was fehlt ...: ... der schnelle Schnitt
In Zeiten des Turbokapitalismus sehnt sich der Mensch nach etwas mehr Ruhe und Gemütlichkeit. Slow-Food reicht da längst nicht mehr aus. Die Norweger haben ein neues Format entdeckt: „Slow TV“. Es zeichnet sich dadurch aus, minutengenau möglichst unspektakuläre Geschehen zu zeigen. Die erste Sendung verfolgte siebeneinhalb Stunden lang eine Zugfahrt von Bergen nach Oslo, die sich 1,2 Millionen Norweger anschauten. Darauf folgte eine 134-stündige Übertragung einer Kreuzfahrt, bei der das Schiff mit Applaus und Gesängen in den jeweiligen Landehäfen empfangen wurde.
Nachdem jetzt auch eine „nationale Holznacht“ gesendet wurde, bei der man 12 Stunden lang ein Kaminfeuer herunterbrennen sehen konnte, folgte zuletzt eine „nationale Stricknacht“, die den Werdegang eine Schafes zum Norweger-Pullover wiedergab.
„Wenn man an den Inhalt glaubt, dann kann man dem Fernsehzuschauer einiges zumuten“, meint der Journalist Rune Møklebust. Man müsse nur das richtige Thema für die entsprechende Fernsehnation finden. Das Erfolgskonzept, das Einschaltquoten bis zu 25 Prozent erreicht, interessiert neuerdings auch die Amerikaner. Die Produktionsfirma LMNO Productions will damit einen Kontrapunkt zu Doku-Soaps setzen. Ob sie eine „Nationale Hamburger-Nacht“ plant, die den Weg vom Rind bis zum verdauten Sandwich sendet, ist nicht bekannt.
Es ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass die Produktionskosten für das Format verschwindend gering ausfallen, wenn die Zuschauer reihenweise vor dem Fernseher einschlafen. (taz/dpa)
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