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wie machen sie das?Der Vogel-vergrämer

Jürgen Ebert, 48, vertreibt Vögel am Frankfurter Flughafen. Als Biologe macht er das professionell mit Schreckschusspistolen und intelligenter Landschaftsarchitektur.

taz am wochenende: Herr Ebert, Sie sorgen dafür, dass der Flughafen Frankfurt möglichst unattraktiv für Vögel wird. Wie machen Sie das?

Jürgen Ebert: Wir mulchen unser Gras beispielsweise nur einmal im Jahr, damit das Gras hochwächst und Greifvögel ihre Beute nicht sehen können. Man findet bei uns keine Beerenbüsche. Auf unseren Schildern sind Spikes, damit sich Vögel da­rauf nicht wohlfühlen. Wenn es mal heikel wird, vergrämen wir die Vögel auch mit Schreckschusspistolen oder mit Angstschreien ihrer Artgenossen aus den Lautsprecheranlagen, mit Jagdrufen von Greifvögeln.

Einige Flughäfen setzen dressierte Frettchen oder Füchse ein.

Ja, manche verwenden Frettchen für die Kaninchenjagd oder abgerichtete Falken gegen Wildvögel. Das ist bei dem regen Flugbetrieb in Frankfurt nicht praktikabel. Wir sind aber froh über jeden Fuchs. Die fressen Mäuse, und die wiederum sind Nahrung für Greifvögel. Füchse haben eher die unangenehme Angewohnheit, Höhlen zu graben. Wenn die im Bereich des Rollfeldes sind, müssen wir die leider verschließen, damit unsere Mähtraktoren nicht einstürzen. Dafür haben die Füchse in den Randbereichen angelegte künstliche Bauten.

Geht es in Ihrem Beruf mehr um Flugsicherheit oder mehr um Tierschutz?

Es geht ganz klar um Flugsicherheit. Aber die Vögel haben ja auch was davon.

Flugzeugtriebwerke haben eine enorme Saugleistung.

Das ist richtig. Manchmal werden Tiere eingesogen. Bei den kleinen Vögeln, wie Spatzen, hat das kaum Auswirkungen auf den Flieger und die Passagiere. Wenn Sie sich aber an die spektakuläre Notlandung im Hudson River erinnern, da waren Kanadagänse in beide Triebwerke gesogen worden.

Machen Sie das Flughafengelände artenarm?

Das kann man so nicht sagen. wir nehmen große, schwere Vögel in den Fokus. Die kleinen Einzelvögel stören uns nicht. Die finden hier hervorragende Lebensbedingungen. Die Feldlerche zum Beispiel, der Vogel des Jahres 2019, ist bedroht durch die Landwirtschaft und findet hier 600 Hektar ungenutzten Lebensraum. Die Lerchen gelten sonst als sehr lärmempfindlich, aber die Biotopbedingungen scheinen hier so günstig zu sein, dass sie den Lärm tolerieren. Ansonsten gibt es etwa Steinschmätzer, Kreuzkröten, Zauneidechsen.

„Menschliche Vogelscheuche“ wäre doch eine passende Berufsbezeichnung. Was halten Sie davon?

Wir arbeiten präventiv und ökologisch vorausschauend. Von daher passt die Bezeichnung „Vogelscheuche“ nicht so ganz.

Interview: Clemens Sarholz

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