verpasst?: Islam im Talk
„Menschen bei Maischberger“, 23.15 Uhr, ARD
Seit dem Mord an Theo van Gogh kennt man Ayaan Hirsi Ali, seine streitbare Partnerin. Eben hat die Parlamentsabgeordnete aus Den Haag ein „Plädoyer für die Befreiung der muslimischen Frauen“ veröffentlicht, am Dienstag war sie Stargast bei Sandra Maischberger.
Mit der plakativen Titelfrage „Alptraum Islam?“ schien die Stoßrichtung klar zu sein, zumal die Moderatorin zuerst Fragen zu Ehrenmorden und Zwangsehen an ihre Gäste richtete, den ehemaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler und den Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky. Gut nur, dass mit der Soziologin Irmgard Pinn eine Frau dabeisaß, die sich nicht befreien lassen wollte, sondern freiwillig vor 25 Jahren zum Islam konvertiert ist.
Die Debatte verlief erstaunlich unaufgeregt und differenziert. Mag Pinn auch nicht so prominent sein wie Hirsi Ali, machte sie dies doch durch ihre bodenständige Art wett: „Wenn der Islam so wäre, wie Sie ihn beschreiben, würde ich laufen, so schnell ich könnte“, entgegnete sie Hirsi Ali, als diese einmal mehr dessen Schattenseiten ausmalte. Doch auch sie musste sich Fragen über frauenfeindliche Suren im Koran, zu Gewalt und fehlender Gleichberechtigung gefallen lassen, den Knackpunkten aller Islamdebatten.
Nur einmal wurde es unangenehm: Als Maischberger Hirsi Ali fragte, warum ihr Vater nichts gegen ihre Beschneidung unternommen habe. Denn ob Hirsi Ali selbst Opfer dieser Praxis geworden ist, hat sie stets offen gelassen. Am Ende war man im Alltagsleben angekommen: Wie umgehen mit Eltern, die ihren Kindern den Schwimmunterricht verbieten? Geißler und Hirsi Ali sahen den Staat in der Pflicht, das Menschenrecht auf Schulsport durchzusetzen. Man dürfe Kinder nicht gegen Eltern ausspielen, fand dagegen Pinn. Wenn diese Fragen von solchen Grundsatzdebatten übrig bleiben, dann ist die multikulturelle Gesellschaft noch nicht ganz verloren. DANIEL BAX
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