wochenmärkte : Die reine Marktwirtschaft
Frischer Fisch aus der Ostsee, Eier vom Bauernhof, knackiges Obst und Gemüse aus der Region, Brot, das nicht aus aufgeblasenem Mehl besteht – so kennen viele Berliner ihre Wochenmärkte in den Kiezen. Und wollen, dass sie so bleiben. Aber die Gutes-Essen-für-gutes-Geld-Idylle ist bedroht. Immer mehr Ramsch- und Schnäppchenstände drängen auf die Märkte, manch Kunde lässt sich so vergraulen und meidet seinen Markt. Marktwirtschaft eben.
KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER
Jetzt soll alles besser werden. Durch Regulierung. Die fordert ausgerechnet die FDP, die weltweiten Freihandel und liberalisierte Arbeitsmärkte favorisiert. Sie will auf den Wochenmärkten die Gesetze des Marktes aushebeln und dem Staat das Heft des Handelns in die Hand drücken. Der Senat solle bei der Ausschreibung der Märkte auf die Mischung achten, so die Liberalen.
Haben die Liberalen ihre eigene Ideologie nicht verstanden? Muss nicht, was welt- und europaweit gelten soll, erst recht auf dem Wochenmarkt im Kiez funktionieren: Nur der freie Markt sichert Wohlstand und Chancengleichheit für alle! Und wollen die Liberalen Markteilnehmer diskriminieren, die Schnäppchenverkäufer, nur weil die etwas im Angebot haben, worüber der Wohlhabende die Nase rümpft?
Es ist doch so: Viele Berliner kaufen bei Aldi und Lidl, weil sie kein Geld haben (Arbeitsmarkt!) und/oder weil es in ist. Folgerichtig wird weniger Geld für Lebensmittel auf Wochenmärkten ausgegeben. Der Obsthändler schließt seinen Stand, und der Marktbetreiber lässt die Pfennigfüchse ran, um überhaupt Einnahmen zu erzielen.
So funktioniert Marktwirtschaft. Wenn die Marktliberalen dies nicht wahrhaben wollen, sollten sie Wochenmärkte meiden. Für die wochenmarktverliebten Berliner gilt: Kauft, wenn ihr könnt, halt dort, wo es euch gefällt! Nur Stände, die Umsatz machen, bleiben.