unterm strich :
Mehrere Museumschefs haben sich gegen eine Bundestagsdebatte über die geplante Installation von Hans Haacke im Berliner Reichstag ausgesprochen. „Die Debatte könnte peinlich werden“, fürchtet Klaus Bußmann, Direktor des Westfälischen Landesmuseums in Münster und Mitglied des Kunstbeirats der Bundesregierung. Haacke will in einem Lichthof Erde aus allen 328 Bundestagswahlkreisen aufschütten und mit der Inschrift „Der Bevölkerung“ versehen. Das Projekt wurde auf Initiative der CDU bereits in einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag abgelehnt. Für Bußmann ist die Absicht der Abgeordneten, über das Kunstwerk zu debattieren, „nicht nachvollziehbar.“ Thomas Kellein von der Kunsthalle Bielefeld sieht gar die „Farce einer Abstimmung“ am Horizont. Noch weiter vor wagte sich Dr. Gerhard Finckh, designierter Direktor des Museums Schloss Morsbroich in Leverkusen: In Sachen Kunst solle man nicht nach dem Volksempfinden fragen. (Ist es eigentlich schmeichelhaft oder beleidigend, wenn die ehrwürdigen Volksvertreter da so mir nichts dir nichts mit den Vertretenen gleichgesetzt werden? Oder empfinden Abgeordnete qua ihrer Repräsentation sowieso wie’s Volk?) Nachdem die Kunstkommission bereits für bestimmte Kunstwerke im Reichstag votiert habe, müsse dies respektiert werden, so die Musemsleute jedenfalls unisono.
Hätte uns allen ein herzhaftes Kichern eine der längsten und aufgeblasensten Feuilletondebatten des vergangenen Jahres erspart? Der Philosoph Peter Sloterdijk hat seine umstrittene Elmauer Rede bei einer Veranstaltung in Hamburg jetzt als „Scherzo“ bezeichnet. „Der ganze Text ist eigentlich ein lang gezogener, melancholischer Scherz“, so Sloterdijk. Sein Elmauer Vortrag „Regeln für den Menschenpark“ hatte empörte Reaktionen und eine öffentliche Debatte über Gentechnologie ausgelöst.
Er hatte den Text zuvor schon 1997 in Basel vorgetragen. „Damals hat das Publikum vom Anfang bis zum Ende gelacht“, so Sloterdijk. Über Platon gebe es in der Rede „unglaublich komische Stellen“. Er staune nach wie vor darüber, dass man ihn so missverstanden habe.
Über die Enstehung dieses überaus interessanten Rezeptionsgefälles äußerte sich Sloterdijk allerdings nicht. Aber wenn wir uns recht erinnern, wirkten seine eigenen Stellungnahmen zur Elmauer Rede doch ebenfalls eher angepampt als witzisch. Zum Beispiel in jenem offenen Brief an die Zeit, in dem Sloterdijk die große Habermas-Intrige enthüllte und die Kritische Theorie für tot erklärte. Und so wie alle Vorwürfe für aus der Luft gegriffen erklärte. Oder war das nun auch wieder besonders hintergründiger Philosophenhumor?
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