unterm strich:
Der west-östliche Divan steht vor der Wiedereröffnung: das Goethe-Institut kann seine Arbeit in Teheran jederzeit wieder aufnehmen, wenn dies von iranischer Seite gewünscht und unterstützt werde, ließ Goethe-Präsident Hilmar Hoffmann am Dienstag verlauten. „Wir müssen nicht bis zur Neuauflage des Kulturabkommens warten“, sagte Hoffmann mit Hinweis auf die Gespräche des iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami mit der Bundesregierung in Berlin. Das von der deutschen Botschaft finanzierte „Deutsche Sprachinstitut Teheran“ könne der Grundstock sein, Ziel bleibe jedoch ein voll ausgebautes Institut. Die Goethe-Filiale in Teheran war 1987 geschlossen worden, einen Tag nach der Ausweisung von zwei deutschen Diplomaten. Der Iran verfügte diese Maßnahme damals aus Protest gegen eine deutsche Fernsehsatire, in der dem Religionsführer Chomeini in einer Bildmontage Damenwäsche überreicht wurde. Mal sehen, was passiert, wenn das Goethe-Institut die erste Love Parade in Teheran organisiert ...
Die würde wahrscheinlich auch dem britischen Schriftsteller V.S. Naipaul nicht gefallen. Der hat in einem am Dienstag in Auszügen veröffentlichen Interview mit dem Magazin Tatler die Kulturpolitik der Labour-Regierung scharf angegriffen. Der in Trinidad geborene Autor, der mehrfach für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen worden ist, wirft darin der Labour-Partei vor, sie habe in Großbritannien eine „plebejische Kultur“ eingeführt, und mit permanenten Angriffen auf so genannte Eliten die britische Kulturgeschichte „zerstört“. Naipaul gehört freilich selbst zur Elite, 1990 wurde er von Königin Elizabeth II. geadelt. Er muss auch einräumen, dass der von ihm kritisierte Prozess des „Kulturvandalismus“ schon lange im Gange sei. „Aber Blair hat jetzt die Zügel in der Hand und hisst die schwarze Flagge mit Totenkopf und gekreuzten Knochen“, sagte Naipaul. Tony Blair als roter Korsar des Kulturbolschewismus, ein schönes Bild.
Die Massenkultur gebiert unterdessen pausenlos neue Monster. Kinderbuch-Held Harry Potter soll nach dem weltweiten Erfolg der Romanreihe nun auch als Lego-Figur die Kinderzimmer erobern. Der dänische Hersteller hat vom US-Unterhaltungsmulti Warner die Lizenz erworben, zusammenbaubares Spielzeug zu den geplanten zwei ersten Harry-Potter-Filmen zu verkaufen, deren erste Folge im November 2001 in die US-Kinos kommen soll. „Im Harry-Potter-Universum ist alles möglich. Die einzige Grenze ist die Fantasie“, schwärmte Lego-Chef Kjeld Kirk Kristiansen in Kopenhagen. So ist das auch im Kapitalismus. Sorry, Mr. Naipaul.
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