vorlauf : Erichs Affären
„Goodbye Erich“ (20.15 Uhr, ZDF)
„Goodbye Erich“, das klingt nach „Goodbye Lenin“ und das soll es wohl auch, denn im Fahrwasser des Kinoerfolgs würden die Macher des ZDF-Dokumentarfilms sicher gern schwimmen. Allerspätestens seit dem Kinofilm ist die DDR ein gänzlich aufregungsfreies Thema und die historische Betrachtung der Republik von der menschelnden Seite en vogue. Dabei scheint die private Seite des einstigen Partei- und Staatschefs neun Jahre nach seinem Tod von gesteigertem Interesse. Wer war der Mensch hinter dem Funktionär Honecker?
Dieser Frage wollen die ZDF-Filmer auf den Grund gehen. Sie sind nicht die Ersten. Erst kürzlich lief auf dem MDR die Dokumentation „Die Honeckers privat“. Wer sie gesehen hat, dem wird die Kleinsaga von „Honeckers Aufstieg und Fall“ nicht nur wenig Neues vermitteln, er wird auch noch oft dieselben Leute über den Saarländer berichten hören: Wolf Biermann, Reinold Andert, der die gestürzten Honeckers 1990 ausführlich interviewte, Pfarrer Uwe Holmer aus Lobetal, der ihnen damals Asyl in seinem Haus gab. Sie erzählen, was seit langem bekannt ist. Dass Erich nicht der Schlauste und überhaupt ein spießbürgerlicher Tropf war, dass er ins Funktionärsleben hineinwuchs und ihm die Partei alles bedeutete, dass er später seinen sozialistischen Menschen das Paradies auf Erden bringen wollte und dass er bei dieser Tätigkeit durchaus sehr rücksichtslos sein konnte, um als oberster Menschenbeglücker in der DDR dazustehen.
Auch nicht neu, aber in diesen Tagen offenbar besonders gern hervorgekramt: die Liebes-Eskapaden des jungen Erich. Als Häftling war er im März 1945 nach Berlin zur Instandsetzung eines Frauengefängnisses abkommandiert und wagte einen Fluchtversuch. Er hatte sich in eine Aufseherin verliebt, die ihn zunächst versteckte. Um seine Haut zu retten, kehrte er reumütig zurück. Aus Dankbarkeit heiratete er später zwar die Aufseherin, verschwieg die Ehe aber bis zum Tod der Frau. Und wieder verheiratet war er, als er Margot kennen lernte und schwängerte. Erichs Affären hätten auch die DDR-Bürger früher sicher brennend interessiert. Nun bekommen nicht nur sie ihre Neugierde öffentlich-rechtlich befriedigt. GUNNAR LEUE