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Nachdem die Kritik an Jörg Haiders Gleichsetzung von Konzentrationslagern und „Straflagern“ vom FPÖ-Justizminister Krüger als „semantische Masturbation“ bezeichnet worden war, mussten die Feierlichkeiten zum 55. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen ohne Regierungsvertreter stattfinden. Kritik kam auch von anderer Seite: Nachdem bekannt geworden war, dass die Wiener Philharmoniker bei der Gedenkveranstaltung unter Leitung von Simon Rattle im ehemaligen Steinbruch des nahe der österreichischen Stadt Linz gelegenen KZ Beethovens 9. Symphonie spielen wollten, protestierten Opferverbände: Die „Ode an die Freude“ sei wohl kaum die richtige Wahl. Die Leiterin des Wiener Büros der Anti-Defamation Leage, Marta Halpert, erklärte gegenüber dem Standard: „Ein Schlachthof ist kein Konzertsaal.“ In Mauthausen waren mehr als 100.000 Menschen umgebracht worden.

Der russische Pianist Boris Beresowsky wirft dem Bundesgrenzschutz vor, ihn misshandelt zu haben. Das teilte die Konzertagentur Jens Gunnar Becker, die ein Konzert des Pianisten bei den Schwetzinger Festspielen vermittelt hatte, mit. Beresowsky wurde auf dem Münchner Flughafen zurückgehalten, da er kein gültiges Visum hatte. Der Musiker sei in Handschellen in Abschiebehaft genommen worden. Außerdem habe man ihm untersagt, mit dem russischen Generalkonsul zu telefonieren. Der Bundesgrenzschutz bestätigte, dass der Pianist zurückgewiesen wurde, weil er kein gültiges Visum hatte. Die übrigen Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. Die „Ausländersteuer“ – die ausländische Künster in Deutschland dazu verpflichtet, 25 Prozent ihrer Gage an den Fiskus abzuführen – scheint nicht das einzige Problem im internationalen Kulturaustausch zu sein: Beresowskys Konzert in Schwetzingen fiel aus.

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