wahlkonsequenzen: Die CDU muss aufräumen
Wer zu spät geht, den bestrafen – manchmal sogar – die Wähler. So geschehen am Sonntag in Berlin. Kein Wunder also, dass am Tage eins nach der Wahl hinter den verschlossenen Türen der schwer abgewatschten Union nun Tacheles geredet wird. Was sich dort tut, dürfte nachhaltiger sein, als die übliche Suche nach dem Schuldigen. Der müsste eigentlich Frank Steffel heißen, weil er als Notkandidat den Christdemokraten die atemberaubendste Wahlniederlage in ihrer Berliner Geschichte bescherte. Doch so einfach macht es sich nicht einmal die Union.
Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF
Tatsächlich ist all denen das desaströse Wahlergebnis von 23,7 Prozent anzulasten, die glaubten, mit „Weiter so!“ in die Zukunft marschieren zu können. Aussitzen statt aufräumen. Abstreiten statt aufklären. Das meinte die überwiegende Mehrheit der Westberliner Christdemokraten. Nun mussten es eben die Wähler ihrer Partei erklären: Das Krisenmanagement war lausig. Nach Bekanntwerden der Parteispenden- und der Bankenaffäre fehlten klare Bekenntnisse. Landowskys Salamitaktik des scheibchenweisen Rücktritts war kein Neuanfang. Und Frank Steffel nicht mehr als eine kosmetische Notlösung.
Für all dies trägt der Landesvorsitzende einer Partei die volle Verantwortung. Der heißt immer noch Diepgen. Er ist die personifizierte Beharrlichkeit. Er verkörpert die Unfähigkeit der Union, sich aus den alten Verstrickungen des Westberliner Systems überzeugend lösen zu wollen. Bleibt er an ihrer Spitze, ist eine Erneuerung nicht zu verkaufen. Vorerst ist es ihr jedenfalls nicht gelungen, den Generationenwechsel konsequent zu gestalten. Zudem fehlte es der CDU mit dem Nein zu Wolfgang Schäuble an Weitsicht, den richtigen Kandidaten zu wählen. Wer zu spät versteht, bekommt viel Zeit zum Nachdenken.
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