warnung vor berlin: Durchsichtige Reaktionen
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Damit die Reiseerlebnisse nicht zum Horrortrip werden, gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich über die Landessitten zu informieren. Wer beispielsweise nach Polen reist, findet auf den Internetseiten des Auswärtigen Amtes eine Aufforderung zur „erhöhten Vorsicht beim Gebrauch und Abstellen des Wagens“.
Kommentar von BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA
Manch einer, der die Warnungen in den Wind geschlagen hat, hat vielleicht nach seinem Urlaub im Nachbarland nur noch ein Erinnerungsfoto an seinen geliebten Untersatz. Selbst dran schuld, möchte man meinen angesichts dieser Warnungen, die sich auch in jedem Reiseführer finden. Klagen von polnischen Bürgermeistern über den gedruckten Realitätssinn sind nicht überliefert.
Das ist in der deutschen Hauptstadt anders. Weil internationale Reiseführer vor bestimmten Gegenden in den neuen Bundesländern und auch vor einigen Stadtbezirken Ostberlins warnen, sieht der Senat rot. Senatssprecher Michael-Andreas Butz wehrt sich entschieden dagegen, dass der Reisende über die Hauptstadt erfährt, dass Gegenden wie der Bahnhof Lichtenberg für Farbige, Schwule und Lesben „kein angenehmer Ort“ sind.
Man könnte meinen, dass der Senatssprecher das ganze Jahr über Urlaub macht. Denn schließlich ist kein Reisebuch-Autor auf die einfältige Idee gekommen, vor einem Besuch des Brandenburger Tores zu warnen, weil in diesem Jahr bereits zwei Mal dort Rechte aufmarschierten.
Butz hat schlichtweg selber Angst. Angst um die erst im Januar dieses Jahres angelaufene „Imagekampagne“ für die Bezirke Hellersdorf, Hohenschönhausen, Lichtenberg und Marzahn unter dem schönen Namen „Berlin eastside – der neue Metropolenraum“. Aber seine Angst ist völlig unnötig. Denn die Kampagne will gar keine Touristen in die Plattenbezirke locken, sondern das Gebiet für Investoren attraktiv machen.
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