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unterm strich

Klar, man hätte es sich denken können. Aber dass die Vorlieben männlicher und weiblicher Kinozuschauer am Anfang des neuen Jahrtausends immer noch so durchschaubar geschlechtsspezifisch ausfallen, ist doch niederschmetternd: Den höchsten Frauenanteil unter den 30 erfolgreichsten Filmen des vergangenen Jahres hatten superdoofe romantische Komödien wie „Eine wie keine“ oder „Die Braut, die sich nicht traut“. Der einzige halbwegs anständige Film taucht bei den Damen auf Platz vier auf: „Notting Hill“, wo Julia Roberts immerhin ironisch mit ihrer eigenen Mediatisierung als Superstar spielt. Genauso trist sieht’s bei den Kerls aus: Männliche Kinogänger dominierten am stärksten in den nicht minder dumpfen Hau-drauf-Filmen: „End of days“ (wir erinnern uns vage einen gekreuzigten Schwarzenegger mit Heiligenschein), „Ausnahmezustand“ und yeah, yeah: „Werner – Volles Rooää!!!“ Es folgen „Asterix und Obelix“, „James Bond“ und „Star Wars“. So jedenfalls die aktuelle Studie der Filmförderungsanstalt über Kinobesucher 1999. Und jetzt kommt’s hart auf hart, nämlich zum Besuch nach Bildungsstand: Rührigste Kinogänger sind die Leute mit Abitur (mehr als zehnmal im Jahr). Ihre Lieblingsfilme: „Das Leben ist schön“ von Roberto Benigni und „Sonnenallee“ von Leander Haußmann. Menschen mit Hauptschulabschluss gingen zwar viel seltener ins Kino, bewiesen aber dafür mit „Schweinchen Babe“ guten Geschmack. Insgesamt geht der Bundesbürger pro Jahr durchschnittlich 2,0 Mal ins Kino (nicht dabei sind hier interessanterweise Kinder und ausländische Personen). Der Boom, den sich die Branche von den 18 Millionen Titanic-Eintritten des Vorjahres erhoffte, blieb aus. Wie die Studie herausfand, gingen die Titanic-Fans einfach mehrmals in ihre Eisberg-Schmonzette, wodurch keine neuen Besuchter vor die Leinwand gelockt wurden. Und Teenies und Twens aufgepasst: Ab Mitte 20 nimmt die Besuchsintensität mit zunehmendem Alter rapide ab. Zu guter Letzt bestätigte sich wieder mal die landläufige Meinung, dass Pubertierende einen leichten Knall haben. Absoluter Lieblingsfilm der 10- bis 15-jährigen: „Werner – Volles Rooää!“ Übrigens hat sich die Kinobesuchsquote unseres Staatsministers für kulturelle Angelegenheiten im Vergleich zu den letzten Jahren um 700 Prozent gesteigert. Bis vor kurzem kannte Michael Naumann neben den John-Ford-Western, aus denen er hin und wieder gerne einen markigen Spruch zitiert, nur einen Film, nämlich „Lola rennt“. In diesem Jahr sind es immerhin alle sieben Filme, die für den Deutschen Filmpreis nominiert waren.

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