wortwechsel: Abi. Prüfungen. Stress. Protest
„Im Jahr 2016 war die Matheprüfung anspruchsvoll, 2017 machbar, 2018 nahezu leicht und 2019 enthielt sie plötzlich Aufgaben, die vorher kaum einer gesehen hatte“
Alles richtig gemacht
„Die Proteste gegen das Mathe-Abi werden das Bildungssystem umkrempeln“, taz vom 10./11. 5. 19“
Der These von Ralf Pauli kann ich zustimmen und würde ergänzen wollen: Das Abiturzeugnis hat noch nie das abgebildet, was ein Mensch kann. Als Abiturient 1974 in Baden-Württemberg weiß ich, dass insbesondere die Matheprüfung dazu geeignet ist, mit ihrer Aufgabenstellung und dem, was dann dabei herauskommt, falsch zu liegen. In Matheklassenarbeiten ist von Note eins bis sechs alles je nach Tagesform möglich und ungerecht beurteilt in der Mathenote. Wichtiger ist das logische Denken dahinter, und gerade die Prüfungen sind nicht geeignet, das richtig zu beurteilen, zumal wenn dann noch unnötiger Text die Aufgabenstellung verschlimmbessert.
Also alles richtig gemacht mit dem Protest, liebe AbiturientInnen, und eure Vorteile gegenüber Pädagogen ausgenutzt, Umgang mit sozialen Medien etc. Übrigens habe ich dann in Bayern studiert und war immer besonders bei Statistikaufgaben gut, das einzige Wissen, das ich später im Leben noch von der Schulmathematik gut gebrauchen konnte. Also: Nicht wieder setzen, sondern widersetzen!
Gerhard Maucher, Aulendorf
Neue Generation
„Die Proteste gegen das Mathe-Abi“
Herzlichen Dank für „die steile these“ von Ralf Pauli. Als Mutter einer 18-Jährigen bin ich extrem dankbar und glücklich für diese selbstbewusste Generation. Dank meiner Tochter und ihren Freund*innen habe ich meine Haltung in so vielen Bereichen verändert, sei es Klima, Tierrechte, Queer-Theories, Religionen, Kulturen.
Als „Linke“ dachte ich immer, ich wäre da bereits gut aufgestellt und könnte denen was beibringen. Haha, weit gefehlt. Und nein, sie ist nicht auf eine gut bürgerliche Schule gegangen. Sondern auf ein Gymnasium in Köln mit circa zwei Drittel Schüler*innen mit Migrationsgeschichte (in der Regel zweite Generation). Was sind wir gewarnt worden vor dieser „Asi-Schule“. Also, ich bin sehr hoffnungsvoll bezüglich dieser neuen Generation, die da heranwächst und unsere Gesellschaft verändert. Und bin fest davon überzeugt, dass die zweite und dritte Generation der Einwanderer*innen einen großen Anteil an der veränderten, selbstbewussten Haltung der Schüler*innen hat. Die lassen sich vieles nicht mehr gefallen und sind viel beweglicher und resoluter. Was ja als positive Ressource von Familien mit Migrationsgeschichte unterschätzt wird. Annette Grundmann, Köln
Weg mit den Noten
„Die Proteste gegen das Mathe-Abi“
Ich bin selbst Mathelehrerin an einer Freien Schule und selbst da drücken die Prüfungen von oben herein und lassen nicht wirklich frei sein. Ich wünsche mir ein Schulsystem ohne Bewertung! Ich weiß, wie schwer es ist, gerecht zu bewerten – die Art der Fragestellung, die Wichtung der Punkte, ist es genau das, was man gelehrt hat? Und nicht zuletzt: Man fragt es ab an einem einzelnen Tag.
Kurz und gut: Gerechte Bewertung gibt es nicht, sosehr man sich auch müht! Und die Frage ist doch auch: Wofür? Warum denken wir, dass wir Prüfungen brauchen? Wofür der ganze Stress? Liebe Schüler, ich finde euren Protest richtig. Macht weiter! Ihr seid viele! Kornelia Renner, Dresden
Verblendung
„Arme Länder profitieren nur wenig vom EU-Markt“, taz vom 9. 5. 19
Die von Felix Lee verkündete „gute“ Nachricht, alle EU-Bürger würden vom Handel ohne Grenzen profitieren, ist einfach falsch. Die reichen und wohlhabenden Bürger profitieren davon, und das über Ländergrenzen hinweg. Beim Betrachten von Durchschnittseinkommen wird gerne vergessen, genauer zu schauen, was dahintersteckt. Wenn ein Mensch 500 Euro im Monat verdient, ein anderer 9.500 Euro, dann verdienen beide im Schnitt 5.000 Euro. Da kann sich keiner beklagen. Wenn dann das Einkommen der einen Person auf 300 Euro sinkt und das der anderen auf 15.000 Euro steigt, haben beide im Schnitt 7.650 Euro. Also ein Plus von 2.650 Euro! Na, da geht’s aber beiden gut.
Die Zusammenfassung von Aart de Geus von der Bertelsmann Stiftung, „Nicht jeder profitiert gleichermaßen, aber alle gewinnen“, lässt sich nur mit einem gerüttelt Maß an neoliberaler Verblendung erklären. Die reichen Griechen sind durch die Finanzkrise nicht arm geworden. Und die im Billiglohnsektor Deutschlands arbeitenden Menschen hat der Exportüberschuss Deutschlands auch nicht wohlhabender gemacht. Christian Schuhmann, Barum
Eine Ost-West-Hymne
„Europäisch singen“, taz vom 10. 5. 19
Liebe Leute, Symbole sollten man nicht unterschätzen, da sie auf ihre Weise Grundhaltungen transportieren. Die Berliner Geschichtswerkstatt hatte 1990 alle Abgeordneten des Deutschen Bundestags und der frei gewählten Volkskammer der DDR angeschrieben und darauf hingewiesen, dass das neue geeinigte Deutschland eine neue Nationalhymne braucht. Unser Vorschlag damals: die Kinderhymne von Bertolt Brecht aus dem Jahr 1950. Leider wurde unser Vorschlag nicht aufgegriffen. Wir finden ihn aber immer noch aktuell.
Allenfalls ließen wir uns auf einen Kompromiss ein: Mischung der Texte von Hoffmann von Fallersleben (alte West-Hymne) mit den Texten von Johannes R. Becher (alte Ost-Hymne) und der Kinderhymne von Bertolt Brecht. Als Melodie kommen alle Melodien der drei Gedichte infrage, da sie alle in demselben Versmaß verfasst sind. Jürgen Karwelat, Berlin
Das geht besser
„Diese Tüte ist auch keine Lösung“, taz vom 14. 5. 19
In einem Leitartikel sollte die taz nicht nur nach griffigen Schlagzeilen und pfiffigen Bildern suchen, sondern scharfe (und korrekte!) Analysen liefern und wirklich Denkanstöße geben.
Viel wahrscheinlicher als ein radikales Umdenken (was tatsächlich nötig wäre) ist nach der Lektüre eines solchen Artikels Resignation: Das ist alles viel zu komplex, man kann ja doch nichts machen.
Um in Zukunft solche Leitartikel zu vermeiden hilft es natürlich nicht, die taz abzubestellen, sondern euch zu besseren Leitartikeln anzuregen ;-)
Sabine Just-Höpfinger, Hattingen
Keine Lösung
„Nicht von Pappe“, taz vom 14. 5. 19
Aufklärung oder Irreführung? Was am Ende bleibt, ist doch, die Frage zu beantworten, ob „Plastik oder Papier“ am Ende in der „Ökobilanz“die Nase vorn hat. Papier löst sich im Wasser auf – Plastik schwimmt im Meer und löst sich in 100 Jahren auf. Ich bin für richtige Aufklärung und nicht für Irreführung , die taz hat auch keine Lösung. Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg
Neue Plastikgefahr
„Nicht von Pappe“, taz vom 14. 5. 19
Die Rückorientierung von Plastiktüten zu Papiertüten wird nicht der schlechten Energiebilanz wegen betrieben, sondern der schlechten biologischen Abbaubarkeit wegen. Außerdem dringen Kunststoffe in Nanogröße in lebende Zellen – das ist eine neue Gefahr. Klaus Warzecha, Wiesbaden
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