vorlauf: Die drei Affen
„Deportation Class. Eine Kampagne gegen Abschiebung“, 21.55 Uhr, Arte
Sie legen ihr charmantestes Lächeln auf; treten in blauen Kostümen auf, elegant um den Hals drapiert ein orange Schal. Sie verteilen Infobroschüren in Lufthansa-Farben. Doch die smarten Damen und Herren sind kein Lufthansa-Personal. Unter der Überschrift „Deportation Class“ heißt es: „Was können Sie tun? Sie fühlen sich vielleicht ohnmächtig, wenn Sie an Bord eines Flugzeuges an Händen und Füßen gefesselte Menschen sitzen sehen, die in Begleitung von Zivilpolizisten sind. Sie glauben, nichts tun zu können, um die gewaltsame Abschiebung aufzuhalten. Irrtum!“
Kirsten Eschs Film „Deportation Class. Eine Kampagne gegen Abschiebung“, der heute im Rahmen des Themenabends „Was tun? Aktivismus heute“ läuft, dokumentiert diese politische Aktion intelligent, erfrischend witzig und dennoch hintergründig. Auslöser der Kampagne des bundesweiten Netzwerkes „Kein Mensch ist illegal“ war der gewaltsame Erstickungstod eines sudanesischen Flüchtlings vor drei Jahren an Bord einer Lufthansa-Maschine. Seitdem erstellt das Netzwerk, wie der Film lustvoll zeigt, raffinierte Plagiate, die die Konzern-Ästhetik parodieren. Ziel: Öffentlich Druck erzeugen, damit Fluggesellschaften die Zwangsabschiebungen einstellen.
Die Autorin schildert genüsslich, wie die Nerven in der Fluggesellschaft, die 10 000 bis 15 000 Menschen jährlich abschiebt, bereits blank liegen: Überall, vor Flugschaltern, Reisebüros, selbst bei Pressekonferenzen der Lufthansa tauchen diese jungen Leute auf. Gern tummeln sie sich bei der Hauptaktionärsversammlung, „machen als Kleinaktionäre von ihrem Wortrecht ausgiebig Gebrauch“.
Die Form unkonventionellen Protests ist mit filmischen Stilmitteln zur Perfektion gebracht: Bitte schön, Protest darf Spaß machen! „Bleiberecht für alle? – Gibt es auch nur im Ansatz einen Konsens in der Bevölkerung, dass Menschen leben können, wo sie wollen?“, fragt die Autorin. Im Bild die Antwort: Eine vermeintliche Boardcrew inszeniert professionell übereinstimmende Gesten. Man kennt sie von den drei berühmten Affen: „Nichts hören, nichts sehen, nichts sprechen.“
GITTA DÜPERTHAL
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