unterm strich :
Nachdem die vor zwei Jahren aus dem Osloer Museum geraubten Gemälde „Der Schrei“ und „Madonna“ des norwegischen Expressionisten Edvard Munch bei einer Razzia aufgetaucht sind, ist die Echtheit der Bilder immer noch nicht definitiv geklärt. Zweifel daran hegen die zuständigen Experten aber kaum. Laut Polizeichef Iver Stensrud sind die auf über 100 Millionen Euro geschätzten Bilder weniger beschädigt als erwartet. Einzig die „Madonna“ soll einen Kratzer abbekommen haben. Die Polizei betonte, dass kein Lösegeld bezahlt worden sei. Oslos Kulturbürgermeisterin Gro Balas brach bei der Bekanntgabe des Fundes in Freudentränen aus und soll den Polizeichef stürmisch umarmt haben. Nicht nur wird „Der Schrei“ häufig als das erste expressionistische Bild bezeichnet, er ist auch eines der meistreproduzierten Kunstwerke. So ziert das verzerrte Gesicht, das die desperate Seite des Fin de Siècle in einer Art Angst vor der Apokalypse visualisiert, Kaffeetassen, T-Shirts und andere kommerzielle Gegenstände. Die Vorgeschichte: Am 22. August 2004 hatten zwei maskierte und bewaffnete Täter während der regulären Öffnungszeit das Munch-Museum gestürmt und die Bilder vor den Augen der Besucher von den Wänden gerissen. Im Mai dieses Jahres verurteilte ein Osloer Gericht drei Komplizen der Kunsträuber zu Haftstrafen von zwei bis acht Jahren. Dabei handelte es ich aber nicht um die Bewaffneten, die die Gemälde seinerzeit entwendet hatten. Nach dem Raub setzte die Stadt Oslo eine Belohnung von 2 Millionen Kronen (250.000 Euro) auf das Finden der Bilder aus. Doch sie blieben vorerst spurlos verschwunden. Vor wenigen Tagen hatten Osloer Medien von einer neuen Wendung berichtet. Laut der Zeitung Dagbladet soll es geheime Verhandlungen zwischen den Justizbehörden und dem Anwalt des wegen Bankraubs verurteilten Kriminellen David Tosca gegeben haben. Dieser hatte der Polizei offenbar Informationen im Tausch gegen Straferlass angeboten. Der wegen eines spektakulären Banküberfalls zu 19 Jahren Haft verurteilte Tosca will laut Zeitungsberichten eine mildere Strafe in seinem Berufungsverfahren erreichen. Der „Schrei“ von 1894 und die „Madonna“, die ein Jahr später entstand, werden voraussichtlich bald wieder im Museum hängen. Streng bewacht, versteht sich.