wohnen im alter: Die Grauhaarigen kommen
Im Jahr 2020 wird jeder fünfte Berliner im Rentenalter sein. Die städtischen Wohnungsunternehmen richten sich schon jetzt darauf ein. Denn Senioren haben andere Bedürfnisse als junge Menschen.
Der demografische Wandel macht vor Berlin nicht halt: Die Grau- und Weißhaarigen werden immer mehr, die Stadt altert. 1995 waren rund 13 Prozent der Einwohner über 65 Jahre alt, heute sind es bereits über 15 Prozent. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geht davon aus, dass im Jahr 2020 ein Fünftel der Berliner im Rentenalter sein wird. "Das Anwachsen der älteren Bevölkerung beschäftigt uns durchgehend", sagte Staatssekretärin Hella Dunge-Löper am Montag bei einer Pressekonferenz zum Thema "Wohnen im Alter". Die Lebenserwartung werde in Zukunft bei weit über 80 liegen. Das Rentenalter sei ein großer Zeitraum, der gestaltet werden müsse.
Und alte Menschen haben andere Bedürfnisse als Junge. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften richten sich auf die größere Zahl von Senioren und deren Präferenzen ein, wie sie am Montag mitteilten. Bäder werden mit Haltegriffen versehen, Balkone barrierefrei gemacht. "Viele leben seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung. Sie wollen dort gerne bleiben", berichtete Michael Niestroj, der Geschäftsführer von "Stadt und Land".
Diese Erfahrung hat auch Frank Schrecker von den Wohnungsbaugenossenschaften Berlin gemacht. "Die Leute wollen ihr Haus oder ihre Straße nicht verlassen", sagte er. Doch wer im 5. Stock ohne Aufzug lebe, habe es im Alter schwer. Die Genossenschaften versuchten deshalb, die Senioren aus den oberen in die unteren Stockwerke umzusiedeln. Bislang habe sich die Nachfrage nach seniorenfreundlichen Wohnungen unter ihnen zwar nicht deutlich erhöht, doch Schrecker ist sicher: "Wir stehen am Anfang einer Entwicklung. Es wird eine Welle geben, auf die wir uns vorbereiten."
Als Knackpunkt bezeichnet er die Frage, wie man die Mieten auch in Zukunft bezahlbar halten könne. Die Betriebskosten stiegen schneller als die Renten. Schrecker hat durchgerechnet, dass in 20 Jahren die Miete in vielen Fällen über die Hälfte der Rente der Senioren verbrauchen wird. "Wie bekommen wir das in den Griff? Darauf gibt es noch keine Antwort", sagte er.
Schon heute ist jede fünfte Berliner Frau im Rentenalter. Die Älteren leben lieber am Rand der Stadt: Den höchsten Anteil haben die über 65-Jährigen im Bezirk Treptow-Köpenick. Jeder Vierte, der hier wohnt, ist ein Senior. Aber auch in Steglitz-Zehlendorf (23 Prozent) und Reinickendorf (22 Prozent) leben viele Ältere.
Bedenklich ist die Entwicklung in Marzahn: Hier leben heute nur noch halb so viele Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren wie 1995. "Es gibt einen Alterungsprozess in den am Rande liegenden Großsiedlungen", sagte Dunge-Löper. Der Umbau müsse dort fortgesetzt und die Gegenden müssten für jüngere Leute attraktiv gemacht werden.
Die tummeln sich gerne in der Innenstadt: In Friedrichshain-Kreuzberg liegt der Anteil der 25- bis 45-Jährigen bei 45 Prozent, nur jeder Zehnte ist über 65. Auch die Kieze zwischen Schönhauser Allee und Greifswalder Straße sind bevölkert mit jungen Menschen. Mehr als die Hälfte ist hier zwischen 25 und 45 Jahre alt.
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