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unterm strich

Im Taumel der Kulturpolitik kommen auch Kulturschaffende auf dumme Gedanken. Jetzt hat es Rolf Hochhuth erwischt. Der etwas in Vergessenheit geratene Dramatiker möchte das Bismarck-Denkmal am Großen Stern im Berliner Tiergarten wieder an seinen alten Standort vor das Reichstagsgebäude versetzt wissen. Diesen Vorschlag will er kommenden Montag auch dem Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses unterbreiten. Nun könnte man Hochhuths preußische Fantasie als hauptstädtische Muffnummer verbuchen, hätte der Theaterregisseur nicht bereits Unterstützung für sein Anliegen gefunden. Zum Beispiel den CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns. Der möchte mit der Initiative Hitler korrigieren, wie er dpa erklärte. Die Sache hat nämlich historische Dimensionen: Albert Speer ließ bei seinen Planungen zum Umbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ 1938 die Siegessäule und das Bismarck-Denkmal in den Tiergarten verlegen. Das hat mit zunehmender Begrünung dazu geführt, dass „Bismarck jetzt hinter Bäumen versteckt steht, wo ihn keiner mehr sieht“. Immerhin sei Bismarck aber derjenige gewesen, der den Reichstag ermöglicht habe, in dem es erstmalig in Deutschland freie, geheime und gleiche Wahlen gab. Das ist historisch korrekt, wie Kollege Semler meint. Und trotzdem: Eine blöde Idee bleibt eine blöde Idee.

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