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Archiv-Artikel

unterm strich

Johannes Agnoli ist tot. 1967 verfasste er zusammen mit Peter Brückner einen der Grundtexte der Studentenrevolte: „Die Transformation der Demokratie“. Seit Ende der 60er-Jahre war er im Zentrum der APO, der Berliner Freien Universität, tätig. Erst als Assistent, dann als Professor der Politikwissenschaft. Dabei erwarb er sich den Ruf eines Nestors der marxistischen Staats- und Parlamentarismuskritik. Bis zuletzt war er im intellektuellen Berlin präsent, schlug sich auf Podien mit Gregor Gysi herum und gab viele Interviews. Agnoli starb am vergangenen Sonntag in seinem Haus in Italien. In Berlin hatte er immer noch einen Zweitwohnsitz.

Der Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, Tom Stromberg, hat der Stadt die Fortsetzung seiner Arbeit bis 2008 angeboten. Bei der Vorstellung des Spielplans für die nächste Saison sagte Stromberg, er mache dieses Angebot „voller Zuversicht und guter Laune“. Damit ging der Intendant im Konflikt mit Kultursenatorin Dana Horáková (parteilos), die nicht als Fan des Schauspielhauses gilt, in die Offensive. Strombergs Vertrag läuft 2005 aus. Über eine Verlängerung soll in diesem Sommer entschieden werden.

Und es erbittet noch jemand Mithilfe. Christoph Schlingensief sucht nämlich für seine Kunstaktion im Rahmenprogramm der Biennale in Venedig (15. Juni bis 2. November) sieben „Säulenheilige der Moderne“. Diese sieben „bekennenden Arbeits-, Obdach- und Konfessionslosen“ aus sieben Ländern sollen vom 10. Juni an für die Dauer einer Woche auf einem zwei Meter hohen Pfahl im Stadtzentrum Venedigs ausharren, „nach dem Vorbild der Styliten“, der frühchristlichen Säulenheiligen.

Schlingensief beschreibt die Tätigkeit der Mitwirkenden folgendermaßen: „Sie verweilen in freiwilliger Askese, um ihre fremdbestimmten Ängste zu demonstrieren – und letztlich zu demontieren, lautlos und bescheiden.“ Zuschauer und Passanten könnten vor Ort oder im Internet auf denjenigen setzen, der am längsten auf seinem Pfahl ausharrt. Dem Sieger winke die Aufnahme in die „Church of Fear“ (Kirche der Angst), zu der sich Schlingensief bekennt als „kirchenähnliche Gemeinschaft von Menschen, denen das Glauben misslungen sei“.

Apropos Dramatik. Einen neuen Service hat das Goethe-Institut. Es bietet Übersetzungen zeitgenössischer Dramatik über das Internet an. Unter www.goethe.de/theaterbibliothek können mehr als 60 Titel in insgesamt zwölf Sprachen bestellt werden. Die Texte werden dann per E-Mail zugesandt.