vorgelesen : Getötet, ausgeweidet und mit Beton gefüllt: Ein Köln-Krimi, der es in sich hat
Kann ein arroganter, oft bitterböser Chef auch Charme versprühen? Und was passiert dann? Diese und andere Fragen beschäftigen Holger Geyer in seinem ersten Köln-Krimi „Schlaf Gut“ (Emons Verlag). Der Autor, selbst Journalist, zeichnet ein zuweilen bizarres, aber kenntnisreiches und detailliertes Gesellschaftsbild der Medienwelt. Voller Spannung beschreibt Geyer die Suche nach den Hintergründen eines außergewöhnlichen Mordes: Ein Fernsehmoderator wird getötet, ausgeweidet und mit Beton gefüllt im Studio aufgefunden.
Bei ihrer Suche nach Täter und Motiv sind die Ermittler zunächst ratlos. Hinweise geben zum Beispiel Romane, die der Verstorbene selbst geschrieben hat. Die Wege führen nicht nur in TV-Redaktionen, sondern auch in die Villa des Kölner Verlagshauses Kiepenheuer, in Künstlerateliers und in Kneipen.
Privat jedoch gerät der Kommissar selbst in so manche beklemmende Turbulenz. Einfühlsam und packend werden Situationen ausgemalt, gespickt mit spitzfindigen Beobachtungen des Kölner Alltagslebens und einem Schuss Erotik. Wenn sich dann einer der Protagonisten zum Beispiel beiläufig über die besonders scharfen Kanten der städtischen Mülleimer an Fußwegen aufregt, ist das nur allzu nachvollziehbar. Der Polizeibeamte geht im Laufe des Romans durch so manche Tiefen, Perspektivwechsel und Verwirrungen inklusive. So wird er zum Vortrag in eine Schule geschickt, wo er sich reichlich alt vorkommt. „Was ist schon das Grauen an einem Leichenfundort gegen das Grauen an einem Gymnasium?“, sinniert er später. Es wird nicht die einzige Situation bleiben, die dem Kripo-Mann die Galle hochkommen lässt.
Das Buch zeichnet aus, dass neben der spannenden Geschichte komplexe und sympathisch-menschliche Charaktere entworfen werden. Dialoge wirken nie aufgesetzt, wie sonst im Genre oft üblich. Die Kölnische Heimatverbundenheit wird bei dem in Thüringen geborenen Autoren auch nicht überstrapaziert. Besonders interessant wird es für die Leser schließlich, als sich Privatleben und Dienst der Hauptfigur plötzlich bedrohlich vermischen. Detailverliebt und zynisch führt Holger Geyer seine Leser durch die Ermittlungen, ohne dabei aber den roten Faden zu verlieren. Und der hat es ebenfalls in sich: Einem kunstvoll aufgebauten Spannungsbogen folgt ein überraschender Schluss.FRANK ÜBERALL
Holger Geyer, „Schlaf Gut“ (Kölnkrimi 26), Emons, 160 Seiten, 9 Euro