vorlauf: Aufklärerinnen
Gerichtsmedizinerin Dr. Samantha Ryan (Do, 22.15 Uhr, RTL) Amanda Burton genießt in Großbritannien ähnlichen Ruhm wie Helen Mirren und Robbie Coltrane. Sie spielt die Hauptrolle in einer preisgekrönten, auf der Insel straßenfegerischen TV-Krimiserie, die von den Fällen einer Gerichtsmedizinerin in Cambridge handelt. RTL hat sich ihres Tuns in der Serie „Gerichtsmedizinerin Dr. Samantha Ryan“ angenommen, leider nur alle zwei Wochen und erst zu einem späten Sendetermin.
Wieder einmal ist hierzulande eine Krimireihe zu genießen, die sich in fast allem positiv von deutschen Produktionen unterscheidet. Schlichte, alltägliche Dramen. Keine brennenden Mülltonnen. Keine Penner, die stark auf Penner geschminkt sind. Keine judokaesken, stöckelnden oder psychologisierenden Kommissarinnen. Keine singenden Ermittler. Gute Drehbücher über Menschen, die durch Leidenschaft oder Zufälle in Morde verwickelt sind. „Tatort“-Macher dürfen aus dieser Serie lernen.
Was die „Gerichtsmedizinerin“ von „Fitz“ (lief beim ZDF) oder „Heißer Verdacht“ (lief zunächst in der ARD, ehe es in die Dritten verbannt wurde) angenehm unterscheidet, ist: Hier sind zwei Frauen die Hauptfiguren. Amanda Burton hat als Konterpart ihre Rivalin und Kollegin Clare Higgins zur Seite, Detective Harriet Farmer. Während die eine kühl und trotzdem empfindsam ihren Job versieht (und durchaus, wie heute Abend in „Countdown zum Tod“, zu voreiligen Schlüssen gelangt), agiert die andere autopsierend und zweifelt am Naheliegenden: dass beispielsweise der schwule Mann nicht von seinem Zellenkumpan umgebracht wurde.
Allerdings spielt Higgins stärker, ambivalenter, nicht so weiblich-weibisch. Sie muss sich die Sympathien der Zuschauer hartnäckiger erringen. Ryan dagegen ist die Gutherzigkeit in Person. Am Ende haben sich die Produzenten dafür entschieden, ohne Higgins auszukommen, in der fünften Folge nimmt Detecitive Farmer ihren Abschied. Schade – es hätte die Serie von „Fitz“ und „Heißer Verdacht“ nur noch mehr, und auch besser, unterschieden. Ein Kammerspiel um Mord und Totschlag zweier Frauen. Glänzend. JAF
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