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unterm strich

In Berlin hat sich die Debatte um die Neustrukturierung der Opernlandschaft inzwischen auf einem Niveau eingependelt, das dem der Diskussion um die Nachfolge des Bundestrainers entspricht. Daniel Barenboim, der künstlerische Leiter der Berliner Staatsoper, liegt derzeit bekanntlich im Clinch mit Berlins Kultursenator Christoph Stölzl. Dessen Pläne, die Staatsoper Unter den Linden mit der Deutschen Oper zusammenzulegen und beide Orchester zu verkleinern, lehnt Barenboim kategorisch ab. Seinen Verbleib in Berlin macht er von der Erfüllung weitgesteckter finanzieller Forderungen abhängig – und damit eher unwahrscheinlich.

Der Generalmusikdirektor der Deutschen Oper, Christian Thielemann, dagegen gibt sich konzilianter. Er begrüße es, dass das jetzt „alles wieder möglich ist“, und lobte Stölzl ausdrücklich für dessen Mut, der „unhaltbaren Situation“ zu begegnen. Zwar hat Thielemann seinen Vertrag bereits im vergangenen Jahr zum Sommer 2001 gekündigt. Trotzdem bekundet er jetzt sein Interesse an einem Verbleiben in Berlin, „wenn die Umstände stimmen“. Nun hat sich kürzlich der ehemalige Berliner Kultursenator Ulrich Roloff-Momin in die Debatte eingeschaltet. In der Berliner Beilage der FAZ rief Roloff-Momin den Dirigenten Barenboim, den er selbst in seiner Amtszeit einst nach Berlin geholt hatte, pathetisch zum Durchalten auf. Dabei brachte er ins Spiel, dass gegen Barenboim angeblich antisemitische Äußerungen fallen gelassen worden seien. Dieser Vorwurf gilt Christian Thielemann, der zum möglichen Abgang von Daniel Barenboim angeblich gesagt haben soll, nun habe „die Juderei in Berlin ein Ende“. Bewiesen ist das allerdings nicht, und Thielemann selbst dementierte das umgehend.

Am Sonntag nun ist Daniel Barenboim in Berlin als „Dirigent des Jahres“ mit dem diesjährigen Schallplattenpreis „Echo Klassik“ ausgezeichnet worden. Am Rande der Veranstaltung in Berlin, bei der auch Christian Thielemann ausgezeichnet wurde, äußerte sich Barenboim zu Sache: „Thielemann war mein Assistent, ich habe ihn nach Bayreuth geholt. Er ist ein ganz hervorragender Musiker.“ Antisemitismus-Vorwürfe gegen Thielemann seien schon früher einmal aufgekommen, Thielemann selbst habe sie aber ausgeräumt. „Es war ihm wichtig, dass ich daran nicht glaube“, sagte Barenboim. „Ich habe das akzeptiert und ihm gesagt: ,Christian, wenn das nicht stimmt, brauchst du dich nicht zu verteidigen. Wenn es stimmt, hast du hier nichts zu suchen.‘ “ Damit sei das Thema zwischen ihnen beendet gewesen.

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