vorlauf: Umlaufbahn Alexanderplatz
„Planet Alex“ (23.55 Uhr, ZDF)
Autor und Regisseur Uli M. Schüppel hatte sich viel vorgenommen: Einen „authentischen“ Berlinfilm wollte er mit „Planet Alex“ drehen, mit großen Themen: Freundschaft, Betrug, Drogen, Wahnwitz, ja sogar Mord. Geschichten, wie sie in Berlin eben „auf der Straße liegen“.
Dass das Ergebnis nur manchmal ins Klischeehafte abdriftet (Technostar Marusha rettet Cyber-Girl Asaki Berlin), liegt dann auch weniger an der thematischen Straßenlage als an den hervorragenden SchauspielerInnen. Ben Becker zum Beispiel, der wunderbar spröde den cholerischen Wachmann Harald gibt, der selbstherrlich über die Katakomben am Alexanderplatz herrscht. Oder Nadeshda Brennicke als toughe Blondine Nadja, die am liebsten nach London abhauen würde, zuvor aber noch einen geheimnisvollen Koffer loswerden muss.
Hinzu kommt eine Menge weiterer skurriler Figuren, die alle um Alexanderplatz und Fernsehturm herumstreifen. Immer wieder treffen sie scheinbar zufällig aufeinander, worauf die Kamera sich stets einem anderem Protagonisten an die Fersen heftet. Ein Erzählprinzip, das sein Vorbild natürlich in Robert Altmans „Short Cuts“ hat, aber auch bei Schüppels Film die Handlung vorantreibt.
Im Mittelpunkt dieses Reigens steht der Abhänger Jo (Baki Davrak), der als Folge übermäßigen Drogenkonsums ein kleines Problem mit seinem Erinnerungsvermögen hat. Wie der Zuschauer bekommt auch Jo während seiner Suche nach den verlorenen und verdrängten Erinnerungen nur Bruchstück für Bruchstück mit, wie die einzelnen Geschichten und Figuren zusammenhängen – bis sich am Ende alle Puzzleteile zusammenfügen.
„Planet Alex“ ist ein schneller Film, und so passt hier auch die sonst bei deutschen Fernsehmachern gerade etwas überstrapazierte wackelige Handkamera mit ihren rasanten Fahrten durch Tunnel und U-Bahnschächte. Der Fernsehturm wird dabei zum Fixstern, um den die Figuren wie Planeten in einer Umlaufbahn kreisen, und der „Alex“ zum eigentlichen Hauptdarsteller, als Zentrum einer eigenen, abgeschlossenen Welt.
DANIEL FERSCH
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