offensichtlicher Not nicht das Mindeste an Humanität zukommen lassen. Carola Rackete ist eine Menschin, die sich eindrücklich gegen dieses Scheitern wehrt, die darauf dringt, dass die Setzung von rechtlichen Normen und verbindlichen Anordnungen, nicht zuletzt die Reform der untauglichen „Dublin-Regeln“, den tatsächlichen Umständen und Erfordernissen unserer Zeit angepasst und somit die bislang katastrophale Flüchtlingspolitik der EU endlich entscheidend verbessert wird. Denn nach wie vor trifft das zu, was bereits Mahatma Gandhi festgestellt hat: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“

Ira und Matthias Bartsch, Lichtenau

„Menschenfeindlicher Unsinn“,

taz vom 8. 7. 19

Legale Wege schaffen

Die einzige Möglichkeit, das Ertrinken auf dem Mittelmeer zu verhindern, ist die, nicht mehr für viel Geld in die Schlepperboote zu steigen. Es muss den Menschen in Gambia, Eritrea und anderswo klar sein, dass der Weg durch die Sahara nach Libyen eine tödliche Einbahnstraße ist. Unsere Regierung muss dafür sorgen, dass es im Rahmen eines zeitgemäßen Einwanderungsgesetzes legale Möglichkeiten der Migration gibt. Gleichzeitig sollten keine Entwicklungshilfegelder an korrupte Eliten und ineffektive, dem Selbsterhalt verpflichtete NGOs verschwendet werden.

Bernd Meyse, Oldenburg

Seehofer Action Tours

„Und selbst Bundesinnenminister Horst Seehofer appelliert inzwischen an Salvini, die italienischen Häfen zu öffnen.“ Ja, Herr Seehofer, das Erschrecken ist mal wieder groß, wenn die Folgen der Abschottung und Asylpolitik öffentlich und mediengerecht in Szene gesetzt werden. Sie lassen lieber heimlich über bayerische Flughäfen abschieben, und wenn sich eine hochschwangere Frau für ihr Leben in Sicherheit zur Wehr setzt, dann kommt sie in Sicherheitsverwahrung. Am Ende schließen Sie sich noch der Fridays for future Bewegung an, nur um WählerInnenstimmen zu erhaschen? Warum eigentlich nicht? So funktioniert Demokratie.

PS: Sie sollten in die Terrorismusbranche wechseln, äh … Tourismusbranche! Sorry. Angebot: Schiffstour auf dem Mittelmeer mit anschließender Besichtigung von Abschiebeknästen und zügigem Rückflug. Kosten für weibliche Passagiere: mehrfache Vergewaltigung in eigens hergerichteten unbequemen Lagern, ohne Bad und Dusche und keine Sicht aufs Meer. Mit Garantie!

Klaus-Peter Klauner, Brühl

„Der Scharfmacher und sein Volk“,

taz vom 5.7.19

Manövrierunfähig

Herr Salvini und die italienische Regierung betreiben eine unmenschliche und unchristliche Politik, die an Grausamkeit kaum zu überbieten ist.

Die Verpflichtung zur Seenotrettung gehört zur elementaren Ausbildung in der Kapitänsausbildung.

Die Tatsache, dass das Schiff mit dieser hohen Zahl an Flüchtlingen besetzt war, erlaubt auch die Vermutung, dass das Schiff „manövrierbehindert“ war. Dieser Zustand wird mit dem Flaggen-Signal „D“ auf der Brücke (auf der Steuerbordseite) kenntlich gemacht. Dieser Zustand verbietet es regelrecht, dass ein anderes Fahrzeug, sei es auch ein Behördenfahrzeug, dieses behinderte Fahrzeug an der Weiterfahrt hindert.

Ein manövrierbehindertes Fahrzeug hat immer Vorrang.

Georg Dovermann, Bonn

Selbstlose Gefährdung?

Es ist gut möglich, dass die privaten Helfer durch ihren selbstlosen Einsatz mehr Menschenleben gefährden, als sie selbst mit ihren begrenzten Möglichkeiten retten können. Wenn Verzweifelte nur deshalb in die seeuntauglichen Schlauchboote der Schlepper steigen, weil die erhoffte Rettung wartet, dann ist dies eher als verantwortungslos zu bezeichnen. Die Schleuser und ihre viele Millionen Dollar verdienenden Hintermänner haben ihr Geschäftsmodell bereits seit längerer Zeit clever umgestellt. Sie bringen die Migranten nicht mehr selbst ans rettende Ufer, sondern überlassen das kostengünstig und risikovermeidend den Seenotrettern. Wenn man mit einer grenzenlosen Willkommenskultur eine friedlichere und gerechtere Welt realisieren könnte, würde ich mich nicht ausschließen. Wie könnte unsere Erde heute wohl aussehen, wenn die Irrsinnssummen, die alleine in den vergangenen einhundert Jahren weltweit für Waffen und Kriege aufgewendet wurden, in sinnvolle Projekte investiert worden wären,von denen vor allem die Menschen in den ärmeren Regionen profitiert hätten? Solange es Despoten, Staaten, Institutionen und sonstige Personen gibt, die vom Waffen- und Kriegsgeschäft profitieren und unter den Menschen Habgier, Neid, Rach- und Selbstsucht vorherrschen, bleibt dieser Gedanke reine Illusion.

Alfred Kastner, Weiden

Nichts als Worte

Die Bundesregierung ist gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung, hören wir. Aber was tut der führende Staat der EU, wie steht er ganz praktisch zu der Wertegemeinschaft? Mit riesigem Tamtam und großen Tönen wurde gerade das EU-Parlament gewählt, und bei einem der bedrückendsten Menschenrechtsthemen, das tägliche Sterben an den Grenzen der EU, im Mittelmeer, in menschenunwürdigen Lagern oder korrupten Ländern, da fehlt es an Macht und Kraft einer EU? Heuchelei und Verlogenheit kommen noch dazu. Zu alledem wird alles bedient, was Rassismus eher fördert als Ursachen erklärt und beseitigt. Wie armselig, dann noch auf andere mit dem Finger zu zeigen.

Roland Winkler, Aue

Kleinere Held*innen

„Carola Rackete hat es uns allen zu leicht gemacht“, taz vom 6./7. 7. 19

Treffend und gut, die steile These von Eleonore Grahovac. Mir imponieren Held*innen auch immer und solche Einsätze, wie sie die „Sea-Watch 3“ mit ihrer Kapitänin Carola Rakete hingelegt haben, erst recht. Und ja, für viele ist der Griff zur Geldüberweisung ein Mittel, sich solidarisch zu zeigen. Auch das ist gut! Aber damit allein ist es nicht getan, da stimme ich Frau Grahovac zu und auch, dass Politiker*innen und Bürger*innen viel zu wenig tun. Was die Autorin leider ein wenig außer Acht lässt, ist, dass es sie gibt, die kleinen und größeren Held*innen landauf und landab. Vielleicht rücken sie mehr in den Blick und in das allgemeine Bewusstsein, wenn in den Medien – und auch in der taz – häufiger über die zahlreichen Initiativen und Freiwilligen berichtet werden würde. Mechtild Lutze, Berlin

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