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vorlaufFlintenweiber

„DCTP-Special: Highnoon im Geschlechterkampf“

(Vox, 22.05 Uhr)

Pazifistin sei sie, aber dennoch schon immer dafür gewesen, dass Frauen in die Bundeswehr dürfen. Der Gedanke, einmal wieder als politische Femme fatale wirken zu dürfen, löst bei Alice Schwarzer ganz offensichtlich unverhohlene Freude aus. Natürlich gehe es ihr nur um die Gleichbehandlung der Geschlechter. Fragt sich allerdings: Warum ist sie dann nicht dagegen, dass Männer in die Armee müssen? Aber solche Fragen stellt Alexander Kluge, die bescheidene Stimme aus dem Off im DCTP-Special nicht. Wäre ja auch schade gewesen – hätte Schwarzer gar nicht als Flintenweib der Republik kokettieren können.

Nun gut, genau genommen sollte es in dieser Sendung um „Liebe unter extremen Bedingungen“ gehen. Dass die Sprache auf Petra Kelly und Gerd Bastian kommen würde, war klar. Schließlich hat Alice Schwarzer ein Buch zum Thema geschrieben. Also im Kern nichts Neues. Aber immerhin: Über Frau Schwarzer haben wir in diesem Zusammenhang so einiges erfahren. Dass sie für den schicken General mehr Sympathien gehegt habe als für die „Jeanne d’Arc der Grünen“, dass diese Bastian „in ihre neurotische Welt“ gezogen habe. Fast liebevoll, ein wenig bärbeißig kommentiert sie Bastians Mord an seiner Geliebten: „So ein alter Soldat regelt Konflikte immer mit der Knarre“.

Doch was so ein richtiger Vorzeige-Intellektueller der 68-Bewegung ist, von Emanzenkreisen sozialisiert wie Alexander Kluge, der hält sich höflich zurück. Motto: Wer soviel für Frauenrechte gekämpft hat, darf sich in Widersprüche verwickeln. Es folgt Kluges gewohnt eleganter Ritt durch die Kulturgeschichte. Von der echten Jeanne d’Arc, die man verbrannt habe, weil sie eine direkte Beziehung zu Gott aufgenommen habe, bis zu Simone Beauvoir und Jean-Paul Sartre. Alice Schwarzer nutzte diese Zurückhaltung, um den Backlash gegen die Emanzipationsbewegung auszuleben, der sie wohl mittlerweile selbst erfasst haben muss: „Frauen provozieren zum Opfer zu werden – Gott möge mir verzeihen, dass ich als Feministin so rede“. Gott vielleicht, Frau Schwarzer, aber wir Fernsehzuschauerinnen erwarten mehr Rückgrat.

GITTA DÜPERTHAL

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