village voice Öligkeit butterweich: Max Raabe vergeigt internationale Stimmungshits
Es ist der testosterongestählte Gassenhauer „You’re my Mate“ von Right Said Fred, der das neueste Werk von Max Raabe und seinem Palast Orchester eröffnet. „All I wanna do/ Is get drunk here with you“, säuselt Raabe in seinem gewohnt schmierigen Timbre, während im Hintergrund seine Combo tapfer den Billig-Techno-Rhythmus des Originals imitiert, und die Frage steht: Muss man das jetzt lustig finden? Die Antwort: Humor ist in diesem Falle wohl, wenn man trotzdem lacht.
Auf „Superhits 2“ versammelt Raabe bereits zum dritten Mal Coverversionen von Poptiteln. Der Titel führt da in die Irre, die erste Zusammenstellung hieß „Die Hits des Jahres“. Zuvor hatte man sich weitestgehend mit der Aufarbeitung eines Repertoires begnügt, das der Tradition der Unterhaltungsorchester der 20er- und 30er-Jahre entstammt, auf die sich das Palast Orchester bei seiner Gründung als Studentenulk im Jahre 1987 berief. Seit einem Auftritt im Wörtmann-Film „Der bewegte Mann“ ist die 13-köpfige Kapelle ein beliebter Teil des bundesdeutschen Konzertzirkus. Dort besetzt man eine Marktlücke. Problem- und hemmungslos schwelgt Raabe in Nostalgie, bietet durch seine übertriebene Öligkeit aber auch reichlich Augenzwinkern. Das Publikum kann wie das von Schlager- oder Volksmusikveranstaltungen abfeiern, die ironische Distanz zum eigenen guten Geschmack und ästhetische Absicherung aber sind schon im Eintrittspreis inbegriffen.
Mitte 2000 begab sich der stocksteife Salonlöwe erstmals auf fremdes Parkett: Für „Krokodile und andere Hausfreunde“ wählte Raabe nicht mehr nur Titel aus den 20ern und 30ern, sondern knöpfte sich „Männer“ von Herbert Grönemeyer und „We Are The Champions“ vor. Es folgte „Die Hits des Jahres“, auf der das Palast Orchester solche Stimmungsgarantien wie „Mambo No. 5“ oder „Mein Stern“, „Sexbomb“ oder „Oops … I Did It Again“ in den bekannt butterweichen Sound umsetzte. Ein halbes Jahr später erschien das Werk gleich noch einmal: erweitert um zwei Titel und unter dem Namen „Superhits“.
Auf „Superhits 2“ spielen Raabe und Konsorten nun wieder Gassenhauer aus allen Zeitaltern des Pop. Fast noch aktuellen Hits wie Shaggys „Angel“ folgen solche Klassiker wie „Lady Marmalade“ oder „Tainted Love“ von Soft Cell. Vor allem Letzteres wirkt seltsam nackt ohne die spröden Synthieklänge des Originals und Marc Almonds melancholischem Gesang. Bei anderen Songs dagegen, etwa Billy Joels „Uptown Girl“ oder „Another Day in Paradise“ von Phil Collins, wirken die Arrangements des Palast Orchesters wesentlich angemessener. Vielleicht liegt es daran, dass diesen Stücken kaum eine Bearbeitung etwas anhaben kann. Schließlich waren schon die Originale kaum erträglich.
Raabes Stimme ist kunsthochschulisch gebildet und staatlich geprüft, verkündet die Plattenfirma stolz, als würden damit die hier verübten Verbrechen an der Popkultur entschuldbar, die zu meiden Peter Licht als Motto ganz zu Recht ja unlängst ausgegeben hat. Andererseits wird Raabes Bariton zum Henker von manchem überschätzten Stück Hithistorie – verdientermaßen. So bleibt von „You’re My Mate“ nur seine Essenz übrig: ein brutal suffseliger, auf den Ballermann zielender Mitgröhlschlager.
Wirklich witzig aber ist das nicht. Manch einer mag vielleicht tatsächlich lachen müssen, wenn eine manierierte Stimme im gestärkten Frack „Let’s Talk About Sex“ singt. Menschen aber, die erfolgreich die Pubertät verlassen haben, sollten über diese Sorte Humor mittlerweile hinweg sein. THOMAS WINKLER
Palast Orchester mit seinem Sänger Max Raabe: Superhits 2 (BMG Ariola)
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